Der Bergpfarrer Box 1 – Heimatroman. Toni Waidacher

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Der Bergpfarrer Box 1 – Heimatroman - Toni Waidacher Der Bergpfarrer Box

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aber glücklich trat Veronika ins Freie. Dr. Wiesinger hatte sich um den Großvater gekümmert und ihm eine Spritze gegeben. Beinahe apathisch saß er auf der Bank, in eine Decke gehüllt, die der Arzt aus seinem Wagen geholt hatte.

      »Wird er wieder gesund werden?« fragte das Madel angstvoll.

      »Es braucht alles seine Zeit«, erwiderte der Arzt. »Aber ich habe gute Hoffnung. Wenn man Ihren Großvater begreiflich machen kann, daß er Sie nicht verlieren wird, was auch immer geschieht, wenn Sie ihm das sagen, und er Sie wirklich versteht, dann glaube ich, daß er eines Tages wieder ganz gesund sein wird.«

      Veronika wischte die Tränen aus den Augen und nahm Christians Hand. Zusammen traten sie vor Urban Brandner.

      »Großvater, das ist Christian, mein Verlobter«, sagte das Madel. »Ich hab’ dir doch von ihm erzählt. Du mußt jetzt schnell gesund werden, Großvater. Der Christian und ich wollen doch heiraten, und du mußt unbedingt dabeisein.«

      Urban hob den Kopf und schaute nur stumm.

      »Es stimmt, was die Veronika gesagt hat«, bestätigte Christian. »Und wir wollen Sie net nur bei unserer Hochzeit dabei haben. Wenn Sie es wollen, dann würden die Vroni und ich uns freuen, wenn Sie ganz zu uns kämen.«

      Das Madel drückte die Hand ihres Verlobten ganz fest. Es ­schien, als habe er ihre geheimsten Gedanken erraten. Denn, den Großvater zu sich zu nehmen, daran gedacht hatte sie auch schon, aber nicht gewagt, es auszusprechen.

      Daß Christian es nun von sich aus vorschlug – war das schönste Geschenk, das er ihr machen konnte.

      Sebastian Trenker klopfte dem alten Brandner auf die Schulter.

      »Was sagst’ zu diesem Vorschlag?« fragte er. »Lang’ genug hast’ ja gearbeitet. Wird Zeit, daß du dich zu einem geruhsamen Lebensabend zurückziehst.«

      Urban sah erst ihn an, dann schaute er auf Veronika und ihren Bräutigam, und ein leises Lächeln huschte über seine Lippen.

      *

      Ich dank dir, Herr, daß du noch alles zum Guten gewendet hast, betete Sebastian stumm. Allerdings steht mir noch ein schwerer Gang bevor.

      Es war noch vor der Abendmesse, als der Pfarrer dieses Gebet verrichtete, und der schwere Gang, an den er dachte, sollte ihn zum Sterzinger-Bauern führen. Er hatte ja Kathie versprochen, sich für sie bei ihrem Vater einzusetzen. Sebastian wußte, daß das kein leichtes Unterfangen werden würde.

      Er setzte sich in seinen Wagen und fuhr zu dem alten Bauernhof hinauf. Es war ein stolzes Anwesen, zu dem eine weitere Alm gehörte, die der Bauer verpachtet hatte, und mehrere Äcker, die er mit zwei Knechten bearbeitete.

      Einen Sohn hatte der Sterzinger nicht, obgleich dies sein größter Wunsch gewesen ist. Statt dessen hatte seine Frau ihm ein Madel geschenkt, das der ganze Stolz des Vaters geworden ist.

      Und das machte die Angelegenheit so schwierig. Wer immer auf dem Hof einheiratete – er würde schon etwas Geld mitbringen müssen, oder mit anderen Worten – so einer wie der Thomas Anderer kam für den Sterzinger schon gar nicht in Betracht!

      Daran dachte Pfarrer Trenker, als er den Wagen vor der großen Scheune abstellte und ausstieg. Katharina Sterzinger kam aus dem Haus gelaufen und begrüßte ihn.

      »Der Vater ist in der Wohnstube«, sagte sie, und ihre Augen flackerten aufgeregt.

      »Sei ganz ruhig«, klopfte der Pfarrer ihr auf die Schulter.

      »Ich hab solche Angst!«

      »Das mußt du net.«

      Sie gingen hinein. Über die große Diele gelangten sie in das Wohnzimmer. Es war im typischen Stil der bayerischen Bergbauern eingerichtet. Beim Eintreten des Geistlichen stand Joseph Sterzinger auf und kam ihm entgegen.

      »Gott zum Gruß«, sagte er und reichte Sebastian die Hand.

      Der erwiderte den Gruß und setzte sich auf den angebotenen Sessel.

      »Du weißt, warum ich komme, Sterzinger«, begann der Geistliche das Gespräch.

      »Weil meine einzige Tochter mit diesem Andererlumpen, diesem Taugenichts, herumzieht«, raunzte der Bauer.

      »Nicht ganz«, widersprach Sebastian. »Aber deswegen auch. Zuerst möcht’ ich noch ein paar Worte dazu sagen, was mit dem Thomas vorgefallen ist. Versteh’ mich richtig, was in der Nacht geschehen ist, daran hast du keine unmittelbare Schuld, aber an dem Gerede vorher, der Thomas sei der Kirchenräumer – daran bist auch du net ganz unschuldig.«

      Der Sterzinger rutschte unruhig auf seinem Sessel hin und her. Er wußte, daß der Pfarrer recht hatte.

      »Es tut mir ja auch leid«, sagte er. »Wenn ich’s mit einer Spende wieder gutmachen könnt’…«

      »Ich bin kein Ablaßverkäufer«, antwortete Sebastian.

      Er machte eine Pause und schmunzelte über das enttäuschte Gesicht des Bauern.

      »Allerdings glaube ich net, daß unser Herrgott etwas gegen eine Spende einzuwenden hat, wenn sie von Herzen kommt.«

      Dann kam er zum eigentlichen Grund seines Besuches.

      »Du weißt, Sterzinger, daß deine Kathie den Thomas liebt. Die beiden wollen heiraten, und der Thomas will sich eine Arbeit suchen. Meinst net, daß du eine Einwilligung geben solltest?«

      Der Bauer zog ein Gesicht, als habe er in eine Zitrone gebissen.

      »Meine Frau liegt mir schon seit Tagen in den Ohren«, antwortete er. »Aber, ich kann doch mein Madel net einem dahergelaufenen Schläger, wie der Thomas einer ist, geben.Was ist, wenn er eines Tages die Hand gegen die Kathie erhebt?«

      »Das wird er gewiß net«, erwiderte Sebastian. »Dafür leg’ ich meine Hand ins Feuer. Außerdem ist der Thomas kein Schläger. Das was da im ›Löwen‹ geschehen ist, ist kein Maßstab, woran man den Anderer messen kann. Ich will ihn net in Schutz nehmen, den Thomas, gewiß ist er kein Musterknabe, und ich hab’ ihn auch viel zu selten in der Kirch’ gesehen. Aber er hat mir versprochen, daß er sich ändern wird.

      Und was den Prozeß angeht, den der Bachmeier gegen ihn angestrengt hat – da wird wohl alles auf Notwehr hinauslaufen. Immerhin mußte Thomas sich gegen eine Übermacht wehren. Wenn er überhaupt bestraft wird, dann kann man wohl davon ausgehen, daß diese Strafe zur Bewährung ausgesetzt wird.«

      Der Sterzinger-Bauer stand auf und ging an den Wohnzimmerschrank.

      Mit einer Flasche Enzian und zwei Stamperl kam er wieder.

      »Also gut«, willigte er ein. »Bevor ich mich noch mit meiner Frau herumstreite – der Thomas fängt bei mir auf dem Hof an, als einfacher Knecht, ohne Sonderrechte, nur weil er mein Schwiegersohn wird. Wenn er tüchtig ist, dann werd’ ich, vielleicht, eines Tages den Kindern den Hof übergeben. Wenn sich herausstellt, daß er nix taugt, dann muß er gehen.«

      Sebastian nahm das angebotene Glas.

      »Das ist eine kluge Entscheidung, Sterzinger«, lobte er. »Und was deine Spende angeht, die du so großzügig angeboten hast – der Spielkreis im Gemeindehaus

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