Ausgewählte Wildwestromane von James Fenimore Cooper. James Fenimore Cooper
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Die Aufgeräumtheit des Kundschafters und der unerwartet glückliche Erfolg, der ihren über mehr denn vierzig Meilen ausgedehnten Weg nun gekrönt hatte, verfehlte nicht, auch den Andern neue Hoffnung mitzutheilen. Ihr Vordringen geschah überaus schnell und mit einer Zuversichtlichkeit, die ein Reisender auf der Landstraße hätte haben können. Wenn ein Felsen, ein Bach, oder etwas härterer Boden den Faden des Knäuels, dem sie folgten, unterbrach, so fand ihn das untrügliche Auge des Kundschafters in einiger Entfernung wieder auf, und selten war es nöthig, auch mir einen Augenblick stehen zu bleiben. Sehr erleichtert wurde ihre Reise durch die Gewißheit, daß Magua es nothwendig gefunden, seinen Weg durch die Thäler zu nehmen: ein Umstand, der die Hauptrichtung ihrer Straße unbezweifelt sicher machte. Der Hurone hatte übrigens die gewöhnlichen Kunstgriffe der Eingebornen, wenn sie sich vor einem Feinde zurückziehen, nicht gänzlich verabsäumt. Falsche Spuren und plötzliche Wendungen waren häufig, so oft ein Bach oder die Bildung des Bodens es thunlich machte; aber die Verfolger ließen sich nur selten täuschen, oder verfehlten wenigstens nicht, ihren Irrthum zu entdecken, ehe sie Zeit oder Richtung auf der trügerischen Spur verloren hatten.
Gegen die Mitte des Nachmittags waren sie über den Scaroon gegangen und folgten nun der Richtung der untergehenden Sonne. Nachdem sie von einer Anhöhe herab in eine Niederung herabgestiegen waren, durch welche ein kleiner Bach dahin eilte, kamen sie unerwartet an eine Stelle, wo Le Renard’s Zug offenbar Halt gemacht hatte. Halbverzehrte Feuerbrände lagen um eine Quelle: Ueberreste eines Damhirsches waren umher zerstreut, und die Bäume trugen unverkennbare Spuren einer Abweidung durch die Pferde. In einiger Entfernung entdeckte Heyward ein kleines Laubdach, das er mit zärtlicher Rührung betrachtete, in dem Gedanken, daß Cora und Alice darunter geruht hatten. Während aber die Erde rundum zertreten war und Fußtapfen von Männern und Thieren im ganzen Umkreis des Platzes deutlich hervortraten, schien hier mit einem Male alle Spur zu verschwinden.
Leicht konnte man die Fährte der Narragansets verfolgen, sie schienen aber ohne Führer umhergelaufen und nur ihrem Futter nachgegangen zu seyn. Endlich fand Uncas, der mit seinem Vater der Spur der Pferde gefolgt war, ein Zeichen, das ihre Nähe unwiderleglich verkündete. Ehe er aber den Tritten nachging, theilte er die Entdeckung seinen Begleitern mit, und während die letzteren sich über diesen Umstand beriethen, erschien der junge Indianer wieder, die beiden Pferdchen herbeiführend mit zerbrochenen Sätteln und beschmutzten Decken, als wären sie mehrere Tage sich selbst überlassen umhergelaufen,
»Worauf deutet dies?« – fragte Duncan erbleichend, und besorgt um sich her blickend, als ob die Busche und Blätter ein entsetzliches Geheimnis entdecken könnten.
»Daß wir mit unsrer Reise zu einem schnellen Ende gekommen sind und uns in Feindesland befinden,« versetzte der Kundschafter. »Wäre der Schurke gedrängt worden und hätten die Mädchen keine Pferde gehabt, um mit den Uebrigen Schritt halten zu können, so hätte er ihnen vielleicht die Skalpe abgezogen; aber ohne einen Feind auf den Fersen, und mit solchen Thieren, hat er ihnen kein Haar auf dem Haupte gekrümmt. Ich weiß, was Ihr denket; und Schande ist’s für unsere Farbe, daß Ihr Grund dazu habt; wer aber glaubt, ein Mingo mißhandle eine Frau, es sey denn, um sie dann zu erschlagen, der kennt die Indianer und das Leben in den Wäldern nicht. Nein, nein, ich habe gehört, daß die französischen Indianer in diese Berge gekommen sind, um das Mußthier zu jagen, und wir sind in die Nähe ihres Lagers gekommen. Warum sollten sie auch nicht? Jeden Tag kann man Morgens und Abends die Kanonen von Ty in diesen Bergen hören: denn die Franzosen führen eine neue Vertheidigungslinie zwischen den Provinzen des Königs und Canada auf. Es ist wahr, die Pferde sind hier, aber die Huronen sind fort. Wir müssen jetzt den Pfad aufspüren, auf dem sie sich davon gemacht haben.«
Hawk-eye und die Mohikaner gingen alsbald ernstlich an’s Werk. Ein Kreis von einigen hundert Fußen ward um den Platz gezogen, und Jeder nahm sich seinen Theil davon. Die Forschung führte jedoch zu keinem Resultate. Häufige Spuren von Fußtritten waren vorhanden; allein die Leute schienen nur umhergelaufen zu seyn, ohne die Absicht, den Ort zu verlassen. Der Kundschafter und seine Gefährten machten noch einmal die Runde um den Ruheplatz, indem Einer dem Andern langsam folgte, bis sie in der Mitte zusammentrafen, ohne inzwischen klüger geworden zu seyn.
»Solche Arglist deutet auf den Satan!« rief Hawk-eye, als er den ängstlichen Blicken seiner Gefährten begegnete. »Wir müssen wieder hinab, Sagamore, und von der Quelle an den Boden Zoll für Zoll untersuchen. Der Hurone soll sich bei seinem Stamm nicht rühmen, daß sein Fuß keine Spur hinterlasse.«
Mit gutem Beispiel vorangehend, begann der Kundschafter die Untersuchung mit erneutem Eifer. Jedes Laub wurde umgekehrt, jedes dürre Reis weggeräumt, jeder Stein aufgehoben – denn es war eine bekannte List der Indianer, sich solcher Mittel zu bedienen, um jeden Tritt mit der größten Geduld und Sorgfalt zu verdecken. Noch immer blieb die Untersuchung ohne Erfolg. Endlich überdämmte Uncas, den eine gewohnte Lebhaftigkeit am ersten zur Vollendung seiner Aufgabe geführt hatte, den kleinen Bach, der jener Quelle entsprang, mit Erde und lenkte so seinen Lauf in ein anderes Bett. Sobald sein schmaler Grund hinter dem Damme trocken lag, bückte er sich mit scharfem, neugierigem Blicke darüber nieder. Ein Ruf ausgelassener Freude kündigte sogleich den Erfolg des jungen Kriegers an. Alle umstanden die Stelle, wo Uncas in der feuchten Anschwemmumg auf die Spur eines Moccasins deutete.
»Der Junge wird seinem Volke Ehre machen,« sprach Hawk-eye, die Fährte mit so vieler Bewunderung betrachtend, als der Naturforscher dem Hauzahn eines Mammuths oder der Rippe eines Mastoden schenken würde; »ja, und den Huronen ein Dorn im Auge seyn. Das ist aber kein Fußtritt eines Indianers! Das Gewicht ruht zu sehr auf der Ferse, und die Zehen sind viereckig, als wäre einer der französischen Tänzer hier gewesen und hätte seinen Leuten Kunststücke vorgemacht! Geh zurück, Uncas, und bring mir das Maß von des Singmeisters Fuß. Dort dem Felsen gegenüber an dem Abhang des Hügels findest du einen herrlichen Abdruck davon.«
Während der Jüngling mit diesem Auftrag beschäftigt war, betrachteten der Kundschafter und Chingachgook die Spuren mit großer Aufmerksamkeit. Das Maß traf zu, und der Erstere that unbedenklich den Ausspruch, daß es Davids Fußtritt sey, der seine Schuhe wieder mit Moccasins hatte vertauschen müssen.
»Jetzt ist mir Alles so klar und deutlich, als ob ich Le Subtil’s Künsten zugesehen hätte,« fuhr er fort: »da der Singmeister ein Mensch ist, dessen Hauptkraft in seiner Kehle und in seinen Füßen liegt, so mußte er vorausgehen, und die Andern sind in seine Fußstapfen getreten.«
»Aber,« rief Duncan, »ich sehe keine Spuren von –«
»Den Mädchen!« unterbrach der Kundschafter: »der Schelm muß ein Mittel gefunden haben, sie so weit zu tragen, bis er glaubte, er habe allen Verfolgungen die Spur entzogen. Mein Leben daran – ehe wir eine große Strecke hinter uns haben, treffen wir wieder die Spur ihrer niedlichen Füßchen!« Der ganze Zug brach jetzt auf und verfolgte den Lauf des Bachs, mit aufmerksamen Augen die regelmäßigen Spuren verfolgend. Das Wasser floß bald wieder in sein altes Bett, aber sie behielten den Boden auf beiden Seiten stets im Auge, überzeugt, daß unten im Wasser die Fährte fortgehe. Mehr als eine halbe Meile waren sie gegangen, bis der Bach um den Fuß eines großen und kahlen Felsen rieselte. Hier hielten sie, um sich zu vergewissern, daß die Huronen an dieser Stelle das Wasser nicht verlassen hätten.
Und wohl ihnen, daß sie dies nicht unterließen. Das lebhafte, scharfe Auge des jungen Kriegers fand bald die Spur eines Indianerfusses auf einem Büschel Moos, auf den jener aus Unachtsamkeit getreten war. Diese Entdeckung verfolgend, trat er in das nahe Dickicht