Endstation Engadin. Gian Maria Calonder

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Endstation Engadin - Gian Maria Calonder Ein Mord für Massimo Capaul

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zum Leben über den Tod führt.«

      »Und das macht dich schwach? Solche Sprüche liefere ich dir im Dutzend.«

      »Ach, du bist ordinär! Es war nicht nur das, sie hat auch eine Stimme, die … Ich weiß nicht, irgendwie war der ganze Moment heilig. Ja, genau, heilig.«

      »Habt ihr gebumst?«

      »Ach, jetzt hör aber auf. Nein! Heilig, sage ich, heilig!«

      »Glaubst du etwa, Heilige bumsen nicht? Bei der wärst du jedenfalls nicht der Erste und bestimmt nicht der Letzte. Ihren wirklichen Namen kenne ich nicht, wir nennen sie Fräulein Nietzsche. Sie ist so eine Tingeltangel-Künstlerin, klappert jeden Sommer unsere Täler ab. Und jetzt gehe ich endlich duschen.«

      »Nietzsche«, wiederholte er verwundert, »ist sie verwandt mit dem Nietzsche?«

      Bernhild war am Ende ihrer Geduld. »Ich sagte dir doch, wir nennen sie nur so. Capaul, die hat dir ins Hirn geschissen. Hast du das Geld?«

      Er fasste sich an die Stirn. »Stimmt, das wollte ich noch holen.«

      »Ja, dann los. Und danach such dir eine andere Bleibe.«

      »Wieso das jetzt plötzlich?«

      »Darum. Peter will es so. Er ist eifersüchtig.«

      »Aber ich habe ihm doch damals alles erklärt. Ich rufe ihn an, das lässt sich ganz schnell klären.«

      »Ich muss das Zimmer renovieren.«

      »Dann nehme ich das andere.«

      »Ich muss beide renovieren.«

      »Ich helfe dir. Wir renovieren das eine, dann ziehe ich dort ein, und wir renovieren das andere.«

      »Heute Nacht darfst du meinetwegen noch bleiben«, sagte sie und stieg die Treppe hoch.

      »Kriege ich keinen Kaffee?«

      Es kam aber keine Antwort mehr.

      Während er die letzten Nudeln aß und danach das Geschirr abtrug, dachte er an Fräulein Nietzsche, und sofort verflog sein Ärger. Am liebsten wäre er gleich wieder in die Val Bever spaziert, doch erst wollte er mit Jon Luca sprechen. Der nahm noch immer nicht ab, also beschloss er, ihn zu besuchen. Die Wohnung war nicht schwer zu finden, er wohnte im Haus hinter dem Parkplatz, auf dem sein Auto stand.

      Jon Luca kam in Unterhose an die Tür. »Was willst du? Das ist nicht unser Fall, habe ich dir doch gesagt. Außerdem ist schon alles geklärt, ich habe mit Tiefencastel telefoniert.«

      »Entschuldige, ich wollte dich nur auf einen Kaffee einladen.«

      Jon Luca stutzte, dann sagte er: »Komm rein, wir trinken hier einen.«

      Die Küche war so winzig wie der Flur, ein handtuchschmaler Schlauch. Kaum hatten sie sie betreten, huschte vor der Tür jemand vorbei. Capaul sah nur ein wehendes Tuch und hörte eine Frauenstimme: »Ich gehe dann mal ins Bad.«

      Jon Luca knipste die Kaffeemaschine an und zog einen Pullover über, dann wies er auf einen Blechtisch am Fensterchen, beides kaum größer als ein Blatt Papier, und forderte Capaul auf: »Setz dich.«

      Capaul quetschte sich hinter den Tisch, setzte sich auf die Heizung und sah zu, wie Jon Luca Kaffee machte.

      »Ich war heute in der Val Bever«, setzte er an.

      »Ich weiß, du hast mich ja angerufen. Es war einer der Mineure, die von Preda her den neuen Tunnel bauen. Vermutlich war Alkohol im Spiel. Wer von den Arbeitern am Wochenende nicht heimkann, gönnt sich halt zwischendurch einen Schnaps. Danach hat er wohl den Weg verfehlt, fand nicht mehr aus dem Tunnel und ist betrunken eingeschlafen. Dumm gelaufen, würde ich sagen.«

      Er schob Capaul eine Tasse hin und kippte seine im Stehen. »Zucker?«

      »Ja, gern. Was ich sagen wollte: Auf der anderen Seite des Tunnels, in der Val Bever …«

      Jon Luca fiel ihm ins Wort. »Er war schon fast dort, jedenfalls jenseits der Wasserscheide.«

      Das Wort verwirrte Capaul. »Wieso Wasserscheide? Die ist doch auf dem Berg, nicht im Berg. Das ist, wo die Regentropfen sich Lebewohl sagen, die einen fließen in die Nordsee, die anderen ins Mittelmeer. So haben wir das in der Schule gelernt.«

      »Der Inn fließt nicht ins Mittelmeer«, stellte Jon Luca klar, »und der Albulatunnel hat eben auch eine Wasserscheide, wegen dem Wasser, das durch den Berg drückt. Die Strecke steigt an, und dann fällt sie wieder ab. So kann alles schön abfließen.«

      »Clever«, sagte Capaul. »Apropos clever, diese Philosophin …«

      Im selben Moment erschien Jon Lucas Freundin in der Tür. »Hallo.« Sie hatte gescheiteltes kastanienbraunes Haar und freundliche, geheimnislose Augen.

      »Du musst Monika sein.« Er versuchte aufzustehen, um Monika den Stuhl zu überlassen, aber damit er hinter dem Tisch hervorkam, musste Jon Luca aus dem Weg, und da stand eben Monika.

      »Lass, bleib sitzen«, sagte sie. »Ich bin das Stehen gewohnt, im Laden stehe ich den ganzen Tag.«

      Capaul erinnerte dunkel, dass sie als Schuhverkäuferin in St. Moritz arbeitete. »Massimo«, sagte er, und irgendwie schafften sie es, sich um Jon Luca herum die Hand zu reichen.

      »Der einsame Polizist, mit dem du Sirtaki getanzt hast?«, fragte sie ihren Freund.

      »Na ja, einsam …«, bemerkte Capaul. »Ich habe nur noch keine feste Bleibe. Eine WG wäre schön.«

      »Nicht bei mir«, sagte Jon Luca eilig.

      »Bei mir leider auch nicht«, erklärte Monika. »Aber ich werde mich umhören. Johnny, bekomme ich auch einen Kaffee?«

      »Ich wäre auch mit einem Bauwagen zufrieden. So einer, wie ihn dieses Fräulein Nietzsche hat.« Und zu Monika: »Ich war heute in der Val Bever. Die Frau ist ja vielleicht speziell!«

      »Im Bauwagen?« Jon Luca lachte. »Ein Polizist im Bauwagen? Und im Winter?«

      »Warum nicht?«, wandte Monika ein. »Wohnt nicht dieser Lehrer in einem Bauwagen? Wie hieß er noch? In Das fliegende Klassenzimmer. Einer meiner Lieblingsfilme. Genau, sie nennen ihn Nichtraucher.«

      »Jedenfalls, dieses Fräulein Nietzsche. Ich wüsste ja zu gern, wie es kommt, dass sie …«

      Monika rief dazwischen: »Nein, alles falsch, sein Freund ist der Lehrer, er selber ist Anwalt oder Arzt oder so, ein Aussteiger. Und es ist natürlich auch kein Bauwagen, sondern ein Eisenbahnwagen.«

      »Und bestimmt nicht auf zweitausend Metern«, stellte Jon Luca klar. »Wie willst du den warm kriegen? Und fließend Wasser kannst du auch vergessen. Wenn du bei uns die Leitung nicht einen Meter tief eingräbst, gefriert sie dir und platzt.«

      »Wie macht sie es dann?«

      »Wie macht sie was

      »Im Winter? Ein tolles Öfelchen hat sie

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