Das einfache Leben. Ernst Wiechert
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Читать онлайн книгу Das einfache Leben - Ernst Wiechert страница 18
Und der Vertrag, der ihn einschloss in diese Welt, der ihm die Stunde erfüllte und die geöffneten Hände. Ein einfaches Werk, in dem die Räder sich kreuzten und überschnitten, ein Werk, das nichts brauchte als Fleiß und guten Willen und Gehorsam vor der Ordnung der Dinge. Zu erfüllen auch von denen, die noch die alten Waffen trugen, deren Sinn nach dem Einfachen trachtete, weil sie fremd waren im Verwickelten der Zeit. Die ein Dach wollten, einen Herd, eine Arbeit und ein frohes Herz.
Es fiel ihm ein, dass er die Mönche immer geliebt hatte, obwohl er anderen Glaubens war. Die aus der alten Zeit, die den Wald urbar machten und beim Kerzenlicht die großen Buchstaben auf gelbe Pergamente malten. Die das Schwert nahmen, wenn es um den Acker ging oder um Gott, aber es wieder fortstellten, wenn der Acker und Gott gerettet waren. Fern rauschte ihnen die Welt, ein Strom hinter Weiden, aber sie wollten nichts von ihr. Sie wollten den Pflug und das Bild der Heiligen Mutter und den Kerzenschein über der weißen Zellenwand. Sie wollten sein wie die Steine auf dem Grund, und das Werk ihrer Hände sprach immer noch, hin durch die Jahrtausende. Kein vertanes Leben, kein Aufruhr, kein Geschwätz. Getreue Knechte, die unter Steinplatten schliefen, aber der Hausvater hatte ihre Namen gesammelt und bewahrt.
Wenn sie älter ist, dachte Thomas und stand auf, wird sie wissen, dass die goldene Krone unsichtbar ist, und vielleicht wird auch Joachim es wissen. Dass es nur das Letzte des Lebens ist, sein wahrer Sinn, heraufgezogen mit dem Netz, an dem das Leben gesponnen hat. Güte und Weisheit und nichts haben wollen. Frieden schließen, aber den Frieden, hinter dem kein Krieg mehr steht … vielleicht gewinne ich es, dass ich es ihnen zeigen kann, nur ihr und ihm … zwei Menschen sind schon viel, und ich selbst bin der dritte … drei … was für eine große Zahl, was für eine Riesenzahl für eine Menschenhand … Es war schwer, das Kind dort zu lassen, schwerer als alles andere, aber es gab Wege, die man ohne Kinder gehen musste, ohne Frau und auch ohne Kind. Erst musste man fest stehen wie der Mann im Zirkus, bevor man Frau und Kind auf seine Schultern heben konnte. Und er würde Joachim bei sich haben, ein paarmal im Jahr. Er würde ihn erfüllen mit dem, was er inzwischen gewonnen haben würde. Er würde getreulich teilen. Nur das Geringste würde er für sich selbst behalten wollen. Er ging schon zu Tal, aber das Kind würde fortzusetzen haben, in das neue Leben hinein …
Der Förster stand am Zaun und winkte ihm. »Ein gutes Jahr, lieber Herr. Die Saat steht schön, und auf der Insel wird es wieder lebendig sein. Ein Geist hat da gewohnt, und nun zieht der Mensch wieder ein. Ein gutes Jahr …«
Sie hatten ein schweigsames Mahl, und dann war Thomas den ganzen Nachmittag auf dem Wasser. Er fuhr das Ufer ab. Bucht für Bucht und Schilfrand nach Schilfrand. Er betrachtete den Grund, Sand und Moor, Seerosenstengel und verwitterte Baumstämme, deren Äste hinaufgriffen, einen schmalen Pfad im hohen Gras und die Otterspur, die sich weich in den Boden drückte. Er fuhr um die Waldecke und weiter bis zum Fließ, hinter dem der zweite See begann. Und überall Wald und Wiese, Erlengehölz und Feld, ein graues Dorf vor einem bläulichen Kiefernstreifen, ein Land ganz für sich, mit einem hohen Himmel, unter dem nur der Wind leise tönend ging.
Er sah Christoph abfahren und das Boot an der hohen Fichte verlassen. Er trug einen Sack auf dem Rücken, sein ganzes Hab und Gut, und grau und gebeugt verschwand er im Uferwald, die Fahne sicherlich um den Leib gebunden, ein Mann nach einer verlorenen Schlacht.
Nun war niemand auf der Insel. Die Sonne sank hinter die Eichenwipfel, Gewitterwolken hoben sich bläulich über den Wald, über dem Schornstein hing kein Rauch, ein großer Vogel kreiste über dem grauen Dach und verschwand im dunklen Gewölk.
Thomas holte das leere Boot und fuhr zur Försterei zurück. Sie wollten zusammen das Haus ansehen und was geändert werden sollte, solange Thomas wieder fort war. Am nächsten Morgen wollte er fahren und nach zwei Wochen wiederkommen.
Es war niemand auf dem Hof, aber aus dem kleinen Garten hörte er wieder den leisen, schlafwandlerischen Gesang. Die Frau stand über der frischgegrabenen Erde, im schwarzen Kleid wie bisher, ein Tuch um die Schultern, und streute Samen in die neuen Beete. Aber es war nichts in ihrer Hand. Die Hand war leer, und nur die Gebärde war voller Sinn. Das Lied ging eintönig durch die Stille, einfach und fast heiter, wie ein Kinderlied oder ein Lied über kindlichem Schlaf. Und Thomas meinte ihn dort knien zu sehen, den das Feuer im dunklen Turm versengt hatte, zu Staub und Asche verwandelt, eine kleine Gestalt, die nach den Samenkörnern griff, und sie wusste noch nichts von der kommenden Ernte der Zeit.
Die Luft war schwül wie am Abend zuvor, die Wolken hatten die Sonne bedeckt, und ein gedämpftes Licht fiel von den glühenden Rändern über die Erde. In diesem Licht ging der schwarze Arm der Frau langsam hin und her, die Reihen der Beete auf und ab, eine arme, kindliche Mühle, die das tote Leben streute.
Wieder fröstelte es Thomas, und er ging leise ins Haus. »Ja, ein frühes Gewitter kommt«, sagte der Förster. »Dann ist sie unruhig und bleibt nicht im Hause. Sie kann das große Feuer nicht sehen über dem Wald, und doch bleibt sie auf, solange das Wetter leuchtet, die Hände vor den Augen. Sie sieht ihn wohl im Feuer, lieber Herr …«
Sie fuhren schweigend über den See und traten ins Haus. Es war so leer wie zuvor, und es war nicht zu sehen, dass ein Mensch es verlassen hatte. Sie sahen alles an, und Thomas schrieb sich die Maße in sein Buch. Er wusste gleich, was er brauchte, und sie rechneten die Preise aus. Ein Fußboden sollte gelegt, ein kleiner Herd zum Kochen im Nebenraum gesetzt und das Fenster sollte höher und um das Vierfache verbreitert werden. Alles andere sollte unverändert bleiben, und der Förster wollte zusehen, dass in zwei Wochen alles fertig wäre. »Ein Palast, lieber Herr«, sagte er lächelnd, »und im Winter werde ich das Licht durch die Bäume sehen … Gott segne Ihren Einzug, lieber Herr!«
Ja, Thomas wollte noch ein wenig auf der Insel bleiben. Er sah das Boot zurückfahren, in die Dämmerung hinein und verschwinden. Das Licht über dem See war schon erloschen, und hinter den Uferwäldern flammte das Wetter schon rötlich auf.
Thomas ging um die Insel herum über Sand und braunes Gras, am Schilf entlang, dessen Halme sich leise aneinander rieben, und wieder zurück. Er war so einsam wie auf dem Ozean. Sein Herz schlug, wie es vor der Schlacht geschlagen hatte, aber was vor ihm lag, war schöner als eine Schlacht. Er fand eine Stelle auf der Westseite des Hügels, unterhalb der Eichen, wo Heidekraut und junge Fichten sich zum Ufer senkten. Dort konnte man auf einem Baumstumpf sitzen und weit über das Wasser sehen. Es war wie auf einer Brücke, und hinter ihm ragten die Masten auf.
Es dunkelte jetzt über den Wäldern, und das Feuer hinter den Wolken blitzte scharf und