50 Meisterwerke Musst Du Lesen, Bevor Du Stirbst: Vol. 2. Эдгар Аллан По
Чтение книги онлайн.
Читать онлайн книгу 50 Meisterwerke Musst Du Lesen, Bevor Du Stirbst: Vol. 2 - Эдгар Аллан По страница 67
»Zum Wohl, Garde, trinken wir eins auf Josi!« lacht der Bärenwirt.
»Presi, jetzt werdet Ihr wohl keine bösen Träume mehr haben,« erwidert der Garde froh.
»Nein, ich fasse es nicht mehr, wie ich mich einmal über ein dummes Träumchen habe ängstigen können,« sagt der Presi, um den eine ganz neue Welt gesponnen ist. »Ich zähle im Kalender die Tage bis zu Allerheiligen, bis im Bären Hochzeitsleben jauchzt.«
Ein hoffnungsvolles Lächeln geht über das Gesicht des Presi. Wie der Garde aber nach Hause stoffelt, seufzt er und ist nachdenklich. Auch er zählt die Tage bis Allerheiligen, aber aus einem anderen Grund.
Mehr denn zehn Jahre hat der Presi gewütet in Gewaltsamkeit und Ungerechtigkeit wie ein Uebermensch. Eines Tages nun fällt ihm ein, glücklich zu sein. Aber steht die Vergangenheit nicht drohend hinter diesem Glück? Und um den Liebesbund Josis und Binias schwebt auch etwas so Uebermenschliches, um diese rührende Hingabe, um diese hohe Treue von langen Jahren her. Kommen wohl Josi und Binia, das herrliche Paar, wie noch keines im Bergland gewachsen ist, ein Held der That und eine Heldin der Treue, zum Ziel?
So fragt sich der Garde sorgenvoll und traut dem Dorffrieden nicht.
Josis Werk ist zu schwer, zu wuchtig für das kleine St. Peter. Wohl hat es, als die Regierung seinen Plan gutgeheißen hat, Josi zugejauchzt, und wenn einzelne Gegner wie der Glottermüller übrig blieben, so schwiegen sie. Aber seit dem Tag, da die von der Regierung gesandte Dynamitfuhre kam, regte sich im Volk wieder abergläubische Furcht. Alle, selbst die Frauen, eilten damals hinaus in den Teufelsgarten, um den Pulverwagen zu sehen. Das von vier Gendarmen bewachte Fuhrwerk, das eine schwarze Fahne mit der Aufschrift »Dynamit« trug, erschreckte sie aber. Es sei ein mächtiger Sarg gewesen, jammerten sie, umsonst erklärten die militärpflichtigen Männer, es sei ein Militärcaisson, die Vorstellung des Sarges ist geblieben. Und ein Sarg bedeutet Unglück.
Die Weiber wollten nicht mehr zugeben, daß die Männer, Brüder und Söhne die zugesagten Arbeiten leisten, einzelne Bürger zahlen die versprochenen Tagewerke in Geld, andere bleiben einfach aus, die Hilfe, die Josi braucht, fehlt.
Er stand mit seinem so glücklich begonnenen Werk allein und in der großen Verlegenheit erbat sich der Gemeinderat Ersatz von der Regierung. Unter der Führung eines Aufsehers kam wirklich eine Schar Hilfsarbeiter ins Thal und richtete sich im Schmelzwerk wohnlich ein, aber die Kolonne, die hell und dunkel gestreifte Kleider trug und in der es verwegene, rohe Gesichter genug gab, gefiel denen von St. Peter nicht.
Das Wort »Zuchthaussträflinge« flog durch das Dorf, es erzeugte einen Sturm der Furcht und Erbitterung, denn Sitte war es bis jetzt gewesen, daß an den heligen Wassern nur rühren durfte, wer in bürgerlichen Rechten und Ehren stand, und selbst der bedächtige und nüchterne Garde wurde zornig über den Schimpf, den die Regierung den heligen Wassern durch die Entsendung der Sträflingskolonne angethan. Der Gemeinderat ersuchte die Herren um die Zurückziehung der Mannschaft. Die Sträflinge verließen das Glotterthal, dafür berichtete die Regierung zurück, die von St. Peter mögen nun selber zuschauen, wie sie mit dem Werk an den Weißen Brettern fertig würden.
Als der Bescheid im Dorf bekannt wurde, war man gewaltig empört: »Das sind die Herren, die so schön haben reden können – jetzt wollen sie nichts mehr wissen von dem Verbrechen, das an den Weißen Brettern begangen wird.«
Ueber das Dynamit, das Josi bei seinen Sprengungen brauchte, kamen immer entsetzlichere Gerüchte in Umlauf.
Eine Spur »Teufelssalz«, so groß wie eine Prise, sei so stark, daß man damit einen ganzen Berg in den Himmel sprengen könne, die Königs- und Fürstenmörder brauchen es, aber bevor es einer anwenden könne, müsse er schon einen Menschen umgebracht haben, sonst würde ihm das Salz die Hände durchfressen. Josi Blatter jedoch – das haben einige zuverlässige Männer gesehen – ist so gefeit, daß er die Patronen in den Säcken und Taschen seines Kleides herumträgt, ohne daß ihm das mindeste geschieht.
Also muß auch er jemand getötet haben.
Das Gewand voll Teufelssalz, so sagen die Dörfler, steigt er am Sonntag von den heligen Wassern hernieder nach St. Peter – und bis auf wenige haben sie alle ein Grauen vor dem gelassenen Mann, der sich um sie nicht kümmert.
Sein erstes ist ein »guter Tag« in dem Bären, dann geht er, den Bräuchen des Thales treu, zur Kirche, nach dem Gottesdienst zum Garden und Vroni und bleibt bei ihnen in den Nachmittag hinein. Allein eine Hoffnung Vronis geht nicht in Erfüllung. Sie hat gemeint, er würde ihr nun viele merkwürdige Dinge aus dem Wunderland Indien erzählen, aber es ist, als wäre das Schweigen der Einsamkeit, in der er die Woche lang arbeitet, auf ihn übergegangen, nur sein Blick ist warm, sein trockenes Lächeln herzinnig wie immer, und gegenüber allen Sorgen des Garden um das Werk bewahrt er eine stille, freudige Zuversicht. »Auch ohne Hilfsarbeiter,« versichert er, »werde ich es auf Allerheiligen vollenden.« Am liebsten spielt und scherzt er mit Joseli, man sieht es, das Büblein ist ihm lieb, und wenn Vroni den beiden zuschaut, dann erkennt sie in Josi, dem unheimlich starken Mann, den tröstlichen Knaben wieder, mit dem sie und Binia die Jugend durchlacht und durchspielt haben.
Am Nachmittag geht Josi in den Bären zu Binia.
Bebendes Glück! – Ohne diese Stunden müßte Binia sterben wie ein Vogel ohne Sonne und Luft. O, wie ist der Vater lieb zu Josi, wie verstehen sich die beiden Männer gut, der alte Feuerkopf und der junge ruhige Mann.
Der Presi ist noch viel stärker für Josi als je für Thöni unglückseligen Angedenkens eingenommen. Die beste Flasche aus dem Keller und der beste Bissen aus der Küche des Bären wandern mit Bonzi, dem Viehhüter, der Vronis ländliches Essen auf die Arbeitsstätte Josis schafft, zu den heligen Wassern empor. Und bei jeder Sendung des Vaters liegt ein Wort von Binia! »Herzlieber Josi! – Es hat manchmal Zeiten gegeben, wo ich mir den Kopf zerbrach, wozu denn die ungestüme, thörichte Bini auf der Welt sei? – Jetzt aber weiß ich es. Um den herrlichsten Mann im Bergland ein wenig glücklich zu machen. Wenn es kein Mensch weiß, so zerspringt mein Herz doch schier vor Stolz, daß du wegen der tollen, unnützen Bini die Blutfron von St. Peter nimmst. Wenn ich schon gestorben bin, so denk' ich es doch noch: Josi hat es für mich gethan. Und ich weiß es, du bist stark, so stark, daß du auch uns erlösest. Lieber Josi, du thust nichts, wobei nicht mein Herz und meine Seele wären!«
Von ihm kam zwar kein Brief zurück, aber wenn es dunkel geworden war, sah man in einem der Felsenfenster, die Josi von seinem Tunnel her gegen das Thal geöffnet hatte, ein Licht.
Das bedeutet: »Gute Nacht, liebe Bini!« Und wenn das Licht schon lang verschwunden ist, so steht sie noch am Fenster, staunt in die Stille und denkt mit gefalteten Händen an Josi.
Was im Teufelsgarten geschehen ist, kommt ihr nicht mehr so gräßlich vor, daß sie deswegen nicht ein wenig lächeln dürfte, wenn sie an Josi denkt. Es ist kein Verbrechen, es ist nicht einmal eine That des Zorns, es ist nur ein Unglück geschehen. Welche Mäßigung hat Josi in dem entsetzlichen Kampf bewiesen, wie übermenschlich ruhig ist er darin geblieben. Sie hat sich vor ihm gerechtfertigt, sie steht selig in seinem Arm. Da zuckt ein langer Blitz auf und ab, in überirdischem Licht erglänzen die Firnen des Glottergrats und vor ihnen steht Thöni. Die Kugeln seines Revolvers zischen um ihre Köpfe. Sie schreit. Im gleichen Augenblick aber hat Josi auch schon die Waffe aus Thönis Hand auf den Weg geschlagen. Dann liegt Dunkelheit in der Schlucht. Wie aber wieder eine Blitzrute durch das Thal fährt, ist Thöni in der Macht Josis, der ihm die Arme eisern umklammert hält. »Grieg,« ruft er, »sei vernünftig und laß