Gesammelte historische Romane: Quo Vadis? + Die Kreuzritter + Mit Feuer und Schwert + Sintflut + Pan Wolodyjowski. Henryk Sienkiewicz

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Gesammelte historische Romane: Quo Vadis? + Die Kreuzritter + Mit Feuer und Schwert + Sintflut + Pan Wolodyjowski - Henryk Sienkiewicz

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      Sechstes Kapitel.

      Inhaltsverzeichnis

      Als Jagienka erfuhr, daß sie auf Mackos Geheiß in Spychow bleiben müsse, vermochte sie eine Weile vor Verwunderung, Schmerz und Zorn kein Wort hervorzubringen; mit weit aufgerissenen Augen schaute sie den Böhmen an, der wohl begriff, welch unangenehme Kunde er ihr überbrachte, und daher sagte: »Ich möchte Euch auch gerne Mitteilung von dem machen, was wir in Szczytno gehört haben, denn neue, wichtige Dinge wurden uns berichtet.«

      »Und handelt es sich um Zbyszko?«

      »Nein, nur um Vorgänge in Szczytno – wißt Ihr –«

      »Ich verstehe. Der Knabe mag die Pferde absatteln. Kommt Ihr mit mir!«

      Nachdem sie dem Knaben die nötigen Befehle erteilt hatte, ging sie mit Hlawa in die Burg.

      »Warum hat Macko uns verlassen? Weshalb sollen wir in Spychow bleiben und weshalb seid Ihr zurückgekehrt?« fragte sie in einem Atem.

      »Ich bin zurückgekehrt,« entgegnete Hlawa, »weil der Ritter Macko es mir geboten hat. Gar zu gern wäre ich in den Krieg gezogen, aber ein Befehl ist ein Befehl. Der Ritter Macko sprach zu mir: ›Kehre zurück; die Jungfrau aus Zgorzelic sollst Du beschützen und warten, bis Nachricht von mir eintrifft. Möglicherweise – sprach er – mußt Du sie nach Zgorzelic geleiten, denn allein können sie nicht zurückkehren‹.«

      »Um Gotteswillen! Was ist vorgefallen? Hat man Jurands Tochter aufgefunden? Ist Macko nicht wegen Zbyszko, sondern nur wegen Danusia in die Ferne gezogen? Hast Du sie gesehen? Mit ihr gesprochen? Weshalb hast Du sie nicht hierher geführt und wo befindet sie sich jetzt?«

      Als er diese Flut von Fragen vernahm, beugte Hlawa die Knie vor der Maid und sagte: »Möge die gnädige Herrin mir nicht zürnen, weil ich nicht alle Fragen zugleich beantworten kann, denn dies geht nicht an. Doch will ich eine nach der andern beantworten, falls ich dazu im stande bin.«

      »Gut. Hat man sie gefunden oder nicht?«

      »Nein, aber man hat endlich sichere Kunde, daß sie in Szczytno gewesen ist, und daß man sie wahrscheinlich in eine der östlichen Burgen gebracht hat.«

      »Weshalb sollen wir aber in Spychow bleiben?«

      »Und wenn sie jetzt gefunden würde … Seht, gnädigste Herrin … Dann wäre wahrscheinlich kein Grund für Euch vorhanden, in die Ferne zu ziehen oder hier zu bleiben.«

      Jagienka gab keine Antwort, aber ihre Wangen flammten.

      Der Böhme aber hub wieder an: »Ich dachte immer und denke auch noch, daß wir sie nicht lebend den Klauen dieser Henker entreißen werden. Doch alles steht ja in Gottes Hand. Ich will von Anfang an erzählen. Wir begaben uns nach Szczytno. Ritter Macko zeigte dem Untervogt den Brief Lichtensteins, und der Untervogt, welcher als Jüngling der Schwertträger des Kreuzritters gewesen ist, küßte das Siegel vor unseren Augen, nahm uns gastfreundlich auf und hegte keinen Argwohn. Hätten wir etliche Mannen bei uns gehabt, so wären wir ohne große Schwierigkeit im stande gewesen, die Burg einzunehmen, so großes Vertrauen setzte er in uns. Den Kaplan zu sprechen, fiel uns leicht, wir schwatzten zwei Nächte hindurch mit einander, und da erfuhren wir gar seltsame Dinge, von denen er durch den Henker Kenntnis hatte.«

      »Der Henker ist stumm.«

      »Ja, er ist stumm, aber durch sein Mienenspiel kann er dem Kaplan alles ausdrücken, und dieser versteht ihn gerade so gut, wie wenn er in Worten zu ihm spräche. Seltsame Dinge sind geschehen, und der Finger Gottes ist überall zu erkennen. Jener Henker hieb Jurand die Hand ab, riß ihm die Zunge heraus und blendete ihn. Er ist so geartet, daß er vor nichts zurückschreckt, wenn es sich um einen Mann handelt, daß ihm keine Bestrafung zu hart erscheint, und bekäme er den Befehl, einen Mann mit den Zähnen zu zerfleischen, so würde er es auch thun. Aber gegen ein Mägdlein würde er um keinen Preis die Hand erheben, und die schwersten Folterqualen könnten ihn nicht dazu bewegen. So ist er geworden, weil er ein Mägdlein kannte, das er unendlich liebte, und welche die Kreuzritter …«

      Hier stockte Hlawa und wußte nicht, ob er weiter reden solle.

      Jagienka, welche dies wohl bemerkte, sagte daher: »Was kümmert mich der Henker?«

      »Es gehört zur Sache,« entgegnete der Böhme. »Als unser junger Herr den Ritter Rotgier erschlug, ward der alte Komtur Zygfryd beinahe rasend. In Szczytno hielt man Rotgier für dessen Sohn, allein der Kaplan bestreitet, daß es sich so verhält, obwohl er zugiebt, daß kein Vater seinen Sohn hätte mehr lieben können. Um Rache zu nehmen, verschrieb der Komtur seine Seele dem Teufel, davon ist der Henker Augenzeuge gewesen. Der Komtur sprach mit dem Erschlagenen, wie ich jetzt mit Euch spreche, und dieser lächelte ihm bald zu, bald knirschte er mit den Zähnen, bald leckte er sich mit der schwarzen Zunge den Mund vor Freude darüber, daß ihm der alte Zygfryd des Herrn Zbyszko Haupt versprach. Aber weil der Komtur den Herrn Zbyszko zu jener Zeit nicht in seine Gewalt bekommen konnte, gab er Befehl, Jurand zu martern, und legte dessen Zunge und dessen Hand in den Sarg Rotgiers, welcher sie hierauf verzehrte …«

      »O wie furchtbar ist dies anzuhören. Im Namen des Vaters, des Sohnes und des heiligen Geistes!« sagte Jagienka.

      Sie erhob sich und legte ein neues Scheit Holz auf das Feuer, denn der Abend war schon angebrochen.

      »So ist es in der That gewesen,« fuhr Hlawa fort. »Wie es nun beim jüngsten Gericht sein wird, weiß ich nicht, denn was Jurand gehörte, muß ihm auch wieder zurückgegeben werden. Aber wie dies auszuführen ist, das geht über Menschenverstand. Zu jener Zeit hat der Henker alles mitangesehen. Nachdem der alte Komtur den Vampyr mit Menschenfleisch gesättigt hatte, wollte er ihm auch die Tochter Jurands bringen, denn der Tote hatte ihm offenbar zugeflüstert, ihn verlange darnach, mit dem Blute der Unschuldigen das Essen hinunterzuspülen. Allein der Henker, der, wie ich schon gesagt habe, sich zu allem gebrauchen läßt, es jedoch nie zugiebt, daß einem Mägdlein ein Leid zugefügt wird, hatte sich auf der Treppe verborgen. Der Kaplan sagt, daß er nicht recht bei Verstand, daß er eine unvernünftige Bestie sei, aber in solchen Fällen ist er ganz klug, und wenn es not thut, legt er eine größere Schlauheit an den Tag, als alle andern. Er kauerte sich also auf den Stufen nieder und erwartete hier den Komtur. Dieser hörte die schweren Atemzüge des Henkers, sah dessen funkelnde Augen und erschrak, weil er glaubte, es sei der Teufel. Da gab der Henker dem Komtur einen Faustschlag ins Genick, in der Meinung, er könne ihm das Rückgrat zerschmettern, ohne daß eine Spur von Gewaltthätigkeit zurückbleibe. Gleichwohl lebte der Komtur noch. Er lag lange Zeit in tiefer Ohnmacht und erkrankte vor Angst, aber als er wieder gesund ward, fürchtete er sich, es noch einmal zu unternehmen, der Tochter Jurands ein Leid zuzufügen.«

      »Und er hat sie mit sich fortgeführt?«

      »Er hat sie mit sich fortgeführt und den Henker ebenfalls. Daß dieser es gewesen war, der Danusia beschützt hatte, wußte der alte Komtur nicht, sondern er glaubte, irgend eine unbekannte böse oder gute Macht habe es gethan. Und in Szczytno wollte er den Henker nicht zurücklassen. Er fürchtete wohl dessen Zeugnis. Denn der Henker ist zwar stumm, doch wenn er vor dem Richter stünde, könnte er durch den Mund des Kaplans alles aussagen, was er auszusagen hätte. Daher sprach der Kaplan schließlich folgendermaßen zu Ritter Macko: ›Der alte Zygfryd wird nun Jurands Tochter nicht aus dem Wege räumen, denn er fürchtet sich, und würde er auch einem anderen befehlen, das Verbrechen auszuführen, sicher ist jedenfalls, daß Diderich, solange er lebt, sie noch ferner schützen wird, wie er sie schon einmal aus Todesgefahr errettet hat‹.«

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