Sturm über der Eifel. Katja Kleiber

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Sturm über der Eifel - Katja Kleiber Eifel Krimi

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mit t. Nicht einmal richtig recherchieren können diese Pressefritzen. Zum Glück wird die seltsame Kleidung des Toten nicht erwähnt. Oder die fehlenden Schuhe. Unsere Kollegen haben dichtgehalten.«

      Peter griff nach dem Blatt. »Das hat Matze verbrochen«, stellte er fest. Sein ehemaliger Schulkamerad Matthias Reuter, genannt Matze, war als Chefreporter bei der »Rheinzeitung« für aktuelle und aufsehenerregende Nachrichten zuständig. »Meinst du, da ist was dran?«

      »Am Ritualmord?« Tanja schüttelte den Kopf. »Hast du den Obduktionsbericht der Rechtsmedizinerin nicht gelesen, der heute Nacht noch reingekommen ist?«

      Peter senkte seinen Kopf und nippte am Kaffee. Er fühlte sich schon deutlich fitter als gestern, war aber morgens nicht aus den Federn gekommen.

      Lag wahrscheinlich an der Jahreszeit. Es war noch stockdunkel gewesen, als der Wecker schellte. Er hatte ihn ausgemacht und war umgehend wieder eingeschlafen. Weil er deshalb die Morgenbesprechung in der großen Runde verpasst hatte, wollte Tanja mit ihm anscheinend jetzt die Einzelheiten durchgehen, als wäre er ihr Nachhilfeschüler.

      »Renate Schade schreibt, Todesursache seien die Messerstiche. Insgesamt ein Dutzend davon.« Sie blickte ihn kritisch an: »Was sagt uns das?«

      Sofort kam Peter sich vor wie damals in der Schule, wenn der Lehrer ihn abgefragt hatte. Sein Hirn blockierte. »Ja, was?«, brachte er heraus.

      »Dass der Täter total ausgerastet ist. Er hat besinnungslos auf sein Opfer eingestochen. Nichts an dem Dutzend Stiche wirkt wie ein Ritual.«

      »Eher wie eine Beziehungstat im Affekt. Eifersucht oder so«, mutmaßte Peter.

      »Genau.«

      Er seufzte innerlich. Diesen oberlehrerhaften Ton konnte sie sich echt sparen.

      »Außerdem deutet nichts darauf hin, dass mehrere Täter vor Ort waren«, erläuterte Tanja weiter, während sie den Obduktionsbericht überflog, den sie sich auf den Bildschirm geholt hatte. »Ein Ritualmord würde mit einem planmäßigen Vorgehen einhergehen. Und mit der Anwesenheit von Komplizen oder Zuschauern, denn sonst würde ja niemand von dem rituellen Opfer erfahren, einverstanden?«

      Peter nickte. Er verspürte überhaupt keine Lust darauf, sich mit Leuten anzulegen, die Menschenopfer praktizierten. Waren die nicht auch schon ausgestorben? Allerdings war bei der seltsamen Kleidung des Toten und seinem Schlafzimmer in der Jurte nicht auszuschließen, dass er einer seltsamen Religion angehangen oder obskure Bräuche gepflegt hatte.

      »Opfern Schamanen Menschen?«, fragte er. »Oder tun das Mongolen? Ich meine, weil unser Ötzi doch in einer Jurte geschlafen hat. Vielleicht hielt er sich für einen Mongolen?«

      »Keine Ahnung.« Tanja googelte hektisch. »Auf den ersten Blick kann ich nichts finden, was darauf hindeutet.« Sie murmelte: »Menschenopfer bei Azteken … Gut und schön, aber Azteken gibt es hier ja nicht.«

      »Dafür Kelten. Und der Tatort ist doch ein Keltendenkmal, oder?« Peter erinnerte sich an ein solches Detail aus den Berichten.

      Tanja tippte weiter auf der Tastatur, während Peter seinen Kaffee trank und den Autokalender an der Wand anstarrte. Auf dem aktuellen Monatsbild war ein heißer Schlitten zu sehen, auf dessen Kühlerhaube sich eine leicht bekleidete Frau rekelte. Verstieß wahrscheinlich gegen irgendwelche Gender-Richtlinien, dass die Kollegen ihn hier aufgehängt hatten.

      Eine nackte Frau würde er auch gerne mal wieder live sehen. Schmerzhaft fiel ihm sein Ausflug nach Köln ein. Nachdem seine Lieblingskneipe in ein Veganerbistro umgewandelt worden war, hatte er ein Lokal gefunden, das weder schickimicki noch Kaschemme war.

      Glück gehabt. Scheinbar. Eine ältere Brünette war auf seine Flirtversuche eingegangen. Eine Frau mit schönen Rundungen, wie sie ihm gefielen. Sie hatten einige Gläser Tequila getrunken, die alle er bezahlt hatte. Dann hatte Peter sie nach Hause gebracht, doch statt ihn auf einen Kaffee hochzubitten, hatte sie ihn abgewimmelt. Er hatte die Nacht in dem Billighotel verbracht, in dem er in Köln immer abstieg. Allein. Es lag zentral in einer Gasse hinter dem Heumarkt, das Zimmer war sogar einigermaßen modern, aber das Frühstück mies. Für seinen nächsten Besuch sollte er sich etwas anderes suchen. Das Wochenende hatte damit geendet, dass er einige Scheinchen weniger im Portemonnaie hatte, aber dafür mit einem fetten Kater nach Hause fuhr.

      »Ha!«

      Peter fuhr zusammen.

      »Ich hab was, hör zu: ›Die Kelten weihen nämlich einen Menschen und stoßen ihm dann ein Schwert in die Brust, und indem das Opfer getroffen zusammenstürzt, erkennen sie aus der Art und Weise, wie es niederfällt, sowie aus den Zuckungen der Glieder und dem Ausströmen des Blutes das Zukünftige, wobei sie einer alten und durch lange Beobachtung erprobten Erfahrung Glauben schenken.‹ Hat ein römischer Historiker über die Kelten geschrieben.«

      »Aber die sind doch längst ausgestorben«, stellte Peter fest. Er wollte nicht zugeben, dass er so gut wie nichts über Kelten wusste.

      »Waren das nicht irgendwie unsere Vorfahren?« Auch Tanja schien sich nicht besser auszukennen. Sie wandte sich wieder dem Monitor zu und tippte etwas. »›Antike Volksgruppe der Eisenzeit, 8. bis 1. Jahrhundert vor Christus‹«, las sie vor. »Kelten und Gallier – scheint irgendwie dasselbe zu sein.« Ihr Blick flog über den Bildschirm. »Anscheinend beherrschten sie mal Europa. Von Frankreich über Mitteleuropa bis Österreich – ganz schön großes Gebiet. Dann wurden sie von germanischen Stämmen verdrängt.« Sie wandte sich ihm wieder zu: »Okay, aber selbst wenn unser Opfer ein keltischer Schamane gewesen wäre, hat diese Theorie ein großes Manko. Ein Menschenopfer würde doch so aussehen, dass der Schamane einen anderen Menschen opfert, nicht sich selbst. Aber er wurde nun mal umgebracht.«

      »An einem keltischen Heiligtum.«

      »Worüber wir noch viel zu wenig wissen. Wir müssen mehr über den Tatort erfahren«, sagte Tanja entschlossen, »und über das, was unser Ötzi als Schamane so getrieben hat.« Sie schnaufte verächtlich. »Schamanen, die gibt’s doch nur in Afrika.«

      »Was ist eigentlich mit den Wanderern, die ihn entdeckt haben?«, warf Peter ein.

      »Harmlose Typen vom Eifelverein Mayen. Sind den Burgweg, einen dieser Traumpfade, gewandert, der an einer Art Aussichtsplattform vorbeiführt. Von da aus hat man einen Überblick über den Goloring. Als sie oben standen, haben sie die Leiche gesehen und sofort den Notruf gewählt. Alles vollkommen korrekt, keiner von denen hat den Tatort betreten.«

      »Was sagt die Rechtsmedizinerin noch?«, fragte Peter und hätte sich im nächsten Moment am liebsten die Zunge abgebissen. Jetzt hatte er sogar freiwillig zugegeben, den Bericht nicht gelesen zu haben.

      Tanja ging nicht darauf ein. Sie klickte zu dem Ergebnis der Gerichtsmedizinerin zurück. »Männliche Leiche, eins achtundsiebzig groß, Mitte vierzig. Laut Papieren war der Typ sechsundvierzig. Ich zitiere weiter: ›eher untergewichtig, durchtrainiert, gute bis sehr gute Allgemeinverfassung‹ … Ah, das hier ist noch interessant: ›Tätowierung auf dem linken Schulterblatt, Leopard oder andere Großkatze‹.«

      »Leonhart, der Leopard«, meinte Peter.

      Tanja nickte. »Hier ist noch etwas Seltsames. Schade hat mehrere Brandflecken am Körper des Opfers gefunden. Deren Abstände könnten darauf hinweisen, dass der Mann mit einem Rinderschocker gequält wurde. Außerdem ein Dutzend Stichwunden, Breite drei Zentimeter, Tiefe bis zu fünfzehn Zentimeter.« Sie überflog den Text weiter. »Es war nicht festzustellen, welche Verletzungen zuerst

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