Perry Rhodan Neo 246: Das Sandtribunal. Susan Schwartz
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Die sich zuspitzende Kolonialkrise war ebenfalls von großer Wichtigkeit, damit nicht die gesamte Solare Union in Kürze auseinanderbrach. Gerade durch die Gefahr, die Iratio Hondro darstellte, war der Zusammenhalt der Menschen unbedingt erforderlich. Fraglos hatte der Plophoser sein Augenmerk längst auf das Solsystem selbst gerichtet – Rhodan schloss inzwischen nichts mehr aus.
Die Situation auf dem Mars zu begradigen, erachtete Rhodan als wichtiges Element zur Bewältigung dieser Krise, da der Planet im Solsystem lag. Die Marsregierung musste zur Terranischen Union stehen, in dieser Hinsicht hatte Michelsen recht.
So oder so war es ein schlecht gewählter Zeitpunkt für ein starrsinniges Pochen auf Eigenständigkeit, was die Marsianer erkennen mussten. Rhodan würde sich darauf konzentrieren, vor allem auf Hondros Machtbestrebungen und Expansionspläne zu verweisen, die bedeutend bedrohlicher für den Mars waren als eine Meinungsverschiedenheit mit der auf Terra beheimateten Verwaltung der TU.
»Sie haben keinen Kontakt mehr zu Luna?«, wiederholte er Michelsens Auskunft knapp.
»Nichts dringt durch. Unsere Rufe kommen sicherlich an, aber sie bleiben unbeantwortet. Wir haben keine Ahnung, was dort geschieht. Auch PE-hilfreich ist seit einer Stunde nicht mehr erreichbar.«
»Dann werde ich mich wohl besser hier beeilen, damit wir uns anschließend gemeinsam diesem neuen Problem widmen können.«
»Machen Sie sich nicht auf eigene Faust auf den Weg zum Mond!«, warnte Stella Michelsen. »Uns sind die Hände gebunden, solange wir nicht genau wissen, was mit NATHAN los ist. Der Anflug der CREST II auf Luna könnte als aggressiver Akt gewertet werden, weshalb auch wir uns momentan mit unseren Schiffen zurückhalten. NATHAN ist unberechenbar, das wissen wir, und verfügt über ein sehr mächtiges Potenzial – wir dürfen aktuell nichts riskieren.«
»Dessen wiederum bin ich mir bewusst«, beschwichtigte Perry Rhodan.
»Dann sind wir uns ja einig.« Sie nickte ihm zu. »Und nun – viel Glück. Informieren Sie mich über Ihre Resultate.« Damit beendete sie die Verbindung.
Die CREST II landete. Perry Rhodan saß noch immer in dem Raum neben der Hauptzentrale und grübelte vor sich hin, als Gucky bei ihm auftauchte.
»Hast du es mitbekommen, Großer?«
»Nein, was denn?«
»SENECA, zeig bitte das Schiff.«
Ein Hologramm leuchtete über dem Arbeitstisch auf und zeigte Bilder der Außenkameras. Rhodan sah einen kleinen Kugelraumer, der soeben den Orbit des Mars verließ und zur Landung ansetzte.
»Das ist ein Kurierschiff!«, sagte er überrascht. Die vergrößerte Ansicht zeigte den Eigennamen WINDSPIEL – nach dem schnellen italienischen Windhund.
»Es gehört zur Abteilung Drei, das habe ich bereits herausgefunden«, berichtete Gucky. »Und ich habe Omar Hawk und Sofgart an Bord identifiziert, außerdem ein fremdes Mentalmuster, wohl der Pilot. Und dieses ... Wolpertinger-Vieh.«
»Sofgart? Dann ist die Rettung also geglückt! Darüber bin ich froh. Aber Tom und Farouq sind nicht dabei?«
»Nein, anscheinend wurden sie irgendwo getrennt, darüber konnte ich nichts herausfinden. Du weißt, dass ich Omar Hawk telepathisch kaum sondieren kann, und Sofgarts Gedanken sind sehr ... verworren. Er scheint Kopfschmerzen zu haben und mit Halluzinationen zu kämpfen.«
Rhodan hatte vor wenigen Tagen von Nike Quinto erfahren, dass das Raumfahrzeug des Arkoniden, die LORK, im Algolsystem havariert war – auf Rumal hatte man Sofgarts Notruf registriert und weitergeleitet. Wegen der angespannten politischen Lage hatte sich Schaltmeister Krumar Rabkob von Rumal nicht an die Terranische Union, sondern an NATHAN gewandt, den Mentor der Kolonie. Rhodans Söhne Tom und Farouq waren zur Rettung Sofgarts aufgebrochen, zusammen mit dem Oxtorner Omar Hawk und dessen Okrill Watson. Über den Ausgang der Mission hatte Rhodan bisher nichts erfahren gehabt.
Gucky setzte an: »Vielleicht sollten wir sie gleich ...«
Rhodan hob die Hand. »Langsam, Kleiner, wir unternehmen gar nichts. Dass die WINDSPIEL zur Abteilung Drei gehört, bedeutet, dass unsere Freunde in streng geheimer Mission unterwegs sind – womöglich von Nike Quinto persönlich geschickt wurden. Sonst hätten sie uns kontaktiert, denn uns haben sie bestimmt nicht übersehen. Und dass sie speziell hierhergekommen sind, bedeutet, dass auf dem Mars einiges mehr los ist als angenommen.«
»Deswegen sollten wir herausfinden, worauf wir uns einlassen«, beharrte der Ilt.
Rhodan schüttelte den Kopf. »Streng geheime Mission bedeutet, keinerlei Kontakt aufzunehmen! Quinto hätte uns in Kenntnis gesetzt, wenn er es für unerlässlich gehalten hätte und unsere Unterstützung erforderlich gewesen wäre. Wir werden das Kurierschiff daher vollständig ignorieren und auch keine Anfrage an Oberst Quinto senden. Das geht uns nichts an.«
»Aber da ist noch etwas!«, murmelte Gucky. »Ich empfange eigenartige Schwingungen, die ich nicht zuordnen kann.«
»Bedrohlich?«
»Ich weiß es nicht, Perry. Aber es hat sicherlich etwas zu bedeuten.«
Rhodan nickte. »Daran zweifle ich nicht, dein Gespür ist zuverlässig. Wahrscheinlich hängt das auch mit ihrer Mission zusammen. Lass uns später darüber weiterreden – ich muss zunächst mal einen schweren Gang antreten.«
»Und du willst tatsächlich allein gehen?«
»Vorläufig ja. Es ist erst ein Sondierungsgespräch, da wäre ein Auftritt in großer Delegation wenig hilfreich. Zumindest auf diese Weise will ich meinen guten Willen ausdrücken. Und sollte ich damit scheitern ...«
»Wirst du nicht!«, unterbrach Gucky fast wütend. »Wir halten uns in Bereitschaft.«
Als Erstes fiel Perry Rhodan auf, wie kühl es war, und er schloss seine Anzugjacke, eine Spezialanfertigung für solche Anlässe – offiziell wirkend und doch mit allerlei Raffinessen ausgestattet, wie etwa einer Heizung. Das ersparte aufwendige Mäntel und Schals. Die Luft war sehr dünn, wie in großer Höhe auf der Erde, und die aktuelle Temperatur betrug trotz der Äquatornähe nur um die zwölf Grad Celsius. Die Marsianer waren jedoch daran gewöhnt und trugen eher dünne Stoffe.
Die geringere Schwerkraft war zu Beginn irritierend, aber nicht unangenehm. Rhodan kannte das schon und achtete darauf, keine großen Schritte zu machen. Noch dazu, da er sicherlich überall in Großaufnahme gezeigt wurde.
Die Vorsitzende des Mars Councils, Sanda Amthor, empfing ihn persönlich vor der Bodenschleuse der CREST II, begleitet von zwei weiteren Regierungsvertretern, einer Alt-Marsianerin und einem Neu-Marsianer.
Die Frau war klein und sehr dünn, ihre vollständig schwarzen Augen besaßen Nickhäute, und sie hatte große, bewegliche Ohren sowie überproportional große Hände, die zum Graben und Schaufeln geeignet waren. Ihre Haut ähnelte hellem Sandpapier, die dünnen, grauen Haare hingen strähnig herab. Sie trug ein in der Taille gerafftes, langes Kleid und stützte sich auf einen Stab. Um den Hals trug sie eine Kette mit grünen Glasperlen.
Der Mann war fast so groß wie Rhodan und wirkte nicht ganz so ausgemergelt. Sein Brustkorb war leicht vorgewölbt, seine raue Haut etwas dunkler