Die Lösungsbegabung. Markus Hengstschläger

Чтение книги онлайн.

Читать онлайн книгу Die Lösungsbegabung - Markus Hengstschläger страница 7

Die Lösungsbegabung - Markus Hengstschläger

Скачать книгу

ab und bedeutet daher ›Erneuerung‹. Verwendet wird der Begriff ›Innovation‹ heutzutage in vielen verschiedenen Fachgebieten und Anwendungsbereichen. In der Geisteswissenschaft beschreibt er das Forschen nach neuen Erkenntnissen, in der Wirtschaft bezeichnet man so das am Markt erfolgreiche Resultat von Forschung und Entwicklung, in der Kunst und Kultur sucht man neue innovative Ausdrucksformen oder Designinnovationen, man spricht von sozialen Innovationen bei neuen sozialen Praktiken, die gut für die Gesellschaft und ihre Mitglieder sind, der Begriff »Bildungsinnovationen« beschreibt Erneuerungen im Bildungsbereich, juristische Innovationen spiegeln sich oft in neuen Gesetzen wider, es werden internationale Preise für politische Innovationen vergeben, es besteht dringender Bedarf an Umweltinnovationen, man spricht sogar von innovativer Kindererziehung und vielem mehr.«

      Innovationen werden häufig nach ihrem Ziel kategorisiert. Die so entstehenden Kategorien weisen oft Überlappungen auf, was strikte Abgrenzungen unmöglich macht. Eine gängige Unterscheidung wird zwischen Produktinnovationen und Prozessinnovationen getroffen. Erstere inkludieren materielle und immaterielle Werke, also etwa das Smartphone oder eine entsprechende Kundendienstleistung. Eine große und relevante Gruppe stellen die sogenannten Technologieoder Verfahrensinnovationen dar. Dazu zählt man zum Beispiel auch die Entwicklungen neuer digitaler Technologien. Innovationen können etwa genauso die Organisation eines Unternehmens betreffen. Es gibt Innovationen, die Geschäftsmodelle (beispielsweise die Geschäftsstrategie) oder den Service (etwa das Betreuen von Reklamationen) betreffen, und es gibt auch zum Beispiel Managementinnovationen. Bei den sogenannten Umweltinnovationen wie neuen Konzepten für den Umweltschutz oder den Sozialinnovationen wie etwa neue Strategien zur Bekämpfung von Hunger, Armut oder Chancenungleichheit ist eine Verwertung am Markt im finanziellen Sinn nicht das Ziel. Politische, urbane oder zum Beispiel juristische Innovationen verfolgen nicht selten ein größeres Spektrum an verschiedenen Zielen. Auch diese Aufzählung könnte noch weitergeführt werden.

      Eine andere Unterteilung hat wiederum mehr den Entstehungsprozess und die Auswirkungen von Innovationen im Fokus. Auch hier herrschen viele Unschärfen, und die Frage, welche Attribute einer Innovation zuzuschreiben sind, ist nicht selten Auslegungssache. Letzteres gilt gerade für die Unterscheidung zwischen inkrementellen Innovationen, die Weiterentwicklungen von bereits Bestehendem (Evolution) sind, und sogenannten radikalen Innovationen, deren Neuheits- und Veränderungsgrad höher eingestuft wird (Revolution). Allerdings werden vor allem auch in der digitalen Welt Begriffe wie »radikal« oder »Revolution« mittlerweile nahezu inflationär verwendet. Aber das absolute Lieblingswort und Must-have einer vom Silicon Valley inspirierten Innovationswelle ist »disruptiv« (zerstörerisch). Wagniskapitalgeber überzeugen zu wollen, ohne eine disruptive Innovation im Angebot zu haben, scheint immer mehr ein Ding der Unmöglichkeit zu werden. Der Ursprung dafür liegt in dem Konzept der »Schöpferischen Zerstörung« – ein Begriff, der schon früher entstand, aber erst durch die Arbeiten Joseph Schumpeters zur Basis dessen werden konnte, was später »disruptive Innovation« genannt wurde. Dieser Begriff wurde von Clayton M. Christensen, Professor an der Harvard Business School, geprägt. Wohingegen etablierte Unternehmen sehr oft auf erhaltende inkrementelle Innovationen (Sustaining Innovations) setzen, beginnen neue kleinere Unternehmen (Start-ups) mit disruptiven Innovationen soweit am Markt zu wachsen, bis sie die etablierte Konkurrenz, die sie übersieht, verdrängen (Christensen: The Innovator’s Dilemma, 1997). Der im Jahr 2020 verstorbene Wirtschaftswissenschaftler musste sich auch mit Kritik an seiner Theorie auseinandersetzen. So manche argumentieren schon seit Jahren, dass sich aber eben oft auch solche Unternehmen durchsetzen, die erfolgreich step by step innovieren, ohne jemals disruptive Konzepte auf den Markt zu bringen. Dennoch steht fest, dass das Wort »disruptiv« gerade in Zeiten der digitalen Revolution zu einem Leitbegriff des Wandels geworden ist.

      Der Begriff Closed Innovation beschreibt einen Prozess, bei dem Forschung, Entwicklung und Umsetzung unter Ausschluss der Öffentlichkeit vom »Labor« bis zum Patent und dann erst zur Anwendung am Markt betrieben werden. Demgegenüber gibt es aktuell einen Trend hin zur Open Innovation, die sich nicht innerhalb der Grenzen der Institution beziehungsweise des Unternehmens bewegt. Demand Pull Innovations oder Market Pull Innovations werden durch Wünsche vom Markt initiiert. Professor Eric von Hippel vom Massachusetts Institute of Technology hat schon vor geraumer Zeit das Konzept der User Innovation geprägt, bei dem das Feedback der Kunden das Unternehmen dazu bringt, einen entsprechenden Innovations-prozess in Gang zu bringen. Der Autor und Silicon Valley-Entrepreneur Eric Ries hat das Konzept der Lean-Start-ups entworfen, bei dem mit wenig Kapital Unternehmen gegründet werden, die mit einem reduzierten Produktzyklus möglichst schnell Prototypen auf den Markt bringen und dann anhand des Feedbacks der Kunden weiterentwickeln. Technology Push Innovations nennt man solche, bei denen für neue Technologien entsprechende Anwendungsansätze gesucht beziehungsweise entwickelt werden. Cross Innovations kommen dann zustande, wenn übergreifend über Branchen und Disziplinen gedacht und entwickelt wird. Auf einem Kongress habe ich einmal den Speaker und Cross-Industry-Innovationsexperten Ramon Vullings kennengelernt (www.ramonvullings.com). Vullings hat im April 2020 eine E-Mail versendet, in der er aufgezeigt hat, wie viele Cross Innovations im Zuge der COVID-19-Pandemie entstehen. Aus was alles man zum Beispiel Mund-Nasen-Schutzmasken herstellen kann und welche Unternehmen aus ganz anderen Branchen sich da eingebracht haben, ist wahrlich beeindruckend. Im österreichischen Rat für Forschung und Technologieentwicklung haben wir uns auch mit der Thematik der frugalen Innovationen beschäftigt. Frugale Innovationen sind vereinfachte, anwendungsorientierte, in der Regel günstige Entwicklungen auf dem Technologieniveau, das beim Kunden den gewünschten Nutzen erzeugt.

      Auf der Ebene des Individuums wird Kreativität, die schöpferischen Kraft eines Menschen, als alternativloser Ausgangspunkt für Innovationsfähigkeit gesehen. Dr. Frederik G. Pferdt ist Googles Chief Innovation Evangelist (Head of Innovation & Creativity Programs) und unterrichtet an der d.school der Stanford University kreatives Denken. Die d.school – offiziell The Hasso Plattner Institute of Design – wurde im Jahr 2005 dank der Finanzierung des SAP-Gründers Hasso Plattner mit dem Ziel ins Leben gerufen, den Studenten Kreativität und Innovationskraft mittels Design Thinking zu lehren (»The d.school helps people develop their creative abilities.«). Frederik G. Pferdts Aufgabe ist es, den Mitarbeitern von Google auf der ganzen Welt dabei zu helfen, kreativ und innovativ zu sein: »Um innovativ zu sein, braucht der Mensch Vertrauen in die eigenen Ideen. Und das entwickelt sich am besten in einem Umfeld, das auf Neues positiv und im wahrsten Sinne neugierig reagiert.« (Pferdt: »Ja – und?«, 2016).

      »Es besteht kein Zweifel, dass Innovationskraft auf der Ebene des individuellen Menschen sowohl ausgeprägten Mut, Neuland zu betreten, als auch eine hohe Kreativität voraussetzt. Die Thesen dieses Buches beziehen sich nicht auf Innovation im rein wirtschaftswissenschaftlichen Sinn, sondern vielmehr auf Inspirationen, Entdeckungen, vernetztes Denken, Querdenken, Kreativität und Ideenreichtum.«

      Damit sich eine Innovation im ökonomischen Sinn durchsetzt, damit sie sich am Markt gewinnbringend verwerten lässt, damit man am Ende des Tages daraus ein Geschäftsmodell entwickeln kann, damit man die Konkurrenz in Schach halten kann und damit sich nachhaltig Gewinne erwirtschaften lassen, bedarf es noch vieler zusätzlicher Komponenten: entsprechende Finanzierungsstrategien, eventuell Produktionsstrategien, sicher immer Kosten-Nutzen-Kalkulationen, Marktanalysen, Vermarktungskonzepte, Werbung, Vertriebskonzepte, Kundenbeziehungsnetzwerke, die entsprechenden rechtlichen, politischen und gesellschaftlichen Rahmenbedingungen und vieles mehr. Andererseits muss betont werden, dass auch viele dieser Umsetzungsprozesse vom Ideenreichtum und der Kreativität des individuellen Menschen abhängig sind und dementsprechend dadurch auch nachhaltig positiv beeinflussbar sind.

      Nicht jede Idee ist erfolgreich umsetzbar, weil dafür noch viele andere Komponenten notwendig sind und viele zusätzliche Schritte entworfen und gegangen werden müssen. Umgekehrt ist aber doch der Ursprung der meisten Innovationen eine neue Idee, unabhängig, ob sie zum Beispiel

Скачать книгу