Big Ideas. Das Geschichts-Buch. Филип Уилкинсон

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Big Ideas. Das Geschichts-Buch - Филип Уилкинсон

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      ALLES WAR SO WUNDERSCHÖN, SO FRISCH

      HÖHLENMALEREIEN IN ALTAMIRA (VOR 40 000 JAHREN)

       IM KONTEXT

      FOKUS

       Paläolithische Kulturen

      FRÜHER

      vor 45 000 Jahren Der moderne Mensch taucht in Europa auf

      vor 40 000 Jahren Die frühesten derzeit bekannten Kunstwerke in Europa entstehen – z. B. die Skulptur des Löwenmenschen vom Hohlenstein-Stadel (Baden-Württemberg)

      SPÄTER

      vor 26 000 Jahren In Dolní Věstonice (Tschechien) entsteht das Dreifachgrab von drei jungen Menschen

      vor 23 500 Jahren Der ligurische »Prinz« der Arene Candide (Italien) wird, reich mit Dentalium-Muscheln geschmückt, beerdigt

      vor 18 000 Jahren Die letzte Eiszeit erreicht ihren Höhepunkt (Letzteiszeitliches Maximum)

      Der Höhlenkomplex von Altamira in der Nähe der nordspanischen Küstenstadt Santander besteht aus einer Reihe Kammern und Gänge von rund 300 m und zeigt einige der beeindruckendsten Beispiele steinzeitlicher Kunst, die bisher gefunden wurden. Als die Höhle 1880 entdeckt wurde, hielt man die Malereien zunächst für Fälschungen – erst knapp 20 Jahre später wurden sie als Werke der Jäger- und Sammlerkultur anerkannt. Einige der frühesten prähistorischen Schaffensperioden datieren aus der Zeit vor rund 35 000 Jahren, auch wenn die meisten der berühmten Höhlengemälde wohl erst viel später, vor rund 22 000 Jahren, geschaffen wurden – z. B. die Bilder der berühmten Bisonkammer: Die niedrige Decke ist übersät mit Tierbildern, darunter farbenprächtige, lebendige Bisondarstellungen, die sich so perfekt in die natürlichen sanften Wölbungen der Felswände einfügen, dass beinahe ein dreidimensionaler Eindruck entsteht.

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       Artistischer Impetus

      Weitere atemberaubende Höhlenmalereien finden sich in Südwestfrankreich sowie in Nordspanien – darunter nicht nur äußerst detailreiche Tierbilder, sondern auch in den Fels eingravierte Zeichen und Symbole sowie Handabdrücke. Über die Bedeutung und Funktion dieser Kunst rätseln Archäologen noch. Manche meinen, die Steinzeitmenschen hätten, nicht anders als ihre Nachfahren heute, die ästhetische Qualität der Kunst einfach geschätzt. Andere glauben, in den detailreichen Bildern, die etwa das Geschlecht eines Tieres zeigen oder die Jahreszeit, in der es beobachtet wurde, ließen wichtige Informationen zum Überleben erkennen, z. B. wann und wo die Tiere gejagt werden konnten.

       Jagdrituale

      Aber auch Glaubens- und Weltanschauungen der Menschen im Paläolithikum können die Höhlenkunstwerke zum Ausdruck gebracht haben. Bis heute folgen Gemeinschaften, die vorwiegend vom Jagen und Sammeln leben, animistischen Glaubensvorstellungen, d. h., sie schreiben Tieren, Pflanzen und Teilen der Landschaft Geister zu, mit denen der Mensch im alltäglichen Leben interagiert. Viele Religionsexperten dieser Gesellschaften – Schamanen – glauben, mit diesen Geistern kommunizieren zu können, um Kranken oder Verletzten zu helfen. Im Lauf der Geschichte haben Schamanen häufig während einer Trance (einem veränderten Bewusstseinszustand) solche Felsmalereien als Mittel der Kommunikation mit diesen Geistern eingesetzt. Einige Forscher glauben daher, dass die Gesellschaften der Altsteinzeit ähnlichen Glaubensvorstellungen anhingen. Schamanen sagte man vielfach auch nach, sie könnten sich selbst in Tiere verwandeln, um diese dazu zu bringen, sich den Jägern zu ergeben; das könnte eine Reihe von Bildern erklären, die menschliche und tierische Merkmale kombiniert zeigen, z. B. den Löwenmenschen vom Hohlenstein-Stadel in Baden-Württemberg oder den Zauberer in der Grotte des Trois-Frères in Frankreich: eine menschliche Figur mit Geweih.

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      Die sanften Wölbungen auf den Felswänden von Altamira heben, statt von ihr abzulenken, die Kunst noch hervor – und verleihen dem Bild des Bisons beinahe eine Dreidimensionalität

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      Die Handabdrücke in der Höhle von Fuente del Salín (Spanien) stammen wohl von Kindern und lassen vermuten, dass der Höhlenbesuch einem Ritual des Erwachsenwerdens diente

      Tierbilder können auch Teil »magischer« Rituale gewesen sein – zur Sicherung der Erfolgschancen bei der Jagd. In Gesellschaften, deren Ernährung in erheblichem Maße von Tieren abhing, waren solche Rituale gewiss von großer Bedeutung.

       Initiationszeremonien

      Andere Forscher haben darauf hingewiesen, dass viele der Hand- und Fußabdrücke, die neben Höhlengemälden entdeckt wurden, Kindern gehört haben müssen. Der Gang hinab in dunkle, feuchte und möglicherweise gefährliche Höhlen – mit nur einer Öllampe bewehrt – kann daher auch eine Initiationszeremonie, ein Art Mutprobe für Jugendliche gewesen sein.

       Begräbnisse und das Jenseits

      Weitere Hinweise auf religiöse und rituelle Praktiken der Menschen in der Altsteinzeit liefern Begräbnisse. In Dolní Věstonice (Tschechien) etwa wurden drei Körper, eine Frau zwischen zwei Männern, in sexueller Pose begraben: Des einen Hand lag auf ihrem Becken, der andere mit dem Kopf nach unten. Ihre Köpfe und das Becken der Frau waren mit roten Farbpigmenten (Ocker) besprenkelt. Interessanterweise weisen alle drei Körper dieselbe seltene Skelettdeformation auf; möglicherweise waren sie miteinander verwandt. Obwohl die Gründe für diese außergewöhnliche Anordnung wohl ein Rätsel bleiben werden, ist offensichtlich, dass es bei dieser Bestattung um mehr als nur das Begräbnis menschlicher Überreste ging.

      »Menschen sind überall und zu jeder Zeit dem ursprünglichen Instinkt gefolgt, sich und ihre Welt in Bildern und Symbolen darzustellen.«

      Jill Cook Ice Age Art (2013)

      An anderen Orten wurden Individuen zusammen mit zahlreichen »Grabbeigaben« beerdigt – wie dem Schmuck aus Dentalium-Muscheln in den italienischen Arene Candide oder den beeindruckenden Speeren aus Mammutelfenbein zweier Kinder im russischen Sunghir. Einige Archäologen nehmen an, dass solcherart reich geschmückte Individuen – insbesondere Kinder, die in ihrem kurzen Leben gewiss nicht die Möglichkeit hatten, eine Reputation zu erwerben, um das besondere Begräbnis zu rechtfertigen – bereits auf soziale Hierarchie- und Statusunterscheidungen in manchen Gruppen hinweisen. Sie scheinen sich allerdings erst viel später verbreitet zu haben. In jedem Fall beschäftigten sich die Menschen nun zunehmend mit dem Tod und dem Danach – sowie damit, wie Tote ins Jenseits gelangten.

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      Historiker sind bis heute nicht sicher, ob die Höhlenmalereien eine Bedeutung haben oder nicht. Sie könnten sowohl Ausdruck reiner Kunst als auch territorialer Markierungen, der Spiritualität sowie Initiationsriten

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