Lehrbuch der Liebe. Ein galantes Brevier für Damen und Herren. Robert Heymann
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Vorwort.
Lin Lehrbuch der Liebe kann und darf kein doktrinäres Gelehrtenbuch sein. Frisch, pulsierend, impulsiv und spontan soll es wirken. Darum möge der Leser keinen allzu kritischen Massstab an die Form, wohl aber an das Wort legen. Es soll lebendig sein. Die Liebe ist stark genug, tote Stimmen zum Leben zu wecken. Nie war eine Wahrheit eindringlicher als in der Liebe. Denn sie bleibt ewig gleich. Ihre Gesetze von gestern sind die Gewohnheiten von heute. Ihre Schwächen zu Babylon sind im 20. Jahrhundert so modern wie unter dem Sonnenkönig beliebt. Und August der Starke ist nicht tot, sondern nur in Verbannung. Ninon redet in allen Salons von Berlin W. mit beredten Zungen. Doch man missversteht sie. Hundert Maintenons der Neuzeit gehen auf ein Lot Liebe, und das Fräulein Poisson von gestern würde heute unter dem Pseudonym der „Pompadour“ ihre Romane schreiben, aber nicht erleben.
Solche Romane sind blutleer, und eine solche Kultur der Liebe geht an Entkräftung zugrunde. Ich habe weder die Absicht, eine Sittengeschichte zu schreiben, noch, steht mir der Sinn nach einem Roman im Stile des Petronius. Ich lasse die Geschichte sprechen. Ich rufe die Zeugenschaft der Zeit an. Und ich lasse zuguterletzt Venus selbst vor das Tribunal der Gegenwart laden, wo so viele öde Paragraphen zu Gericht sitzen über Sünden, die gar nicht existieren. — —
Ich habe mich, kurz gesagt, bemüht, eine geschickte Zusammenstellung der bedeutendsten Zeugen für eine Kulturgeschichte en miniature zu treffen, die ein Lehrbuch der Liebe ist. Und ich bin bestrebt, sie unter dem Signum einer Sehnsucht, die ich mit ungezählten dürstenden Menschen teile, zu einer modernen Weltanschauung zu gestalten.
Der Autor.
Einleitung.
Durch die Welt geht ein Sehnen wie ein gewaltiges Atemholen. Dürr, des On Goldschmucks aller Illusionen beraubt, steht den modernen Menschen der Park des Lebens, und die murmelnden Quellen ihrer Freuden sind versiegt. Oede liegen die Gärten der Schönheit, und düsterer denn je wächst aus dem eintönigen Grau des Pessimismus die Gestalt des Todes, der als hässliche Vorstellung durch unsere farbloser Tage schreitet.
Das kam so durch die Zeit der Technik und gewaltigen Erfindungen. Da der Menschengeist sich Beherrscher aller Elemente dünkt, hat er den Glauben an die Natur und an die Freude verloren. Lasst mich alle graue Theorie dieses Lebens, wie Ihr es zu Tausenden lebt, dahin zusammenfassen:
Ihr habt verlernt, zu lieben! Ihr greift zu Dutzenden von entnervenden Giften, doch den Becher der Lust, den das Leben Euch auf allen Wegen liebreich und verschwenderisch kredenzt, verschmäht Ihr!
Diesen Becher der Schönheit findet Ihr schal und ohne Reiz. Lasst mich singen, wie die Vielgeliebtesten das Leben schauten.
Als Dichter will ich Euch schauen lehren. Meine Philosophie ist so einfach, dass alle Weisheit darüber verstummen soll: Ich will Euch die Liebe lehren!
Ihr sollt mit mir schreiten durch die Wüsten Eures Lebens. Ich will aus dem Sande Eurer Weltanschauung Oasen der Schönheit zaubern. Ich will den Olymp zum Zeugen mrufen; die Schatten des goldenen Baalbek will ich zu neuem Leben erwecken; ich will Alkibiades, den Casanova der Antike, ich will Aspasia, Lais und Phryne zur Auferstehung rufen. Das Blut soll reden. Fredegunde, die Frankin, soll den Hass, Heloise die unsterbliche Liebe predigen. Das galante Jahrhundert soll marschieren, die Fahnenträger der Lust, Brantome, Beaumarchais, der Regent der Orleans, Richelieu und der fünfzehnte Ludwig an der Spitze! Cagliostro, der Spassmacher, soll die Revolution der Liebe einläuten, und die Pompadour möge als geschäftige Marketenderin des Eros mit verzuderten kleiner Herzen im Hirschpark hausieren gehen.
Eine Hexengeschichte der Liebe will ich schreiben. Eine Sinfonie der Lust, eine Historie der Seligkeit.
An die Pforten Eurer Sehnsüchte will ich klopfen; ich bin gewiss, sie werden mir aufgetan. Mögen die Geister, die ich eintreten lasse, an Eurem Blutstrom noch einmal lebendig werden und die Welt befruchten!
Was ist Riebe?
Die Liebe spricht:
„Ich bin die Natur, die Mutter des Alls, die Herrin aller Elemente, der Anfang der Zeit, die Fürstin der Götter, die Königin der Toten, die allererste Bewohnerin des Himmels, das gleichmässige Bild der Götter und Göttinnen. Ich bin die einzige Göttin, die in der ganzen Welt verehrt wird, unter vielen Formen, mit mannigfachen Bräuchen, unter verschiedensten Namen. Die Phönizier nennen mich Mutter der Götter, Venus von Paphos die Kyprer . . . .”
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Damals, als Apulejus also schrieb, zuckten die Opferflammen in allen Landen auf zu Ehren der Liebe.
Seither sind Jahrtausende vorübergerauscht. Die Liebe ist eine andere geworden, als sie gewesen ist.
Denn auch die Liebe wandelt sich mit den Zeiten, den Menschen, den Dingen.
Darum ist es Torheit, wenn Autoren versuchen, auf die Sittengeschichte der Alten die neue aufzupflanzen, sich wundern, wenn dies Reis nicht gedeiht.
Es gibt eine alte chaldäische Sage, uralt; aber noch heute glaubt man das lebendige Blut durch die herrlichen Gestalten von Erech rinnen zu hören.