Der Dreißigjährige Krieg (Teil 1-3). Ricarda Huch

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Der Dreißigjährige Krieg (Teil 1-3) - Ricarda Huch

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beiseite schiebend in ihr Gemach und beklagte sich, daß sie den Herzog absperre.

      Wie er sich erdreisten könne, so gröblich zu ihr hereinzufahren, herrschte sie ihn an. Sie solle ihn doch nicht für ihren Feind ansehen, sagte nun Ossenbruch, sie sei ein viel zu schönes Weibchen, als daß ein Mann sie hassen könne. Sie stehe ja auch so verlassen da, und wenn sie des Trostes bedürfe, möchte sie sich doch an ihn halten, er sei ein Mann für zehn Männer, er sei ein Fels, sie solle es nur mit ihm versuchen, und so weiter. Wie er ihr dabei zudringlich näher kam und sein dunstiger Atem sie streifte, rief sie, er sei betrunken und solle sie auf der Stelle verlassen, was er aber nicht für Ernst nahm; so schlug sie ihn mit der Hand in das gedunsene Gesicht und gebot den Dienern, die inzwischen herbeigeeilt waren, ihn fortzuschaffen.

      Hierüber kam es zu einem Streit mit Schenkern, der Genugtuung für den seinem Freunde zugefügten Schimpf forderte, während Jakobe verlangte, daß Ossenbruch bestraft und daß sie inskünftig vor ähnlicher Ungebühr gesichert würde. Es wundere ihn, sagte Schenkern, was für überspannte Prätentionen sie stelle, da sie doch ihre Pflichten als Gemahlin des Herzogs nicht erfülle, vielmehr ihren Mann einschließe, um allein zu herrschen, ihm auch nicht einmal einen Erben geboren habe, was ihn füglich veranlassen könnte, das unfruchtbare Bündnis aufzulösen, wofür es an Beispielen aus der alten und neuen Geschichte nicht fehle. Mit spöttischem Lächeln entgegnete Jakobe, er habe wohl vergessen, daß sie und ihr Gemahl der heiligen katholischen Kirche angehörten, welche die Ehescheidung nicht zulasse; solange sie am Leben sei, könne der Herzog nur Bastarde zeugen, wenn er überhaupt dazu fähig sei.

      Schenkern antwortete darauf nicht; denn es traf ihn, daß sie recht haben könnte: solange sie am Leben sei, würde er nichts Durchgreifendes ausrichten können. Es war in der Tat unwahrscheinlich, daß der Papst sich zur Scheidung der Ehe bereitfinden lassen würde; wollte er, Schenkern, den Herzog anderweitig vermählen, so müßte Jakobe sterben. Nachdem er sich dies eine kurze Zeit hatte durch den Kopf gehen lassen, schrieb er an den Doktor Solenander, der mit Giften wie mit Heilmitteln Bescheid wußte, weil es zum gemeinen Nutzen notwendig sei, solle er die Herzogin Jakobe, die den Tod vielfach aus diesen und jenen Gründen verdient habe, ganz heimlich mit einem geeigneten Gifte, das etwa einer Arznei oder den Speisen beigemischt werden könne, vergeben; zugleich ihn mit nicht ausbleibender schrecklicher Strafe bedrohend, falls er von dem heiklen Geschäft etwas ruchbar werden ließe.

      Solenander beantwortete dies Schreiben mit einem Briefe des Inhalts: Einem Arzte, der im Namen Gottes die Kunst, zu heilen und die Menschen an Leib und Leben zu fördern, ausübe, sei es desto schändlicher, seine Wissenschaft zum Zwecke des Mordes zu benützen, und weder die Furcht vor Rache noch die Gier nach Belohnung würde ihn je dazu bewegen, sich an irgend jemandem, geschweige an der Herzogin zu vergreifen. Habe dieselbe eine Schuld auf sich geladen, so sollten Richter, denen es zustehe, darüber erkennen; er sei aber der Meinung, wenn er auch den Staatsgeschäften fernstehe, daß sie sich kein so barbarisches Urteil mit Recht zugezogen habe, da vielmehr, selbst wenn sie aus Jugend und Unbedacht sich einmal verfehlt hätte, die traurige und höchst schwierige Lage, in die sie unvorbereitet geraten sei, sie von jedem Vorwurf freisprechen müsse.

      Nicht ohne Besorgnis betrachtete Solenander seitdem die Herzogin, die er von dem Mordwillen eines fast allmächtigen Mannes umkreist wußte, und er sann vergeblich, wie sie aus dem Feuergürtel, der sie umzüngelte, zu retten sei. Das gefährliche Geheimnis jemandem anzuvertrauen, wagte er nicht; es hätte wohl auch nicht einmal ein Fürst den Gewalthaber, der den Kaiser und sogar den König von Spanien hinter sich hatte, auf das bloße Zeugnis eines an einen Arzt gerichteten Briefes zu stürzen unternehmen dürfen. Gelegentlich ließ er ein warnendes Wort gegen Jakobe fallen, sie solle doch Nachgiebigkeit und Vorsicht üben, da sie bei der traurigen und leider unheilbaren Krankheit des Herzogs einer Witwe gleichzustellen und schutzlos den grausamen Unbilden des Lebens preisgegeben sei; aber sie lachte ihn aus in der Meinung, Gott sei ihres Rechtes und ihrer guten Absicht bewußt und werde sie so oder so am Ende zum Triumphe führen.

      Indessen hatte Schenkern beschlossen, da Solenander versagte, die Herzogin durch die Anklage auf ein Kapitalverbrechen zu stürzen, und war eifrig bemüht, den Stoff dazu zusammenzubringen. Deshalb näherte er sich allmählich der Sibylle, die kümmerlich und sorgenvoll als eine freiwillig Gefangene im Schlosse lebte und sich gegen jedermann beklagte, daß die Schwägerin sie nicht zu ihrem Bruder lasse und daß sie seit dem Tode ihres Vaters verachtet und verstoßen in steten Ängsten leben müsse. Er hinterbrachte ihr, wie das Unkraut der Ketzerei im Lande fortwuchere, da es nicht ausgereutet werde, sondern unter dem Schutze der Herzogin sich frech ausspreizen könne; wie die protestantischen Fürsten sich schon als Herren gebärdeten und wie man ihr, der Sibylle, zu guter Letzt auch noch einen ketzerischen Gemahl aufzwingen werde.

      Das solle niemals geschehen, sagte Sibylle, lieber wolle sie unter ausgesuchten Martern sterben; sie habe es aber auch schon bemerkt, daß man sie herumzukriegen hoffe.

      Wenn sie nur eine Stütze an ihrem Bruder hätte, sagte Schenkern. Es sei doch wunderlich, wie Jan Wilhelm vor der Hochzeit ein so gesunder, frommer und trefflicher Herr gewesen sei und wie mit dem Einzuge der Jakobe das Unwesen seinen Anfang genommen habe.

      Niemals habe sie ihr trauen mögen, sagte Sibylle; schaurig sei es ihr über die Haut gelaufen, als sie sie zuerst erblickt habe, und auch ihr armer Bruder habe oft wunderliche Reden über sie geführt, wenn er sich auch nicht offen herausgetraut hätte, da er offenbar von ihr verstrickt und verzaubert gewesen sei. Daß sie ihm niemals mit rechter ehelicher Liebe zugetan gewesen sei, könne sie, Sibylle, genugsam beweisen; was für Teufeleien sie mit ihm und ihnen allen vorhabe, wisse keiner genau, und es sei wohl angezeigt, sich rechtzeitig in Defension zu setzen. Es hielt nicht schwer, die Prinzessin in der Überzeugung zu bestärken, es werde nicht eher gut, als bis Jakobe mit ihren Teufelskünsten fortgeräumt sei; dann erst werde es mit der Religion, dem Herzog und dem ganzen Lande wieder in den alten Flor kommen. Als eine fleißige Schreiberin setzte Sibylle die Punkte auf, durch welche ihre Schwägerin sich von Anfang an verdächtig gemacht habe, ging sie mit Schenkern durch, der noch dies und jenes hinzusetzte, und gab das Versprechen, vor Gericht alles mündlich zu wiederholen und zu bekräftigen, wenn der Prozeß nur stracks angezettelt und eifrig gefördert würde.

      Bald danach kam Herr von Bongart in großer Erregung zu Jakobe: Schenkern habe allen Ständen, Beamten und herzoglichen Dienern angezeigt, der Herzog werde unter dem Vorgeben, daß er krank sei, von seiner Gemahlin in gefängnishafter Einsperrung gehalten; niemand solle ihr bei Strafe Leibes und Lebens mehr dienen, er wolle den Herzog befreien, damit die Untertanen ihres rechtmäßigen Herrn wieder genießen könnten. Jakobe solle nicht meinen, daß dies nur leere Drohungen wären; man munkle schon, daß auf ein gegebenes Zeichen die Spanier einfallen und eine neue Bartholomäusnacht veranstalten würden, welcher keiner entrinnen sollte, der reformierten Glaubens sei oder sich Schenkern widersetzen würde. Die Herzogin müsse sich nun entscheiden, ob sie es mit ihnen halten wolle, so wollten sie auch Gut und Blut an ihre Rettung wagen. Sie solle ihrem Glauben in Frieden anhängen und ihn im Schlosse ausüben, ebenso sollten ihre Glaubensgenossen, sofern sie sich bescheiden hielten, vor gewaltsamer Bedrängung sicher sein; doch müsse sie ihrerseits den Reformierten ihren Glauben und sonstige Rechte verbürgen und ihnen Sicherheit gegen die Spanier und Jesuiten geben. Sie wollten sich jetzt mit ihrem fürstlichen Wort zufriedenstellen, weil Gefahr im Verzuge sei, später, wenn sie erst freie Hand vor den Tyrannen hätten, könne der Vertrag im einzelnen ausgemacht werden.

      Nein, rief Jakobe aufflammend, sie kennten sie schlecht, wenn sie glaubten, daß sie etwas zur Verkleinerung ihrer Religion unternehmen würde. Dann würde Gott freilich die Hand von ihr abziehen, wenn sie Land und Leute den Ketzern auslieferte. Sie wolle mit Hilfe Gottes und auf seine Gerechtigkeit bauend aller ihrer Feinde Herr werden. Davon war sie nicht abzubringen, so daß Bongart nach langer vergeblicher Unterredung mit düsterer Miene das Schloß verließ.

      Jakobe meinte im Schlosse sicher wie in einer Festung zu sein; als aber die Dunkelheit des Abends hereinbrach und sie vom Rhein her ein Plätschern und Rauschen zu hören glaubte, wurde ihr

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