Die bekanntesten Werke von Edgar Allan Poe (100 Titel in einem Band). Эдгар Аллан По

Чтение книги онлайн.

Читать онлайн книгу Die bekanntesten Werke von Edgar Allan Poe (100 Titel in einem Band) - Эдгар Аллан По страница 35

Die bekanntesten Werke von Edgar Allan Poe (100 Titel in einem Band) - Эдгар Аллан По

Скачать книгу

Syrien je an Wein gebracht!«

      »Hören Sie die Trompetenfanfaren?«

      »Ja, der König kommt. Sehen Sie! Das Volk ist außer sich vor Begeisterung, sie erheben ihre Augen verzückt gen Himmel. Er kommt, er naht! Da ist er!«

      »Wer? Wo? Der König? Ich kann ihn nicht erblicken, – kann wirklich nicht behaupten, daß ich ihn sehe.«

      »Dann müssen Sie blind sein.«

      »Wohl möglich. Ich sehe aber wirklich nichts als eine tumultuarische Menge von Idioten und Irrsinnigen, die sich vor einer riesigen Giraffe in den Staub werfen und sich um eine Berührung ihrer Hufe bemühen. Sehen Sie. Eben hat die Bestie einen aus dem Schwarm niedergetreten – noch einen – und noch und noch einen. Ich muß das Tier tatsächlich wegen des geschickten Gebrauchs bewundern, den es von seinen Füßen macht.«

      »Dieser Pöbelhaufe. Aber das sind ja die edlen, freien Bürger von Epidaphne! Bestie, sagten Sie? Nehmen Sie sich in acht, daß niemand dies Wort vernimmt. Sehen Sie nicht, daß das Tier ein Menschenantlitz trägt? Mein Lieber, dieser ›Kamelopard‹ ist niemand anders als Antiochus Epiphanes – Antiochus der Große, König von Syrien, der mächtigste aller orientalischen Autokraten. Es ist nicht zu leugnen, daß man ihn auch manchmal Antiochus Epimanes (Antiochus den Tollen) nennt, aber das liegt nur daran, daß nicht alle Menschen fähig sind, seinen Verdiensten Gerechtigkeit widerfahren zu lassen. Man muß auch zugestehen, daß er sich augenblicklich in einer Tierhaut verbirgt und sich alle Mühe gibt, die Rolle eines Kameloparden zu spielen; aber das tut er nur, um seine Königswürde mehr zu betonen. Im übrigen ist der König von riesenhafter Gestalt, und darum ist für ihn diese Tracht weder zu groß noch unvorteilhaft. So können wir uns also darauf verlassen, daß er sie nur angenommen hat, um bei einer besonderen Gelegenheit außergewöhnlich prunkvoll aufzutreten. Sie werden doch zugeben, daß die Niedermetzelung von tausend Juden ein würdiger Anlaß dazu ist. Wie hoheitsvoll und würdig wandelt der Monarch auf allen vieren dahin! Sie bemerken, daß seine zwei Lieblingskonkubinen, Elline und Argelais, seinen Schwanz hoch halten. Seine ganze Erscheinung wäre unendlich einnehmend, wenn nicht die Augen so aus dem Kopfe hervorquellen würden und das Gesicht nicht eine so unbeschreiblich widerliche Farbe zeigte – eine Folge des im Übermaß genossenen Weines. Wir wollen ihm zum Hippodrom folgen und dem Triumphgesang lauschen, den er anstimmt:

      Wer herrscht außer Epiphanes?

       Sagt es mir doch.

       Wer herrscht außer Epiphanes?

       Hurra! Hoch!

       Keiner außer Epiphanes

       Im Weltenhaus!

       So reißt die Tempel nieder,

       Und löscht die Sonne aus!

      Schön und wacker gesungen. Die Volksmenge ruft ihm ›Fürst der Dichter‹ ›Ruhm des Ostens‹, ›Wonne des Weltalls‹, ›wunderherrlichster Kamelopard‹ zu. Sie haben nach einer Wiederholung seines Gesanges verlangt, und – hören Sie? er singt ihn noch einmal. Sobald er am Hippodrom angelangt sein wird, wird man ihn mit dem Dichterkranz schmücken, dem Vorläufer des Kranzes, der ihn nach seinem Siege bei den nächsten olympischen Spielen schmücken wird.«

      »Aber, beim Zeus, was ist denn in der Menge hinter uns für eine Bewegung?«

      »Hinter uns, sagten Sie? O ja! Ich sehe. Es ist gut, mein Freund, daß Sie mich beizeiten darauf aufmerksam machten. Lassen Sie uns schnell ein Planchen gewinnen, wo wir uns in Sicherheit befinden. Verstecken wir uns hier im Bogen dieses Aquädukts, und ich will Sie dort gleich über die Ursache dieser Verwirrung aufklären. Es ist genau so gekommen, wie ich voraussah. Die seltsame Erscheinung der Giraffe mit dem Menschenkopf hat, wie es scheint, das Anstandsgefühl der in der Stadt gezähmten wilden Tiere beleidigt. Die Folge ist ein Aufruhr; und, wie immer bei solchen Gelegenheiten, ist Menschenmacht nicht imstande, die aufständische Menge zu beruhigen. Schon sind mehrere Syrier zerrissen, aber die allgemeine Stimmung scheint bei den vierfüßigen Patrioten dahin zu gehen, die Giraffe aufzuspeisen. Der ›Fürst der Dichter‹ hat sich daher, um sein Leben zu retten, auf seine Hinterfüße erhoben. Seine Höflinge haben ihn im Stiche gelassen, seine Konkubinen sind diesem edlen Beispiele gefolgt. Dein Zustand ist traurig, ›Wonne des Weltalls‹. Du bist in Gefahr, zerfleischt zu werden, ›Ruhm des Ostens‹. Darum sieh nicht so jammervoll nach deinem Schwanze, er wird ja doch unzweifelhaft durch den Kot gezogen werden, dagegen gibt es nun kein Mittel. Sieh dich nicht um und bekümmere dich nicht um seine unvermeidbare Erniedrigung. Faß dir ein Herz, setze kräftig deine Beine in Bewegung, und fort zum Hippodrom. Vergiß nicht, daß du Antiochus Epiphanes – Antiochus der Große bist und außerdem ›Fürst der Dichter‹, ›Ruhm des Ostens‹, ›Wonne des Weltalls‹, ›der wunderherrlichste Kamelopard‹. Himmel, welche Schnelligkeit du entwickelst. Welche Vollendung in der Kunst des Ausreißens. Gib Fersengeld, Fürst! – Bravo, Epiphanes! – Herrlich hinausgeführt, Giraffe! – Ruhmvoller Antiochus. Er rennt, er springt, er fliegt! Gleich einem vom Katapult geschleuderten Pfeile saust er dem Hippodrom zu! Ein letzter Satz! Ein Schrei! Es ist erreicht! Ein Glück für dich,d^enn hättest du, o ›Ruhm des Ostens‹, auch nur eine halbe Sekunde später die Pforten des Amphitheaters erreicht, so wäre in ganz Epidaphne auch nicht ein Bärenbengel gewesen, der sich nicht ein Mäulchen voll von deinem Kadaver geleistet hätte. Nun aber vorwärts! Wir wollen das Feld räumen, denn unsere empfindlichen modernen Ohren sind außerstande, das lärmende Tosen zu ertragen, das sogleich die Jubelfeier der Königsbefreiung einleiten wird! Horch! Schon beginnt der Lärm. Sehen Sie, die ganze Stadt ist drüber und drunter.«

      »Epidaphne scheint wahrlich die volksreichste Stadt des Ostens zu sein! Welch ein Menschengewimmel! Welch ein Wirrwarr von allen Ständen und Altersklassen! Welche unzähligen Völker und Sekten! Welche Verschiedenheit in den Trachten! Was für ein babylonisches Sprachgewirr! Und dies Tiergebrüll! Dies Durcheinanderklingen von Instrumenten! Welch ein Haufe von Philosophen!«

      »Nun aber fort!«

      »Noch einen kurzen Augenblick! Ich höre dort im Hippodrom wilden Lärm, was kann denn dies schon wieder bedeuten?«

      »Nichts Besonderes! Die edlen und freien Bürger Epidaphnes, die, wie sie behaupten, so sehr mit der Treue, dem Mut, der Weisheit, der Göttlichkeit ihres Königs zufrieden sind und überdies soeben Augenzeugen seiner übermenschlichen Behendigkeit waren, halten es für ihre Pflicht, zum mindesten die königliche Stirn des Herrschers neben der Dichterkrone auch noch mit dem Siegeskranz, dem Preis im Wettlauf, zu schmücken. Diese Auszeichnung muß ihm ja doch bei den nächsten olympischen Spielen zufallen, und so wird sie ihm schon heute in sicherer Voraussicht zukünftigen Sieges überreicht.«

      Ligeia

       Inhaltsverzeichnis

      Und es liegt darin der Wille, der nicht stirbt. Wer kennt die Geheimnisse des Willens und seine Gewalt? Denn Gott ist nichts als ein großer Wille, der mit der ihm eigenen Kraft alle Dinge durchdringt. Der Mensch überliefert sich den Engeln oder dem Nichts einzig durch die Schwäche seines schlaffen Willens.

       Josef Glanvill

      Bei meiner Seele, ich kann mich nicht erinnern, wie, wann und wo ich die erste Bekanntschaft machte – der Lady Ligeia. Lange Jahre sind seitdem verflossen, und mein Gedächtnis ist schwach geworden durch vieles Leiden. Vielleicht auch kann ich mich dieser Einzelheiten nur darum nicht mehr erinnern, weil der Charakter meiner Geliebten, ihr umfassendes Wissen, ihre eigenartige und doch milde Schönheit und die überwältigende Beredsamkeit ihrer sanft tönenden Stimme – weil

Скачать книгу