Gesammelte Werke von Cicero. Марк Туллий Цицерон

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Gesammelte Werke von Cicero - Марк Туллий Цицерон

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der Verwerfung der Richter meine Sorgfalt über die Unverschämtheit der Gegner – da wurde der ganze Kontrakt aufgekündigt. (17) Es war eine herrliche Geschichte. Verzeichnisse eurer Namen und des ganzen Gerichtshofes waren in aller Händen. Kein Merkzeichen, so schien es, keine Farbe und kein Fleckchen konnte den Urteilssprüchen ausgeschmiert werden: die muntere Fröhlichkeit des Verres verwandelte sich in tiefe Melancholie, so daß er nicht nur in den Augen der römischen Gesellschaft, sondern auch in seinen eigenen bereits verurteilt schien. Da plötzlich, nach Verlauf weniger Tage, in denen die Konsularwahlen stattfanden, wird mit Hilfe einer noch bedeutenderen Summe als früher der Versuch gemacht, jenes erste Richterkollegium wieder einzusetzen; dieselben Menschen schicken sich zu denselben Kabalen gegen eure moralische Existenz und gegen allgemein geordnete Verhältnisse von neuem an. Das merkten wir zuerst an ganz winzigen, delikaten Anzeichen; sobald aber einmal dem Verdachte Raum gegeben war, gingen wir weiter und gelangten bald mit untrüglicher Sicherheit zu all ihren geheimsten Machinationen.

      VII. (18) Als nämlich Hortensius zum Konsul gewählt war, begleitete ihn eine ungeheure Menschenmasse in geschlossenem Zuge vom Wahlplatze nach Hause; da begegnete ihnen zufällig Gaius Curio – den ich hier übrigens nicht um der Schande, sondern um der Ehre halber genannt haben möchte. Ich will nämlich aussprechen, was der Mann, wenn er nicht erwähnt sein wollte, selber geäußert hätte, zwar nicht vor einer so großen Versammlung, doch immerhin nicht weniger offen und unverhohlen. Indessen will ich mich dabei mit aller möglichen Vorsicht ausdrücken, damit man die Rücksicht merke, die ich unserer Freundschaft wie seiner Persönlichkeit angedeihen lasse. (19) Sie waren gerade beim Fabiusbogen 37 angelangt, da sieht er unter der Masse den Verres. Er ruft ihn an und wünscht ihm mit weithin schallender Stimme Glück zu seinem Siege; den Hortensius selbst, also den eben gewählten künftigen Konsul und die ganze Schar seiner natürlich ebenfalls anwesenden Verwandten und Hausfreunde würdigt er keines Wortes, dagegen den Verres nimmt er beiseite, umarmt ihn und redet ihm zu, jetzt ohne Sorgen zu sein. »Ich verkünd es dir,« so spricht er, »durch die heutigen Wahlen bist du freigesprochen.« – Diese Worte wurden auch von vielen hochanständigen Leuten vernommen und mir daher sofort hinterbracht; ja, man kann sagen, wer mich sah, erzählte mir den Vorgang. Einige fanden es unwürdig, andere lächerlich; lächerlich diejenigen, welche die Chancen des Verres auf zuverlässige Zeugen, auf die Motivierung seiner Handlungsweise, auf die Bedeutung der Richter, nicht aber auf die Konsularwahlen basiert glaubten; dagegen unwürdig fanden es die tiefer blickenden, die sich sagten, daß jene Glückwünsche auf eine bevorstehende Bestechung des Gerichtshofes hindeuteten. (20) Denn so dachten diese ehrenfesten Personen (und es blieb nicht bloß beim Denken, sondern so sprachen sie sich untereinander und mir gegenüber aus): »Allmählich ist es so weit gekommen, daß man sagen kann, wirkliche Gerichtshöfe giebt es gar nicht mehr. Ein Mensch, der sich noch gestern selber als verurteilt ausgab, weiß sich heute freigesprochen, weil sein Verteidiger zum Konsul gewählt worden ist!«

      So? Und wenn ganz Sicilien, alle Sicilianer, alle Großindustriellen, alle Privat- und Gemeindeakten jetzt in Rom sind, soll das gar nichts zu bedeuten haben? – »Nein, nichts, wenn es der designierte Konsul nicht will.« – Aber sollen denn die Anklagen, die Belastungszeugnisse, die öffentliche Meinung Roms von den Richtern gar nicht berücksichtigt werden? – »Nein. Alles hängt von dem Belieben eines einzigen maßgebenden Mannes ab.« – VIII. Aufrichtig gesprochen, meine Herren, die Sache ging mir gewaltig zu Herzen. Die ersten Männer Roms erklärten mir: »Dein Fang wird dir entrissen, aber wir behalten die Gerichte nicht länger. Denn wenn ein Verres erst freigesprochen ist, wer kann da die Übertragung der Gerichtsbarkeit ablehnen?« – Es war schlimm für alle; und worüber man sich aufregte, das war nicht eigentlich die plötzliche Freude des verkommenen Gesellen, sondern der frische Glückwunsch einer so hochstehenden Persönlichkeit. Ich bemühte mich, meinen Ärger darüber nicht merken zu lassen; ich nahm mir vor, meinen Seelenschmerz hinter heiteren Mienen zu verbergen und durch tiefe Schweigsamkeit zu verheimlichen. Da wird mir – es war gerade in jenen Tagen, wo die neuen Prätoren ausgelost wurden und Marcus Metellus mit der Prätur die Aufgabe erhielt, den Prozeß wegen der Erpressungen einzuleiten – da also wird mir gemeldet, Verres sei dermaßen mit Glückwünschen überschüttet worden, daß er eigens Boten nach Hause schickte, um seine Frau davon zu benachrichtigen. (22) Ich muß gestehen, auch das that mir leid; aber warum ich über das Wahlresultat so furchtbar hätt' erschrecken sollen, das vermocht ich nicht einzusehen. Nur folgendes meldeten mir zuverlässige Personen, mit deren Hilfe ich alles in Erfahrung brachte. Eine Anzahl Kassen mit sicilianischem Gelde waren von einem gewissen Mitglieds des Senates ins Haus eines römischen Ritters geschafft worden; von diesen Kassen wurden zehn Stück dem Senatsmitgliede wieder zugestellt, mit der Bestimmung »zu Wahlwecken;« bei Nacht wurden die Leute aus allen Wahlbezirken, die das Geld an die Wähler austeilen sollten, in Verres' Haus beschieden. (23) Einer von diesen Männern, zufällig einer, der für mich alles thun zu müssen glaubte, kam noch in derselben Nacht zu mir. Er machte mir klar, was Verres für Reden führte: Verres habe ihnen zu Gemüte geführt, wie freigebig er sie schon früher traktiert hätte, gelegentlich seiner eigenen Bewerbung um die Prätur, und erst neulich bei den Wahlen der Konsuln und Prätoren; darauf hab er ihnen sofort Geld versprochen, so viel sie nur begehrten, wenn sie nur meine Wahl zum Polizeimeister verhindern würden. Hierauf hätten einige gesagt, das ginge nicht; andere hätten geantwortet, sie hielten es kaum für durchführbar; endlich hätte sich ein starker Helfer gefunden, ein Mensch aus derselben Familie wie der Angeklagte, Freund und Schüler von dessen Vater, Quintus Verres, aus dem romilischen Bezirk, also aus der hohen Schule der Wahlgeldverteiler: der hätte gegen Hinterlegung einer halben Million Sesterzen 38 die Ausführung versprochen, und schließlich hätten sich auch einige gefunden, die sich bereit erklärten, bei dem Unternehmen hilfreiche Hand zu leisten. Unter diesen Umständen, meinte der herzensgute Mann, könnt er mich nur zur alleräußersten Vorsicht mahnen. – VIIII. (24) Die ernstesten Dinge stürmten damals in einer kurzen Spanne Zeit auf mich ein. Schon drängten die Wahlen: gewaltige Geldsummen führte man in ihnen gegen mich ins Feld. Zugleich nahte der Gerichtstermin: auch ihm drohten die Kassen aus Sicilien. Für den Prozeß alle nötigen Vorbereitungen mit Ruhe und Umsicht zu treffen verhinderte mich der Gedanke an die Wahlen; meine ganze Geistesthätigkeit auf die Wahlen zu konzentrieren, verbot mir der Prozeß. Endlich gegen die Wahlgeldverteiler mit Drohungen vorzugehen, wäre unvernünftig gewesen, weil sie, wie ich wohl merkte, die Fesseln kannten, die dieser Prozeß mir an alle Glieder legen würde. (25) Und gerade in diesem Moment bringt man mir folgende Nachricht: die Sicilianer erhielten von Hortensius die Aufforderung, sich zu einer Beratung in sein Haus zu begeben; sie bewahrten aber ihre Selbständigkeit und, nachdem sie den wahren Zweck der Einladung erkannt, lehnten sie sie einfach ab. Inzwischen rückte der Tag meiner Wahlen heran; Verres hielt sich, wie bei allen Wahlen dieses Jahres, für den unumschränkten Herren der Situation. Er machte sich auf den Weg, der einflußreiche Herr, und lief mit seinem reizend liebenswürdigen Sohne rings in den Wahlbezirken herum; seine alten Freunde vom Vater her, das heißt also die Geldausteiler, sucht' er sämtlich auf und beriet mit ihnen das weitere. Nachdem man dies bemerkt und im Volke verbreitet hatte, setzte Roms Bürgerschaft mit herzlicher Freude durch, daß die Schätze des Verres mir in meiner Amtscarriere ebensowenig schadeten wie sie vorher meinem makellosen Charakter etwas anhaben konnten. – (26) Kaum war ich von all der Sorge um die Wahl befreit, so nahm ich meine Kräfte zusammen, um sie nun, mit bedeutend erleichtertem Sinn, ausschließlich dem Prozesse zu widmen. Da find ich denn zunächst bei meinen Gegnern den Feldzugsplan dahin entworfen, mit Aufgebot aller Mittel müsse die Sache derartig gelenkt werden, daß der Prozeß unter dem Prätor Marcus Metellus, also erst nach Ablauf des gegenwärtigen Amtsjahres, zur Verhandlung käme. Dies bot ihnen unabsehbare Vorteile: erstens war Marcus Metellus ihr intimster Freund; dann war nicht nur Hortensius Konsul, sondern neben ihm auch Quintus Metellus, dessen freundschaftliche Verbindung mit dem Angeklagten euch sofort klar werden soll. Er gab ihm nämlich ein Vorzeichen seiner eigenen Gesinnung in solcher Weise, daß sie für den Angeklagten einer günstigen Vorentscheidung gleichbedeutend war. (27) Oder soll ich etwa diese Vorgänge mit Stillschweigen zudecken? Traut man mir das ernstlich zu? Wenn die Gesundheit unseres Staatswesens und meine ganze moralische Existenz auf dem Spiele stehen, soll ich da an irgend etwas anderes denken als an meine Pflicht und mein Ehrgefühl? – Also man höre. Der eine von den beiden designierten

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