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dieß wirkte natürlich sehr störend auf Pfeiffer's Gemüth ein. Er sah sich überall in seinen Arbeiten und Bestrebungen gehemmt und durchkreuzt und was er sonst mit Eifer und Vergnügen betrieb, verursachte ihm jetzt Mißmuth und Aerger. Seine Thätigkeit verlor sich endlich zum Theil, und was er arbeitete, das brachte ihm entweder sehr geringen oder gar keinen Nutzen. Dadurch wurden die Lebens-Verhältnisse des Pfeiffer'schen Ehepaares alle Tage kritischer. Dr. Pfeiffer hatte wohl früher als tüchtiger Advokat in Lemberg eine bedeutende Einnahme gehabt; aber er liebte es auf großem Fuße zu leben, hielt Wagen und Pferde, führte gute Tafel und dachte nie daran, für die Zukunft zu sorgen. Viele Leute, die seine Großmuth kannten, benutzten ihn, indem sie ihm Geld abborgten. So schwand auch Ida's väterliches Erbe durch einen Freund Pfeiffer's, dem man aus der Klemme helfen wollte. Er fallirte trotz der Hilfe und alles war verloren.

      Nachdem Dr. Pfeiffer vergeblich gesucht hatte in Wien Beschäftigung zu erhalten, kehrte er mit seiner Frau nach Lemberg zurück, kam später wieder nach Wien und versuchte endlich sogar sein Glück in der Schweiz, wo er geboren, aber nur die ersten Jahre seines Lebens geblieben war. Es wollte ihm jedoch nirgends gelingen und die Noth, die bittere Noth klopfte an die Pforte dieser Familie.

      „Gott allein weiß, was ich durch achtzehn Jahre meiner Ehe litt!“ ruft Ida Pfeiffer aus. „Nicht durch rohe Behandlung von Seite meines Mannes, sondern durch die drückendsten Lebens-Verhältnisse, durch Noth und Mangel! Ich stammte aus einem wohlhabenden Hause, war von frühester Jugend an Ordnung und Bequemlichkeit gewöhnt, und nun wußte ich oft kaum, wo ich mein Haupt niederlegen, wo das Bischen Geld hernehmen sollte, um mir nur das höchst Nöthige anzuschaffen. Ich verrichtete alle Hausarbeiten, ich fror und hungerte, ich arbeitete im Geheimen für Geld, ich ertheilte Unterricht in Zeichnen und Musik, und doch trotz aller Anstrengungen gab es oft Tage, an welchen ich meinen armen Kindern kaum etwas mehr als trockenes Brot zum Mittagessen vorzusetzen hatte!“

      „Allerdings hätte ich bei meiner Mutter oder bei meinen Geschwistern Unterstützung suchen und finden können; allein dagegen empörte sich mein Stolz. Jahre lang kämpfte ich mit der Noth und verheimlichte meine Lage; oft war ich der Verzweiflung so nahe, daß mich nur noch der Gedanke an meine Kinder aufrecht erhielt. Endlich brach das Uebermaß der Leiden meinen Sinn und ich nahm verschiedene Male die Hilfe meiner Brüder in Anspruch.“

      Ida Pfeiffer hatte zwei Söhne. Eine Tochter war einige Tage nach der Geburt gestorben. Die Erziehung der Söhne fiel ganz der Mutter zu, und da der jüngere viel Talent für Musik zeigte, so gab sie sich besondere Mühe mit ihm, um seine guten Anlagen auszubilden.

      Im Jahre 1831 starb die alte Frau v. Reyer, während der langen Krankheit, die ihrem Tode voranging, von ihrer gerade in Wien weilenden Tochter sorgsam gepflegt. Ida begab sich nach dem Tode ihrer Mutter abermals nach Lemberg, von wo Dr. Pfeiffer neuerdings über sichere Aussichten auf eine passende Beschäftigung schrieb. Der nunmehr 60jährige Mann lebte aber nur immer in Illusionen — ein einfaches Versprechen genügte, um ihn mit größtem Vertrauen in die Zukunft zu erfüllen. Als daher Ida das schwankende dieser Verhältnisse noch einmal während zwei Jahren genau erfahren hatte, kehrte sie wieder nach Wien zurück, wo es ihr wenigstens leichter war, ihren Söhnen eine ordentliche Erziehung zu geben.

      Durch den Tod ihrer Mutter hatte sie zwar kein großes Vermögen, aber doch so viel geerbt, daß sie anständig leben und ihren Kindern ordentliche Lehrer halten konnte. 1835 siedelte sie definitiv nach Wien über, während Dr. Pfeiffer in Lemberg blieb, wohin ihn Gewohnheit und die Neigung für seinen dort angestellten Sohn aus erster Ehe zog. Nur von Zeit zu Zeit kam er nach Wien, um Frau und Kinder zu sehen.

      Bei einer Reise, welche Ida Pfeiffer mit ihrem jüngeren Sohne nach Triest machte, um denselben dort Seebäder nehmen zu lassen, sah sie zum ersten Male das Meer. Der Eindruck, den die See auf sie machte, war überwältigend. Die Träume ihrer Jugend tauchten mit den imposantesten Bildern ferner, noch unbekannter Länder voll fremdartiger, üppiger Vegetation auf. Eine kaum zu bewältigende Reiselust erwachte in ihr, und gerne hätte sie das erste Schiff bestiegen, um hinauszufahren in das unermeßliche, geheimnißvolle Meer. Nur die Pflicht gegen ihre Kinder hielt sie zurück; doch fühlte sie sich glücklich, als sie Triest wieder verlassen konnte und der Karst zwischen ihr und der See lag; denn die Sehnsucht nach der weiten Welt hatte in der Seestadt wie ein Alp auf ihrer Brust gelegen.

      Als sie wieder nach Wien in ihr ruhiges Alltags-Leben zurückgekehrt war, beschäftigte sie fortwährend der Wunsch, daß sie so lange bei Kraft bleiben möge, bis ihre Söhne selbstständig und auf das eigene Wissen gestützt sich in der Welt bewegen könnten. Dieser Wunsch wurde ihr erhört. Ihre Söhne wuchsen kräftig heran und wurden in ihrem Berufe wackere Männer.

      Die vollendete Erziehung und gesicherte Stellung beider gab Ida Pfeiffer wieder sich selbst und ihren Reise-Gedanken zurück. Das alte Projekt, die Welt zu sehen, tauchte neuerdings auf und fand nun in den Gründen der Vernunft und Pflicht keinen Widerstand mehr. Viel beschäftigte sie die Idee, wie sie allein eine größere Reise ausführen werde — denn allein mußte sie reisen, da ihr Mann schon zu alt war, um die Strapazen eines derartigen Unternehmens zu ertragen, und die Söhne ihrem Berufe nicht auf längere Zeit entrissen werden konnten. Auch die Geldfrage gab viel Stoff zum Nachdenken. Die Länder, welche sie besuchen wollte, hatten weder Gasthöfe noch Eisenbahnen, durch deren Abwesenheit der Reisende zu viel bedeutenderen Ausgaben genöthigt ist, da er alles, dessen er bedarf, mit sich führen muß. Und über viel Geld hatte Ida Pfeiffer, nachdem sie einen Theil ihres mütterlichen Erbe zur Erziehung ihrer Söhne verwendet, nicht zu verfügen.

      „Doch war ich bald über diese wichtigen Punkte mit mir einig,“ schreibt sie in ihrem Tagebuche. „Was den ersten anbelangt, daß ich als Frau allein in die Welt hinaus wollte, so verließ ich mich auf meine Jahre (ich zählte deren schon 45), auf meinen Muth und auf die Selbstständigkeit, die ich in harter Schule des Lebens erlangt hatte, als ich nicht nur für mich und meine Kinder, sondern auch mitunter für meinen Mann sorgen mußte. In Betreff des Geldpunktes war ich zur größten Sparsamkeit entschlossen. Unbequemlichkeiten und Entbehrungen schreckten mich nicht. Ich hatte ja deren schon genug und zwar gezwungen ertragen; wie viel leichter mußten die freiwillig aufgesuchten mit einem bestimmten Ziel vor Augen, zu ertragen sein!“

      Eine andere Frage, nämlich: Wohin? war auch bald beantwortet, da zwei Projekte die Gedanken der Reiselustigen von Jugend auf beschäftigten — eine Nordpol-Fahrt und eine Reise in das heilige Land. Der Nordpol zeigte trotz aller magnetischen Anziehungskraft bei näherer Ueberlegung unüberwindliche Schwierigkeiten. Es blieb daher das „heilige Land.“ Als sie indeß ihren Freunden von ihrem Wunsch, Jerusalem zu besuchen, erzählte, wurde sie einfach als Närrin, als überspannte Person behandelt und niemand schien ein solches Unternehmen ihr im Ernst zuzutrauen.

      Nichtsdestoweniger beharrte sie bei ihrem Entschluß, verheimlichte aber das eigentliche Ziel der Reise, indem sie erklärte, sie werde eine Freundin in Konstantinopel, mit der sie seit langer Zeit in lebhafter Korrespondenz stand, besuchen. Sie zeigte niemanden ihren Paß und keiner von denjenigen, die von ihr sich verabschiedeten, ahnte ihr eigentliches Ziel. Am schwersten wurde ihr der Abschied von ihren Söhnen, die mit großer Liebe an ihr hingen und sie gar nicht aus ihren Armen lassen wollten. Mit aller Kraft kämpfte sie ihre weiche Stimmung hinab, vertröstete die Ihrigen auf baldiges Wiedersehen und bestieg am 22. März 1842 das Dampfboot, das sie die Donau hinabtrug nach dem Schwarzen Meer und der Stadt des Halbmondes. Sie besuchte Brussa, Beirut, Jaffa, das Todte Meer, Nazareth, Damaskus, Balbek, den Libanon, Alexandrien, Kairo und reiste durch die Wüste des Isthmus von Suez zum Rothen Meer. Von Egypten kehrte sie über Sicilien und durch ganz Italien in die Heimath zurück und traf im Dezember 1842 in Wien ein. Da sie nach einem sorgfältig geführten Reise-Tagebuch oft ihren Freunden und Bekannten von ihren Erlebnissen erzählte, so wurde sie mehrfach aufgefordert, ihren ganzen Pilgerzug drucken zu lassen. Der Gedanke, Schriftstellerin zu werden, widerstrebte jedoch ihrer Bescheidenheit, und erst als ein Verleger ihr direkt Anträge machte, willigte sie ein, ihr Erstlingswerk der Oeffentlichkeit zu übergeben. Es erschien unter dem Titel: „Reise einer Wienerin in das heilige

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