Geistesgegenwärtig führen. Daniel Zindel
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Wie entmutigend eine zu starke Betonung des Mechanischen in einer christlichen Organisation sein kann, habe ich in meinem ersten Jahr als Leiter erlebt. Unsere Organisation verstand ich bis dahin als Lebens-, Glaubens- und Arbeitsgemeinschaft. Die geistliche und die beziehungsmäßige Dimension in der Mitarbeiterschaft wurde stark betont, gelebt und gefördert. Als neues, junges Leitungsteam wollten wir in das kommunitäre Miteinander mehr Strukturen, Effizienz und Professionalität hineinbringen.
Wieder war ein Schulungstag für die Betriebsleitenden angesagt, an dem es um Arbeitsteilung und Organigramm ging. Jeder Betriebsverantwortliche musste den anderen das Organigramm seines Heimes vorstellen. Die jungen Betriebsleiter taten das gekonnt mit schönen Computergraphiken. Ein älterer Leiter eines Altersund Pflegeheimes entrollte einen unendlich großen Papierbogen, griff dann zu einem langen, dünnen Stock und erklärte das kaum überschaubare Organigramm, das einem auf den Kopf gestellten, weit verästelten Apfelbaum glich. Seine Stimme wurde beim Erläutern der Linien immer unsicherer und leiser – dabei war er eine Kapazität in Sachen Sterbebegleitung, längst bevor das Thema gesellschaftsrelevant wurde. Am Schluss sagte er. »Ich habe halt ein Leben lang das getan, was mir vor die Hand kam. Das mit dem Organigramm verstehe ich nicht ganz. Ich habe nach dem Motto gearbeitet: ›Denkt bei allem daran, dass ihr für Gott und nicht für die Menschen arbeitet. Als Lohn dafür wird Gott euch geben, was er versprochen hat. Das wisst ihr ja. Ihm allein, eurem Herrn Jesus Christus, dient und keinem anderen!‹«26
Anmerkungen
1 1. Samuel 3,10
2 Anselm Grün, Menschen führen – Leben wecken, Vier-Türme-Verlag, Münsterschwarzach 1999, 112
3 Matthäus 18,20
4 Apostelgeschichte 1,4–5
5 Apostelgeschichte 1,8
6 Apostelgeschichte 1,13
7 zum Beispiel Lukas 1,41; 2,1; 5,1; 5,12 etc.
8 Lukas 1,38
9 Karl Heinrich Waggerl, Heiteres Herbarium, Otto Müller Verlag, Salzburg 1950, 38
10 Johannes 15,4
11 Matthäus 6,33
12 Lukas 10,38 ff.
13 Cassian, zitiert in: Fidelis Ruppert/Anselm Grün, Bete und Arbeite, Münsterschwarzach 1982, 16
14 Waggerl, 40
15 Waggerl, 50
16 Waggerl, 26
17 vgl. 1. Korinther 12,12 ff.; Römer 12,4 ff.
18 1. Mose 2,18
19 Lance Secretan, Soul-Management, Lichtenberg, München 1997, 119
20 Secretan, 65
21 Secretan, 256
22 Secretan, 53
23 Apostelgeschichte 2,41
24 Fredmund Malik, Führen, leisten, leben, Deutsche Verlags-Anstalt, Stuttgart 2001, 27 ff.
25 Hans Bürki, Das Leben gewinnen, Brendow, Moers 1990, 25
26 Kolosserbrief 3,23
II. Die Pyramide Sinn, Gemeinschaft und Leistung
1. Produktionskapazität und Produkt
Ich möchte mit den beiden Ausdrücken, die ich jetzt einführe, aufzeigen, dass wir als christliche Organisationen oder Gemeinden einerseits immer eine »Produktionskapazität« darstellen: In unserem Miteinander schlummern Durchlässigkeiten für das Wirken Gottes, Fähigkeiten und Know-how der Mitarbeitenden, Kapazitäten also, um in irgendeiner Form tätig zu werden. Dieses Potenzial bezeichne ich als Produktionskapazität.
Wo dies in Aktion umgesetzt wird, stellen wir andererseits in irgendeiner Form »Produkte« her. Ich gebrauche das mir nicht sehr sympathische Wort für die Wirkungen, die von uns ausgehen, und für die Ziele, die wir miteinander erreichen. Wir stellen Zeltcamps, Bibelkurse oder Altenbetreuung her.
Was mit Produktionskapazität und Produkt gemeint ist, lässt sich am Besten an Aesops Fabel von der Gans und dem goldenen Ei veranschaulichen:
Es war einmal ein armer Bauer, der eines Morgens, als er im Gänsestall die Eier einsammelte, ein wunderschön glänzendes Ei entdeckte. Voller Freude legte er es in seinen Korb, ließ es schätzen – es war aus reinem, gediegenem Gold.
Jeden Tag lief er nun nach dem Erwachen zum Nest der Gänse – und siehe da – Tag für Tag lag ein goldenes Ei da. Der Bauer sammelte sie täglich ein und wurde reich. Mit seinem Reichtum wuchs aber auch seine Gier nach mehr. Je mehr er hatte, desto größer wurde seine Habsucht. Eines Tages konnte er nicht mehr auf das goldene Ei von morgen warten; er schlachtete die Gans, um in einem Zug alle goldenen Eier in Besitz nehmen zu können.
Diese Fabel verdeutlicht den Produktionsprozess auf schöne Art und Weise. Wenn wir zusammen ein Ziel erreichen wollen, braucht es immer eine Produktionskapazität. Die Gans, die täglich ein goldenes Ei legt, versinnbildlicht die Produktionskapazität. Das Ei (Produkt) versinnbildlicht den Ausstoß an Leistung. Es steht