Die Nordsee. Heinrich Heine

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Die Nordsee - Heinrich Heine

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in der Kajüte

      Das Meer hat seine Perlen,

      der Himmel hat seine Sterne,

      aber mein Herz, mein Herz,

      mein Herz hat seine Liebe.

      Gross ist das Meer und der Himmel,

      doch grösser ist mein Herz,

      und schöner als Perlen und Sterne

      leuchtet und strahltmeine Liebe.

      Du kleines, junges Mädchen,

      komm an mein grosses Herz;

      mein Herz und das Meer und der Himmel

      vergehn vor lauter Liebe.

      *

      An die blaue Himmelsdecke,

      wo die schönen Sterne blinken,

      möcht’ ich pressen meine Lippen,

      pressen wild und stürmisch weinen.

      Jene Sterne sind die Augen

      meiner Liebsten, tausendfältig

      schimmern sie und grüssen freundlich

      aus der blauen Himmelsdecke.

      Nach der blauen Himmelsdecke,

      nach den Augen der Geliebten,

      heb’ ich andachtsvoll die Arme,

      und ich bitte und ich flehe:

      ,,Holde Augen, Gnadenlichter,

      oh, beseligt meine Seele,

      lasst mich sterben und erwerben

      euch und euren ganzen Himmel!“

      *

      Aus den Himmelsaugen droben

      fallen zitternd lichte Funken

      durch die Nacht, und meine Seele

      dehnt sich liebeweit und weiter.

      Oh, ihr Himmelsaugen droben!

      Weint euch aus in meine Seele,

      dass von lieben Sternentränen

      überfliesset meine Seele.

      *

      Eingewiegt von Meereswellen

      und von träumenden Gedanken,

      lieg ich still in der Kajüte,

      in dem dunkeln Winkelbette.

      Durch die offne Luke schau ich

      droben hoch die hellen Sterne,

      die geliebten, süssen Augen

      meiner süssen Vielgeliebten.

      Die geliebten, süssen Augen

      wachen über meinem Haupte,

      und sie klingen und sie winken

      aus der blauen Himmelsdecke.

      Mach der blauen Himmelsdecke

      schau ich selig lange Stunden,

      bis ein weisser Nebelschleier

      mir verhüllt die lieben Augen.

      *

      An die bretterne Schiffswand,

      wo mein träumendes Haupt liegt,

      branden die Wellen, die wilden Wellen.

      Sie rauschen und murmeln

      mir heimlich ins Ohr:

      ,,Betörter Geselle!

      Dein Arm ist kurz, und der Himmel ist weit,

      und die Sterne droben sind festgenagelt,

      vergebliches Sehnen, vergebliches Seufzen,

      das Beste wäre, du schliefest ein.“

      *

      Es träumte mir von einer weiten Heide,

      weit überdeckt von weissem, weissem Schnee,

      und unterm weissen Schnee lag ich begraben

      und schlief den einsam kalten Todesschlaf.

      Doch droben aus dem dunkeln Himmel schauten

      herunter auf mein Grab die Sternenaugen,

      die süssen Augen! und sie glänzten siegbaft

      und ruhig heiter, aber voller Liebe.

      Sturm

      Es wütet der Sturm,

      und er peitscht die Welln,

      und die Wellen, wutschäumend und bäumend,

      türmen sich auf, und es wogen lebendig

      die weissen Wasserberge,

      und das Schifflein erklimmt sie,

      hastig, mühsam,

      und plötzlich stürzt es hinab

      in schwarze, weitgähnende Flutabgründe –

      O Meer!

      Mutter der Schönheit, der Schaumentstiegenen!

      Grossmutter der Liebe! schone meiner!

      Schon flattert, leichenwitternd,

      die weisse, gespenstische Möwe,

      und wetzt an dem Mastbaum den Schnabel,

      und lechzt, voll Frassbegier, nach dem Mund,

      der vom Ruhm deiner Tochter ertönt,

      und lechzt nach dem Herzen,

      das dein Enkel, der kleine Schalk,

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