Nackter Glaube. Stuart Murray

Чтение книги онлайн.

Читать онлайн книгу Nackter Glaube - Stuart Murray страница 5

Nackter Glaube - Stuart  Murray Edition Bienenberg

Скачать книгу

haben. Möge es dazu dienen, den Niedergang des Christentums nicht als Katastrophe, sondern als neue Chance für ein glaubwürdiges Christsein in dieser Welt zu verstehen.

       Lukas Amstutz

       Theologisches Seminar Bienenberg

      KAPITEL 1

       Das Täufertum – eine Bewegung, deren Zeit gekommen ist?

       Wachsendes Interesse

      „Die Täufer sind zurück!“, ließ ein amerikanischer Autor vor einigen Jahren in einem gleichnamigen Buch verlauten.1 Er war von dem wachsenden Interesse an der täuferisch-mennonitischen Tradition in Nordamerika fasziniert. Zwanzig Jahre später scheint sich überraschenderweise etwas Ähnliches in anderen Ländern zu ereignen, in denen die Täufer nur eine geringe oder gar keine Wirkungsgeschichte hatten. Christen aus verschiedenen Denominationen und Traditionen – Evangelikale, Liberale, Charismatiker, Protestanten, Katholiken und Pfingstler – sie alle beschäftigen sich intensiver mit der Täuferbewegung und viele unter ihnen greifen deren Vision auf. Dieses Buch versucht, das wachsende Interesse an einer Tradition zu erklären, die lange als unbedeutend, häretisch oder auch als beides abgelehnt wurde. Es bietet eine einfache Einführung in die täuferische Bewegung und es untersucht dessen gegenwärtige Bedeutung.

       Ein schlüssiger Rahmen für meine Überzeugungen

      Meine ersten Begegnungen mit der täuferischen Tradition hatte ich in den frühen 1980er-Jahren als junger Gemeindegründer im östlichen Teil von London. Ich lebte in einer der ärmsten städtischen Gemeinden in England und machte mich auf die Suche nach Ressourcen, die mir dabei helfen sollten, die Armut, Ungerechtigkeit, Entbehrung und die vielen unterschiedlichen Glaubensgemeinschaften in meiner Nachbarschaft zu verstehen und mich entsprechend zu engagieren. Und ich suchte nach neuen Perspektiven für die Jesusnachfolge, die Gemeinschaft, die Kirche und die Mission.

      Ich las verschiedenste Bücher und fand heraus, dass einige der hilfreichsten von Mennoniten verfasst worden waren. Von diesen Leuten hatte ich noch nie gehört, aber ihre Werte fanden bei mir einen Widerhall und ich schätzte ihre Einsichten. Fasziniert verfolgte ich ihre Geschichte zurück bis in das 16. Jahrhundert und entdeckte dabei, dass sie Nachkommen der sogenannten Täufer waren. Ich erinnerte mich vage an Hinweise auf die Täufer in Büchern über die Kirchengeschichte (viele davon abwertend oder kritisch), aber ich wusste nur wenig darüber, wer sie waren oder was sie glaubten.

      Je mehr ich aber über die Täuferbewegung las, desto mehr fühlte ich mich zu Hause. Als instinktiver, aber ziemlich gedankenloser Pazifist, vermittelte sie mir einen schlüssigen theologischen Rahmen für meine Überzeugungen. Für meine Sehnsucht nach authentischer Gemeinschaft und ganzheitlicher Nachfolge bot sie herausfordernde Beispiele und praktische Weisheit. Überzeugt von dem, was ich erst später als „viel-stimmige Gemeinde“ bezeichnen sollte, entdeckte ich im frühen Täufertum Gemeinschaften, die genau dies praktizierten. Und ich war aufgewachsen in einem kirchlichen Umfeld, in dem die Briefe des Neuen Testaments im Allgemeinen über die Evangelien gestellt wurden. Die täuferische Bewegung forderte mich heraus, stärker christozentrisch zu werden, und das Leben und die Lehre Jesu wesentlich ernster zu nehmen.

      Vielleicht das Spannendste in meiner Situation als Gemeindegründer war jedoch, dass die Täufer leidenschaftliche Missionare waren. Sie lebten ihren Glauben auch gegen die herrschende Kultur konsequent aus. Und begeistert teilten sie ihre Glaubensüberzeugungen mit anderen. Viele von ihnen waren Gemeindegründer. War es wirklich möglich, beidem verpflichtet zu sein, dem Frieden und der Evangelisation, der Verkündigung und dem Streben nach Gerechtigkeit? Dieser ganzheitliche Missionsansatz überzeugte mich davon, dass ich, auch ohne mennonitisch aufgewachsen zu sein, doch ein überzeugter Täufer war.

      Bald danach, in einer kleinen Arbeitsgruppe mit einigen anderen, die mein Interesse an den Täufern teilten, begann ich zu realisieren, wie viel diese alte Bewegung den Christen im Westen an der Schwelle zum Post-Christentum zu bieten hatte.

      Wir sind Teil einer sich verändernden Kultur, in der alle Christen eher am Rand der Gesellschaft leben. Die an sich eher marginale missionarische Täuferbewegung schien uns ungewöhnlich gut dafür geeignet, folgendes zu klären. Mission muss das gängige Bemühen um die Aufrechterhaltung des kirchlichen Lebens ersetzen. Und was könnte es bedeuten, sich an dieser Mission zu beteiligen? In einer Welt, in der Jesus die Menschen immer noch fasziniert, die Kirche das aber nicht tut, ist der Jesus der Täuferbewegung eine kraftvolle Quelle für die Mission.

       Netzwerke entstehen

      Aus dieser kleinen Arbeitsgruppe entstand dann im Jahr 1991 das Anabaptist Network. Es dient Christen aus vielen Gemeinden und Denominationen in England, die über das Täufertum gestolpert waren und jetzt nach weiteren Ressourcen und Möglichkeiten suchten, gemeinsam zu lernen. In den letzten zwanzig Jahren sind täuferische Netzwerke auch in anderen Ländern aus dem Boden geschossen – Australien und Neuseeland, Südafrika, Korea, China, Kanada, den Vereinigten Staaten und – in allerjüngster Zeit – Skandinavien. In den meisten dieser Länder gab es historisch gesehen, nahezu keine Täufer, und die Mehrzahl derjenigen, die sich an diesen Netzwerken beteiligen, kommt nicht aus den historischen Denominationen der Täufer. Aber sie werden von der Vision der Täufer angezogen und hungern nach ihren Ressourcen.

      Das ist ein überraschendes Phänomen und scheint sich immer mehr zu beschleunigen. So begannen sich manche von uns zu fragen, ob das Täufertum nach beinahe fünf Jahrhunderten der Marginalisierung und der nicht gerade geringen Feindseligkeit, eine Bewegung sein könnte, deren Zeit gekommen ist. Wer mit dem Täufertum nicht vertraut ist, findet in Kapitel 6 einen kurzen historischen Abriss von dessen Anfängen im 16. Jahrhundert bis in die heutige Zeit. Doch das Anliegen dieses Buches konzentriert sich vor allem auf die gegenwärtige Bedeutung der Tradition, die sich aus dieser Bewegung heraus entwickelt hat.

       Grundüberzeugungen

      Vor einigen Jahren stellten Mitglieder des Anabaptist Network in England und Irland sieben „core convictions“ (Grundüberzeugungen) zusammen. Sie sind unser Versuch, das Wesen der Täuferbewegung herauszudestillieren. Jede dieser Grundüberzeugungen drückt etwas von dem aus, was wir glauben und beschreibt dann die Konsequenz, zu der dieser Glaube führt. Diese Überzeugungen wurden bereits von einigen täuferischen Netzwerken in anderen Ländern übernommen. Wir hoffen, dass viele Leser sie ebenso inspirierend und herausfordernd empfinden wie wir. Bevor wir uns den einzelnen Grundüberzeugungen zuwenden, einige wichtige Vorbemerkungen:

      Erstens: Diese Überzeugungen stellen einen Versuch dar, aus der täuferischen Tradition zu lernen und ihre Einsichten auf aktuelle Zeitfragen anzuwenden. Sie sind keine Update-Version historischer Täufer-Dokumente, und sie behandeln einige Themen, mit denen sich frühere Generationen nicht so intensiv beschäftigt haben.

      Zweitens: Das Anabaptist Network ist eine vielfältige und verstreute Gemeinschaft, für die es keinerlei Mitgliedskriterien gibt. Wir bitten die Beteiligten nicht darum, die Grundüberzeugungen zu unterschreiben. Aber wer sich beteiligt, unterstützt sehr wahrscheinlich zumindest einige dieser Überzeugungen. Sie stellen jedoch keinen ideologischen Filter dar. Die Grundüberzeugungen bringen die Prioritäten, Anliegen und Verpflichtung derer zum Ausdruck, die dieses Netzwerk gegründet haben, und die in den letzten Jahren mitgeholfen haben,

Скачать книгу