Hermann Broch und Der Brenner. Группа авторов

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Hermann Broch und Der Brenner - Группа авторов Edition Brenner-Forum

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er mit Sicherheit keine Kenntnis haben konnte) einverstanden gewesen wäre, sei dahingestellt. Was allerdings außer Zweifel steht, ist die Tatsache, dass Ficker hier eine positive Werthaltung gegenüber Broch bewies; die persönliche Ebene blieb von der divergenten Kunstauffassung unberührt. Weil die Korrespondenz mit Schlier aufgrund des persönlichen Naheverhältnisses, das die Autorin mit dem Brenner-Herausgeber verband, um einiges offener gestaltet ist als mit anderen Korrespondenzpartner*innen, kann davon ausgegangen werden, dass es sich hierbei um ein ehrliches Urteil handelte.

      Fazit

      Der makroskopische Blick auf den Gesamtbriefwechsel Ludwig von Fickers, kombiniert mit mikroperspektivischen Schlaglichtern, offenbart in der Frage nach direkten und indirekten Referenzen auf Hermann Broch kulturelle Entwicklungen und Interdependenzen, die sich nicht auf den ersten Blick erschließen. Es wird damit deutlich, dass es nach Kriegsende 1945 in erster Linie Außenstehende waren, die sich aktiv an Ficker wandten. Sie erinnerten ihn an die frühe Phase des Brenner und die Zusammenarbeit mit Hermann Broch bzw. apostrophierten Fickers Rolle als dessen Entdecker und Förderer (gleichwohl er, wie die Briefstelle an Paula Schlier zeigt, Broch durchaus als positiven Charakter wahrgenommen hatte und ihm wohlgesonnen begegnete). Dieser Prozess vollzog sich über mehrere Jahre und erfuhr im Laufe der Zeit verschiedenartige Ausprägungen – sei es im Zuge von Editionsprojekten, in Form von wissenschaftlichem Diskurs oder von literarischer Rezeption. Dabei kam den Exilant*innen eine herausragende Rolle zu; sie sorgten wesentlich dafür, dass die Negativstimmen der Vorkriegszeit, die in der Auseinandersetzung zwischen Broch und Carl Dallago um die Frage nach dem Verhältnis von Ethik und Ästhetik ihre konkreten Ausprägungen fanden, nach dem Zweiten Weltkrieg endgültig verstummten. Stattdessen ist ein Grundton der würdigenden Verehrung und Anerkennung festzustellen.

      Durch die Frage nach der Rezeption Brochs im Gesamtbriefwechsel ist vor allem das gesellschaftliche Dispositiv der Nachkriegszeit berührt und damit auch Fickers spezifische, in der ostentativen Überbetonung des Katholischen in Zeiten zunehmender Ent-Säkularisierung fast schon als anachronistisch zu bezeichnende Position innerhalb dieses kulturellen Feldes. Denn die Paradoxie bzw. die offensichtliche Schieflage zwischen der Nicht-Wahrnehmung Brochs im Brenner-Umfeld der Zwischenkriegszeit und der sukzessiven Re-Integration Brochs in die (im besten Fall als konservativ zu bezeichnende) kulturelle Landschaft im Nachkriegsösterreich besteht gerade darin, dass die Position Fickers diffus bleibt. Durch den Kulturbetrieb wurden ab 1950 Ehrungen und Auszeichnungen an Ficker herangetragen, die ihn dadurch in der Rolle des Kulturvermittlers und Vertreters der intellektuellen österreichischen Speerspitze legitimierten. Dieser Prozess vollzog sich trotz der im Nachkriegs-Brenner sichtbaren, nicht mehr zeitgemäßen ästhetisch-kunsttheoretischen Fundierung und der damit verbundenen ideologischen Uneindeutigkeit (wenn man vom allgemein-humanistischen Impetus absieht). Die Person Broch hat für Ficker in dieser Situation zunächst wenig Bedeutung, sie gibt aber Impulse an Andere weiter, die mit diesem Input arbeiten, ihn perpetuieren und dadurch produktiv werden, was sich wahrnehmbar im kulturellen Diskurs niederschlägt. Das Interesse, das ein Kreis von Intellektuellen an der frühen Phase des Brenner bekundete, in welcher auch Hermann Broch als Teil des Autor*innenkreises der Zeitschrift gewirkt hatte, veränderte zum einen die Wahrnehmung Ludwig von Fickers hinsichtlich der Person Brochs wie zum anderen ex post seine Wahrnehmung hinsichtlich des Einflusses des Brenner auf Broch. Wenngleich die Zusammenarbeit aus einer Reihe von Gründen nach 1914 eingestellt und auch nach dem Versuch eines neuerlichen Anlaufs zwischen 1935 und 1937 nicht fortgesetzt worden war, blieben doch latente Impulse bestehen, die erst nach dem Zweiten Weltkrieg ihre vollen Wirkungen zeitigten.

      Anmerkungen

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