Aristoteles: Gesammelte Werke. Aristoteles

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Aristoteles: Gesammelte Werke - Aristoteles

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in der Leidenschaft? Daher ist der Unmäßige schlimmer als der Unenthaltsame.

      Auch der ausgelassen Lustige ist scheinbar unmäßig; in Wirklichkeit ist er weichlich, da die Lustigkeit als Erholung eine Art der Ausspannung ist und das Zuviel in letzterer eben den ausgelassen Lustigen kennzeichnet.

      Die Unenthaltsamkeit ist teils Übereilung, teils Schwäche. Die einen überlegen zwar, beharren aber in folge der Leidenschaft nicht bei ihrem Entschlusse, die anderen werden mangels vorheriger Überlegung von der Leidenschaft fortgerissen. Wollten sie sich besser beraten, so widerführe ihnen dieses nicht. Einige nämlich machen es wie die, die sich selbst vorher kitzeln, um keinen Kitzel zu empfinden, sie verstehen sich darauf, im voraus zu merken und zu sehen, und dann sich selbst und ihren Verstand wachzurufen, und so kann sie die Empfindung, sei sie lieb oder leid, nicht bemeistern.

      Vorzüglich trifft man die Unenthaltsamkeit aus Übereilung bei den cholerischen und melancholischen Charakteren. Die einen warten wegen ihrer Raschheit, die anderen wegen ihrer Heftigkeit den Ausspruch der Vernunft nicht ab, weil sie gewohnt sind, sich von ihrer Einbildungskraft leiten zu lassen.

      Neuntes Kapitel.

       Inhaltsverzeichnis

      Der Unmäßige fühlt, wie gesagt, keine Reue. Er bleibt bei seiner Willensrichtung. Der Unenthaltsame ist stets der Reue fähig. Es ist darum nicht so, wie wir zuvor in den Aporien meinten, sondern der eine ist unheilbar, der andere ist heilbar. Die Bosheit oder Schlechtigkeit gleicht nämlich solchen Krankheiten wie Wassersucht und Schwindsucht, die Unenthaltsamkeit der Epilepsie. Die eine ist dauernde, die andere nur zeitweilige Verkehrtheit. Überhaupt aber gehört die Unenthaltsamkeit und die Schlechtigkeit einer verschiedenen Gattung an. Denn die Schlechtigkeit weiß nicht von sich, die Unenthaltsamkeit aber wohl.

      (1151a) Unter den Unenthaltsamen selbst sind wieder die, die sofort aus dem Lot kommen, besser oder nicht so schlimm als die, die überlegen und an ihrem Entschlüsse nicht festhalten. Denn die Leidenschaft, der letztere unterliegen, ist kleiner und kommt ihnen nicht unversehens wie jenen. Wer sich aus sittlicher Kraftlosigkeit nicht enthält, gleicht einem Menschen, der rasch, von einem kleinen Quantum Wein und von weniger, als die meisten vertragen können, betrunken wird.

      So sieht man denn hieraus, daß das eine der gute, das andere der schlechte Habitus ist.

      Zehntes Kapitel.

       Inhaltsverzeichnis

      Ist nun, wie oben in den Aporien gefragt wurde, enthaltsam wer an der wie immer beratenen Vernunft und an jedem wie immer beschaffenen Vorsatz festhält, und hinwieder unenthaltsam wer an jedem wie immer beschaffenen Vorsatz und an der beliebig beratenen Vernunft nicht festhält, oder wer an der übel beratenen Vernunft und dem verkehrten Vorsatz nicht festhält oder festhält? Oder sollte es nicht vielmehr so sein, daß es mitfolgend zwar jeder beliebige Vorsatz, an sich jedoch nur die wahre Vernunft und der rechte Vorsatz ist, woran der eine festhält, der andere nicht? Wenn nämlich jemand diese bestimmte Sache um dieser willen sich vornimmt oder verfolgt, so ist es an (1151b) sich das Zweite, was er verfolgt und sich vorsetzt, aber mitfolgend das Erste. Für »an sich« sagen wir schlechthin, und so ist es beziehungsweise zwar jede beliebige Meinung, die der eine festhält und der andere verläugnet, schlechthin enthaltsam und unenthaltsam aber ist wer die wahre Meinung festhält und preisgibt.

      Es gibt auch einige, die an ihrer Meinung festhalten, die man starrköpfisch nennt, weil sie schwer zu überzeugen und nicht leicht umzustimmen sind; sie haben wohl eine gewisse Ähnlichkeit mit dem Enthaltsamen, wie sie der Verschwender mit dem Freigebigen und der Tollkühne mit dem Mutigen hat, sind aber doch in mancher Hinsicht von ihm verschieden. Jener, der Enthaltsame, läßt sich durch Leidenschaft und Begierde nicht umstimmen, aber ein Enthaltsamer wird gegebenen Falls leicht eines Besseren zu belehren sein; der andere ist durch Gründe nicht umzustimmen, aber Leute von seiner Art sind vielfach den Begierden zugänglich und lassen sich von den Lüsten fortreißen. Ein Starrkopf ist der Eigensinnige, der Unbelehrbare und der Ungebildete; der Eigensinnige insbesondere steht unter dem Einflusse von Lust und Unlust: er freut sich durchzudringen, wenn er sich nicht anders belehren läßt, und ärgert sich, wenn es seinem Willen und seiner

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