Texten fürs Web: Planen, schreiben, multimedial erzählen. Stefan Heijnk

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Texten fürs Web: Planen, schreiben, multimedial erzählen - Stefan Heijnk

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eigener Screenshot.

       Navigation: Wann ist ein Interface nutzerfreundlich?

      Egal ob es sich um kleinteiligere Interface-Muster für Einzelinhalte oder um die Interface-Architektur einer Gesamtsite handelt: Um bewerten zu können, ob ein Website-Interface benutzerfreundlich ist oder nicht, braucht es handfeste Kriterien, an denen sich die Qualität des Interface messen lässt. In der Norm DIN EN ISO 9241-110 des Deutschen Instituts für Normung (DIN) sind diese allgemeinen Kriterien für Benutzerfreundlichkeit beschrieben. Interface-Architekturen sollten danach mindestens die folgenden Merkmale zeigen:

       1. Aufgabenangemessenheit

      Die Benutzer werden in ihrer Arbeitsaufgabe effizient unterstützt. Sie erreichen ihre Ziele schnell, ohne durch die Eigenschaften des Dialogsystems unnötig belastet zu werden. Die User sollen ungestört genau das erledigen können, was sie auf der betreffenden Site machen wollen und machen sollen. Aufgabenangemessenheit heißt auf den Websites öffentlicher Verkehrsträger beispielsweise, dass Fahrplanauskünfte schnell und zügig möglich sein müssen.

      Aufgabenangemessenheit auf einer Shoppingsite bedeutet beispielsweise, dass der Bestellknopf sichtbar ist und einwandfrei funktioniert. Aufgabenangemessenheit auf einer Firmenwebsite bedeutet unter anderem, dass Produkte oder Dienstleistungen auf den ersten Blick identifiziert werden können und/oder dass Anfahrtspläne und Kontaktadressen vorhanden sind.

       2. Selbstbeschreibungsfähigkeit

      Jeder Dialogschritt ist unmittelbar verständlich. Die Benutzer können sich eine für das Verständnis und für die Erledigung der Arbeitsaufgabe zweckmäßige Vorstellung von den Systemzusammenhängen machen. Im Klartext: Die Website muss dafür sorgen, dass die User genau das erledigen können, was sie erledigen wollen und sollen, ohne dazu irgendwelche Hilfeseiten aufrufen oder per Mail um Hilfe bitten zu müssen. Die Website muss also durch ihr So-sein-wie-sie-ist eindeutig klären, was man auf und mit ihr machen kann. Selbstbeschreibungsfähigkeit bedeutet auf einer Medien-Website beispielsweise, dass Audio- oder Videosequenzen gleich als solche zu erkennen sind. Selbstbeschreibungsfähigkeit auf einer E-Commerce-Site bedeutet, dass ein Bestellvorgang intuitiv und ohne Konsultation einer Gebrauchsanweisung Schritt für Schritt erledigt werden kann. Und ganz praktisch bedeutet Selbstbeschreibungsfähigkeit, dass Navigationselemente präzise beschriftet sind.

       3. Erwartungskonformität

      Der Dialog entspricht den Erwartungen, die die Benutzer aus Erfahrungen mit bisherigen Arbeitsabläufen oder aus der Benutzerschulung mitbringen. Da die meisten User wohl nicht erst ein Youtube-Tutorial konsultieren wollen, um die Bedienung einer bestimmten Website zu erlernen, heißt das im Klartext: In der Formgebung gilt das Gesetz der Gewohnheit. Dialogische Erwartungskonformität bedeutet im Web allerdings nicht nur, dass die von den Nutzern erwartete und die tatsächlich angebotene Form möglichst deckungsgleich sein sollten. Erwartungskonformität bedeutet im Web und dort insbesondere beim Setzen und Texten von Linkverweisen (Hyperlinking), dass die durch einen Verweis auf Seiten der Nutzer erzeugten Informationserwartungen auch punktgenau bedient werden müssen.

       4. Konsistenz

      Das Dialogverhalten ist einheitlich. Uneinheitliches Dialogverhalten zwingt die Benutzer zu starker Anpassung an wechselhafte Durchführungsbedingungen ihrer Arbeit, erschwert das Lernen und bringt unnötige Belastung mit sich. Im Klartext heißt das: Wenn Sie auf einer Shoppingsite Bestellprozesse einbinden, sollte der Bestellvorgang für alle Produkte identisch sein. Und idealerweise sollte der für alle Produkte identische Bestellvorgang strukturell möglichst weitgehend identisch sein mit den Bestellabläufen auf anderen Shoppingsites.

       5. Fehlerrobustheit

      Trotz fehlerhafter Eingaben kann das Arbeitsergebnis ohne oder mit minimalem Korrekturaufwand erreicht werden. Eingaben der Benutzer dürfen nicht zu undefinierten Systemzuständen oder Systemzusammenbrüchen führen.

       Exkurs: Die Gestaltgesetze – und was sie für die Navigation bedeuten

      Das Sehen ist ein konstruktiver Prozess, der biologisch bedingten Prinzipien unterliegt. Diese Prinzipien werden in der Kognitionspsychologie als Gestaltgesetze bezeichnet. Sie beschreiben, so der Verständlichkeitsforscher Peter Teigeler, »wie wir das, was an Wahrnehmungsreizen auf uns trifft, ordnen, gliedern und unserer Art zu sehen anpassen«. Das Sehen ist dabei im positiven Sinne unbelehrbar, denn diesen Gesetzen können wir nicht entrinnen, selbst wenn wir es wollten:

       Gesetz der Nähe: Was nahe beieinander ist, wird als zusammengehörig wahrgenommen; was einander fern ist, wird als nicht zusammengehörig wahrgenommen.

       Gesetz der Ähnlichkeit: Ähnliches oder Gleiches wird als zusammengehörig, Unähnliches beziehungsweise Ungleiches wird als nicht zusammengehörig wahrgenommen.

       Gesetz der Geschlossenheit: Was durch Linien zusammengeschlossen, also »geschlossen« ist, wird als zusammengehörig wahrgenommen. Was nicht durch Linien zusammengeschlossen, also »offen« ist, wird als nicht zusammengehörig wahrgenommen. Auch Weißräume können Linien formen.

       Gesetz der Erfahrung: Ähneln Formen einer bekannten Form, dann werden sie bevorzugt wahrgenommen. Ähneln Formen keiner bekannten Form, dann werden sie nicht bevorzugt wahrgenommen.

       Gesetz der guten Gestalt: Es werden bevorzugt solche Formen als Figur beziehungsweise Gestalt aufgefasst, die insgesamt einen einfachen, voraussehbaren und gesetzmäßigen Verlauf aufweisen. Formen, die kompliziert, nicht voraussehbar und nicht gesetzmäßig verlaufen, werden weniger als Gestalt aufgefasst.

      Im Interface- und Interaktionsdesign für Websites wird in der Praxis nach wie vor regelmäßig gegen diese Wahrnehmungsgesetze verstoßen. Navigationselemente werden beispielsweise gern logisch falsch gruppiert und quer über die Startseite gestreut, Weißlinien trennen Navigationsmenüs oder Contentfelder, die eigentlich zusammengehören, und Ähnliches. Die Folgen dieser Fehler sind vermeidbar: In der äußerst kurzen Scan-Phase gehen durch visuell unklare Kommunikation schnell wertvolle Sekunden für unnötige Verstehensprozesse verloren, und zwar in aller Regel genau dort, wo die Site den Nutzern schnelle Orientierung bieten muss – im Navigationsrahmen. Gerade hier ist sauber zu arbeiten, damit die Struktur der Site sofort störungsfrei verstanden werden kann. Die folgenden Abbildungen 53 und 54 zeigen stellvertretend für viele andere Sites, welche Probleme durch Missachtung der Gestaltgesetze entstehen.

      Der Kernbereich der Startseite ist beispielsweise mit einem weißen Hintergrund unterlegt. Die weiße Fläche formt einen Rahmen, der dem Nutzer mitteilt: »Alles, was auf der weißen Fläche steht, gehört zusammen und ist von gleicher Art«. Tatsächlich aber enthält der Kernbereich drei unterschiedliche Content-Kategorien: Auf der linken Seite ein Promo-Bild, in der rechten Spalte eine Reihe von Themen-Anreißern, deren Vollversionen über einen Link mit der Beschriftung »Details« erreicht werden, und in der Mitte einen Ticker plus Textliste sowie zwei Links mit den Beschriftungen »Details« und »More Info«. Der »Details«-Link führt hier nicht auf einen Text (wie es in der rechten Spalte der Fall ist), sondern zu einem E-Mail-Kontakt-formular. Und der »More Info«-Link führt auf die Seite, die im zweiten Screenshot zu sehen ist (s. Abb. 54).

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