Tätigkeiten, bei denen man spürt, dass man anderen helfen kann und gebraucht wird, sind eine weitere Möglichkeit gegen diesen Blues. Allerdings ist es hilfreich, frühzeitig genug damit anzufangen und nicht erst, wenn die Koffer der Kinder gepackt und die Zimmer ausgeräumt sind. Schließlich nabeln sich die lieben Kleinen nicht von heute auf morgen ab, sondern stetig ein kleines Stückchen mehr. Wenn Eltern sich dann in demselben Tempo eine zusätzliche Verantwortung erschaffen, ist das zum einen ein Gewinn für beide Seiten und zum anderen tut der Prozess des Loslassens dann weniger weh. So weit die Theorie.
Freunde als Sparringspartner
In der Praxis ist das allerdings gar nicht so einfach umzusetzen. Wenn wir es allein nicht schaffen, uns selbst gegenüber „artgerecht“ zu verhalten, übernehmen Dritte diesen Part für uns: die beste Freundin oder der beste Freund zum Beispiel, die sich natürlich Sorgen machen, weil sie sehen, dass wir leiden. Weil sie uns am besten kennen und um die Werte wissen, die für uns wichtig sind. Sie können diejenigen sein, die uns aus der Lethargie holen, zum Nachdenken anregen und unsere eigentliche Identität wiedererwecken und neu erlebbar machen. Die beste Freundin oder der beste Freund werden dadurch zur Stütze, zum Sparringspartner, zum Motivationsgeber. Aber auch andere Menschen können diesen Part übernehmen, was ich im Kapitel 3 „Mut zur Personality“ aufgreife.
Es gibt zahlreiche Menschen, die in solch engen Grenzen, wie ich sie weiter oben beschrieben hatte, leben, weil sie sich dazu entschieden haben. Da ist zum Beispiel ein Professor, der 22 Jahre lang Präsident an der Columbia International University war. Robertson McQuilkin hatte seine Stelle an der Universität aufgegeben, um seine an Alzheimer erkrankte Frau Muriel pflegen zu können. Er hat sich bewusst dazu entschieden, obwohl ihm vollkommen klar war, dass das die totale Aufgabe seiner eigenen Bedürfnisse bedeutete. Er hat diese Entscheidung für sich getroffen und sich somit freiwillig den Herausforderungen gestellt. Das bedeutet Stärke, das bedeutet Identität. Das ist für ihn artgerecht! Sich einer bestimmten Situation oder einem bestimmten Umfeld ausgeliefert zu fühlen, ist hingegen die Kehrseite der Medaille. Tritt dies ein, hat man sich oft schon aufgegeben – und schafft den Weg heraus meist nur mit der Hilfe anderer.
Fühlen Sie sich Ihrem Umfeld ausgeliefert oder sind Sie wirklich glücklich in Ihrem Leben? Entscheiden Sie jetzt, was wirklich „artgerecht“ für Sie ist. Fragen Sie sich, was Ihrer Identität gerecht wird, anstatt sich schlichtweg mit Ihrer Situation abzufinden. So bleiben Sie sich treu, so leben Sie Ihre Personality.
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