Verkaufen in digitalen Zeiten. Lars Schäfer

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Verkaufen in digitalen Zeiten - Lars Schäfer Dein Business

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Zeit üblich, das Käuferverhalten zu untersuchen und daraus dann spezielle Aktionen zu entwickeln, die genau diesem Verhalten entsprechen. Wenn zum Beispiel die Altersgruppe der 16- bis 20-jährigen Konsumenten Produkt X mit hoher Wahrscheinlichkeit an einem Samstagmittag kauft, so sind Promo-Aktionen, die genau zu diesem Zeitpunkt stattfinden, sinnvoll – und nicht an einem Freitagvormittag. Die Verkäufer dort machen sich dieses Wissen zunutze, um damit bei ihren Kunden zu punkten und entsprechende Aktionen vorzuschlagen und vorzubereiten. Irgendwie ist das eine tolle Sache, finde ich, aber auch hier behaupte ich:

       Der Mensch ist vielfältiger als sein Algorithmus!

      Die Gefahr, aufgrund einer ausgeklügelten Statistik den Menschen pauschal in eine Schublade zu stecken, ist enorm groß. Wir können die Wahrscheinlichkeit eines Verkaufsabschlusses zwar erhöhen, sollten aber nicht die Person hinter der Statistik außer Acht lassen. Bei den Unmengen an Daten, die erzeugt und analysiert werden, kommt am Ende immer wieder der Mensch mit seinem Verstand und seinem Gefühl ins Spiel. Irgendwer muss diese Bits und Bytes zum Leben erwecken, sprich: in umsetzbare Handlungsweisen umwandeln, und das wiederum bedeutet, dass sich das Verkaufen zwar stark verändern, der Verkäufer an sich allerdings auf jeden Fall überleben wird.

       Neue Konzepte können scheitern – und gelingen

      Wir verabschieden uns von Estland. Wie es hierzulande ausschaut, zeigen die nächsten recht unterschiedlichen Beispiele.

       Auf Wiedersehen, Tante Emma!

      Dass nicht jedes hoffnungsvolle und disruptive Konzept funktionieren muss, belegt das Düsseldorfer Unternehmen »Emmas Enkel«. Die zwei jungen Gründer der Firma hatten die Idee, die alten Tante-Emma-Läden wieder auferstehen zu lassen und die altertümliche Gemütlichkeit des Einkaufens mit der neuen Welt des Online-Handels zu verbinden. Die Kunden hatten dabei verschiedene Möglichkeiten, um dort einzukaufen:

      •entweder old-school im Geschäft, wobei es eine gute Tasse Kaffee gab, während man in einem gemütlichen Sessel darauf wartete, dass die ausgewählte Ware zusammengepackt wurde, oder anhand von QR-Codes, die draußen an der Scheibe klebten,

      •oder internetaffin direkt über das Netz oder per App. Die Kunden konnten sich einen Zeitraum aussuchen, zu dem die Ware geliefert werden sollte.

      Das Konzept hat tatsächlich funktioniert. Zumindest in den jeweiligen Stadtgebieten, aber es sollte ja noch weiterentwickelt werden. Dieses kleine Unternehmen wurde medial dermaßen gefeiert, dass es sich sogar einen Pressesprecher leisten konnte – beziehungsweise musste, um der Flut der Anfragen jeglicher medialer Couleur Herr werden zu können.

      Dass diese innovative und sympathische Erfolgsgeschichte natürlich bei den Unternehmen Begehrlichkeiten weckte, die dieses Knowhow aus den verschiedensten Gründen nicht in ihren eigenen Reihen hatten, sich aber gegen die neue Konkurrenz mit Geld zu »wehren« und zu verteidigen wussten, ist logisch. Und so kam es, wie es kommen musste: Im Sommer 2016 übernahm der Handelsriese Metro die Mehrheitsanteile an Emmas Enkel, und die beiden Geschäftsführer stiegen aus dem Tagesgeschäft aus. Über deren Motivation zu diesem Schritt kann nur gemutmaßt werden. Es scheint allerdings klar zu sein, dass mit dieser Übernahme der muffig anmutende Wind der Old Economy durch die kleinen Läden geweht ist: Kaum war die Übernahme perfekt, wurden die Offline-Läden geschlossen, »da unsere Daten-Analysen klar gezeigt haben, dass online der erfolgversprechendste Kanal für Emmas Enkel ist – deshalb konzentrieren wir uns darauf«.

      So ließ es jedenfalls Gabriele Riedmann de Trinidad verlauten, ihres Zeichens »Group Director Business Innovation« bei der Metro. Verzeihen Sie mir bitte diese vertrackten englischen Ausdrücke, aber erstens wird die Dame konzernintern so bezeichnet, und zweitens ist dieser ganze Vorgang leider auch bezeichnend: Da wird eine neue Idee, die sehr vielversprechend begann und vor allen Dingen auf Werten basierte, die jenseits des Shareholder-Value-Denkens ihren Ursprung hatten, mal eben durch den Reißwolf des Controllings gejagt – und heraus kommt die Schlussfolgerung, dass das Online-Geschäft die Marge optimiert und deshalb die Läden geschlossen werden müssen.

       Dass hierbei die Seele des Geschäfts und damit die Tragfähigkeit für die Zukunft zerstört wird, ist in Big Data leider nicht vorgesehen.

      Ich finde das sehr schade, zumal hier ein sehr originelles und meiner Meinung nach auch für den gesamten Einzelhandel tragfähiges Erfolgskonzept der reinen Margenoptimierung zum Opfer gefallen ist. Dieser Fall zeigt allerdings, dass die großen Konzerne händeringend den weltweiten Anschluss schaffen wollen. Wie und mit welchen Konsequenzen, ist scheinbar egal, Hauptsache es klingt digital.

       Hallo, liebe Marktlücke »Sofortness«!

      Dass es auch anders geht und es auch im deutschsprachigen Raum Unternehmen gibt, die mit ihrem disruptiven Geschäftsansatz Erfolg haben, beweisen unter anderem Restaurant-Dienstleister wie Booka-Table und OpenTable. Diese Firmen haben eine Marktlücke für sich entdeckt, die sowohl den Restaurantbesuchern als auch den Restaurantbetreibern nutzt: Über die jeweilige App oder auch über den PC können Sie sich ein schickes Restaurant aussuchen und direkt aus der Anwendung heraus Ihren Tisch reservieren. Nach dem Abschluss Ihrer Buchung bekommen Sie eine E-Mail oder eine SMS mit den Adressdaten des Restaurants, Ihren eingegebenen Daten wie Uhrzeit und Personenzahl, eine Anfahrtsbeschreibung und Hinweise auf Parkplätze, öffentliche Verkehrsmittel und noch einige Annehmlichkeiten mehr. Einfacher und bequemer geht es kaum. Für die Restaurantbetreiber bedeutet das natürlich eine höhere Auslastung und bessere Planbarkeit, was für jeden Unternehmer ein erstrebenswertes Ziel ist. Hier wird einerseits der Trend bedient, dass viele Menschen das Thema »Sofortness« auch und gerade im privaten Bereich ausleben und gleichzeitig sicherstellen wollen, dass sie nicht umsonst zu ihrem ausgesuchten Restaurant fahren müssen, weil kein Parkplatz mehr frei ist oder weil man eine Stunde auf den nächsten Tisch warten muss. Zudem bietet dieses System auch Unternehmen, die ihre Kunden zum Essen einladen wollen, eine einfach zu handhabende und verbindliche Buchungsplattform.

      Hier ist die Verschmelzung zwischen On- und Offline-Welt bereits vorangekommen, und sie wird noch viel weiter fortschreiten. Wie wäre es denn mit einem Fitness-Armband, das spürt, wann Sie Nahrung zu sich nehmen sollten, und Ihnen darum Restaurants oder andere Verpflegungsmöglichkeiten anzeigt, die Sie dann über eben diese Plattformen buchen können? Der Gedanke ist bei den technischen Möglichkeiten, die es jetzt schon gibt, gar nicht mal so abwegig: Die Fitness-Armbänder und die Reservierungsmöglichkeiten gibt es bereits, und der Rest ist nur noch eine Frage der Fantasie und der Programmierung – alles Weitere wird der Markt entscheiden.

      Aber bevor der digitale Gaul vollkommen mit mir durchgeht, lassen wir doch einmal jemanden zu Wort kommen, der bereits mittendrin statt nur dabei ist: Daniel Simon ist Deutschland-Geschäftsführer der oben erwähnten OpenTable GmbH. Ich habe ihm ein paar Fragen zur digitalen Entwicklung in seinem Unternehmen gestellt, lesen Sie hier seine spannenden Antworten:

       Der tägliche persönliche Kontakt zwischen Mitarbeitern und Gästen bleibt entscheidend

      LARS SCHÄFER: Herr Simon, was genau macht Ihr Unternehmen?

      DANIEL SIMON: OpenTable ist der weltweit führende Anbieter für Online-Restaurant-Reservierungen. Seit der Gründung im Jahr 1998 in den USA hat OpenTable mehr als 20 Millionen Reservierungen weltweit pro Monat bei circa 38 000 Restaurants vermittelt und hat seitdem bereits über einer Milliarde Gästen zu einem Tisch verholfen. Seit 2007 sind wir in Deutschland vertreten und haben schon über 17 Millionen Gäste

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