Gefährliche Reise durch den wilden Kaukasus. Alexandre Dumas

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Gefährliche Reise durch den wilden Kaukasus - Alexandre Dumas Paperback

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sich uns die Gruppe bis auf zehn Schritte genähert hatte, ward uns alles klar.

      Die bewegende Kraft war Bajeniok. Er hielt seinen Handschar zwischen den Zähnen. Auf der Schulter trug er eine scheinbar bewusstlose, aber ihr Kind krampfhaft festhaltende weibliche Gestalt, und mit der linken Hand hielt er an dem langen Haarzopf einen halb im Wasser schleppenden Tschetschenenkopf.

      Er warf den Kopf auf die Böschung, legte das Weib mit dem Kind behutsam nieder und sagte mit der größten Ruhe in russischer Sprache: »Wer von euch hat einen Schluck Wodka?«

      Er verlangte die Herzstärkung nicht für sich, sondern für die Frau und das Kind.

      Nach zwei Stunden kehrten wir mit Mutter und Kind, die sich vollkommen erholt hatten, frohlockend nach Kasafiurte zurück.

      ALI SULTAN

      Am nächsten Vormittag um elf Uhr kam Oberstleutnant Coignard, um uns abzuholen.

      Moynet hatte die Frühstunden benutzt, um Bajeniok zu porträtieren. In der ersten halben Stunde hatte der Jäger gesessen wie eine Marmorbüste, aber plötzlich hatte ihn ein Fieberfrost befallen, ohne Zweifel die Folge einer Erkältung.

      Wir hatten ihm ein Glas Wodka bringen lassen, herzlichen Abschied von ihm genommen und ihn ins Bett geschickt.

      Während er saß, ließen wir ihn durch Kalino nach den näheren Umständen des nächtlichen Abenteuers befragen.

      Die Sache hatte sich folgendermaßen zugetragen: Sobald Bajeniok den Tschetschenen bemerkte, kroch er an die Stelle, wo jener vermeintlich durch das Wasser reiten würde. Bajeniok hatte gesehen, dass der Tschetschene ein am Schweif seines Pferdes festgebundenes Weib mit sich fortschleppte. Er berechnete nun, dass er den Reiter nicht zuerst niederschießen durfte, denn das sich selbst überlassene Pferd wäre dann durchgegangen und hätte die Gefangene zu Tode geschleift. Er entschloss sich daher, zuerst das Pferd zu erschießen.

      Seine erste Kugel traf das Tier mitten in die Brust, und während sein Pferd mit dem Tode rang, schoss der Tschetschene. Seine Kugel riss dem Jäger den Papak vom Kopf, aber ohne ihn zu verwunden. Bajeniok schoss nun einen zweiten Büchsenlauf ab und traf den Tschetschenen.

      Er stürzte sich nun ins Wasser, um die Gefangene zu retten, die leicht hätte ertrinken können.

      So erreichte er die Mitte des Flusses, wo das Pferd noch mit dem Tode rang. Er durchschnitt mit seinem Handschar die Halfter und hob die Gefangene aus dem Wasser. Erst jetzt bemerkte er, dass sie ein Kind in ihren Armen trug.

      In diesem Augenblick fühlte er einen heftigen Schmerz in der Wade. Der zu Tode getroffene Tschetschene hatte ihn gebissen. Um sich seiner zu entledigen, schnitt er ihm den Kopf ab.

      So kam er mit seinem Handschar zwischen den Zähnen, mit dem Weib und dem Kind auf der Schulter und mit dem Kopf des Feindes in der Hand zu uns zurück.

      Dies alles erzählte uns Bajeniok wie die einfachste Sache von der Welt.

      Um in dem Aul des Tatarenfürsten einzukehren, mussten wir, wenn wir nicht einen weiten Umweg machen wollten, das Gebiet Schamyls berühren. Oberstleutnant Coignard verhehlte uns nicht, dass wir uns auf einen Angriff gefasst machen müssten; aber er hatte fünfzig Kosaken zur Bedeckung beordert und außerdem das ganze junge Offizierskorps zu diesem Ausflug eingeladen.

      Jenseits Kasafiurte kommt man in die Ebene Kumisch, eine äußerst fruchtbare Steppe, wo das nie gemähte Gras den Pferden bis an die Brust reicht. Rechts wird diese Ebene von den Bergen begrenzt, hinter denen Schamyl saß und auf deren Gipfel seine Vorposten standen. Links hingegen ist das Land so flach, dass ich anfangs glaubte, am Horizont sei das Kaspische Meer.

      Dieses Flachland, das von keiner fleißigen Hand angebaut wird, wimmelt von Wildbret. Wir sahen in der Ferne eine Menge Rehe laufen und prächtige Hirsche langsam in dem hohen Gras äsen, während unsere Kosaken zahllose Rebhühner und Hasen aufjagten.

      Zwei Stunden vor Kasafiurte sahen wir plötzlich eine Schar von etwa sechzig Reitern auf uns zukommen. Ich glaubte, es werde zu dem in Aussicht gestellten Scharmützel kommen; doch ich irrte mich. Der Oberstleutnant schaute gelassen durch sein Fernglas und sagte: »Es ist Ali Sultan.«

      Der Tatarenfürst hatte vermutet, dass wir den kürzesten Weg einschlagen würden, und war uns mit seiner ganzen Hofhaltung entgegengeritten, um uns im Fall eines Angriffs beizustehen.

      Ich habe nie etwas Malerischeres gesehen als diese bewaffnete Schar. Der Fürst galoppierte an der Spitze mit seinem etwa vierzehnjährigen Sohn. Beide waren in prächtiger Nationaltracht und trugen kostbare Waffen. Auf seiner anderen Seite ritt ein vornehmer Tatar namens Kuban. Als zwölfjähriger Knabe hatte er in einer von den Tscherkessen angegriffenen Festung den Platz des Hauptmanns, der gleich zu Beginn gefallen war, eingenommen und den Feind zurückgeschlagen. Der Kaiser, dem es gemeldet worden war, hatte ihn kommen lassen und ihm den St. Georgsorden verliehen. Einem zwölfjährigen Knaben!

      Hinter ihnen ritten vier Falkner und sechs Pagen. Dann folgten fünfzig bis sechzig tatarische Reiter in ihrem schönsten Kriegsschmuck, Flinten schwenkend und uns mit lautem Hurra begrüßend.

      Die beiden Scharen vereinigten sich, sodass wir nun eine Eskorte von hundertfünfzig Mann hatten.

      So ging es wohl zwei Wegstunden im Galopp weiter. Der Wagen rollte auf dem Gras wie auf einem Moosteppich, hier und da an Gerippen von Menschen und Pferden vorüber.

      Endlich tat sich eine tiefe Schlucht vor uns auf. In der Tiefe brauste der Fluss Aktasch. Oben auf dem vor uns liegenden Berg erblickten wir den Aul des Fürsten; rechts, im Hintergrund eines langen weiten Tals, glänzten die weißen Mauern eines feindlichen Dorfes.

      Erst vor acht Tagen hatten die Tschetschenen einen Angriff auf den Aul versucht und waren zurückgeschlagen worden.

      Auf der Seite, wo wir waren, erhob sich die Festung, die Oberst Kuban als zwölfjähriger Knabe verteidigt hatte. Es ist die von Peter I. auf seiner Reise im Kaukasus errichtete Zitadelle Heiligenkreuz.

      Vor dem Aul erwartete uns der Kommandant der Festung.

      Es war das erste wirkliche Tatarendorf, das wir auf der ganzen Reise fanden. Die Bewohner der Vorberge sind ein sehr schöner Menschenschlag. Sie gehören freilich zu den Mongolen, aber alle Völkerstämme, die dem Kaukasus nahe gekommen sind, haben sich mit den Eingeborenen vermischt, und aus dieser Kreuzung ist ein herrlicher Menschenschlag hervorgegangen. Die Augen zumal sind sehr schön; bei den Frauen sind es zwei strahlende Lichter, zwei Sterne, zwei große schwarze Diamanten.

      Auch die Kinder sind sehr hübsch unter dem großen Papak und mit dem langen Messer, das man ihnen, sobald sie gehen können, in den Gürtel steckt. Oft bewunderten wir solche Gruppen spielender Kinder von sieben bis zwölf Jahren.

      Wir kamen in den Aul des Fürsten Ali Sultan. Außer der Schönheit der Bewohner fiel uns die Erbitterung der Hunde gegen uns auf. Es schien fast, als hätten uns die vierfüßigen Untertanen des Begs als Christen erkannt.

      Der Palast des Fürsten ist ein befestigtes Haus. Er war vorausgeritten und erwartete uns vor der Tür.

      Er nahm uns die Waffen ab, um anzudeuten, dass er für unsere Sicherheit bürge, solange wir seine Gäste wären.

      Der Empfangssaal war ein langes und verhältnismäßig schmales Gemach. Auf der linken Seite waren in eigens

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