Lehr- und Lernforschung in der Biologiedidaktik. Группа авторов

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Lehr- und Lernforschung in der Biologiedidaktik - Группа авторов Lehr- und Lernforschung in der Biologiedidaktik

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Bereiche Fachwissen und fachdidaktisches Wissen gelten als erklärungsmächtigste Faktoren von Expertenleistung (u.a. Shulman, 1987). Weil Fachwissen und fachdidaktisches Wissen stark korrelieren, wird angenommen, dass Fachwissen eine Bedingung für fachdidaktisches Wissen ist, jedoch das fachdidaktische Wissen einen wesentlichen Einfluss auf Unterrichtsgestaltung und Lernleistung der Schüler*innen hat (Baumert et al., 2010). Lehrkräfte sind daher herausgefordert, ihre berufsspezifischen Kompetenzen kontinuierlich zu entwickeln, um fachlichen und didaktischen Innovationen im Schulsystem sowie den Anforderungen eines zeitgemäßen Biologieunterrichts gerecht zu werden. Gleichzeitig stehen sie in der Kritik, nicht hinreichend über diese Handlungskompetenzen zu verfügen. Fortbildungsmaßnahmen sollten daher regelmäßig durchgeführt werden (Blömeke, 2005), allein weil das Studium zur Erlangung von Professionalität im Lehrberuf nicht ausreicht und ihr Erwerb als lebenslanger Prozess verstanden werden muss (Reusser und Tremp, 2008).

      Die Wirksamkeit von Lehrerfortbildungen wird durch vier aufeinander aufbauende Ebenen bestimmt (Kirkpatrick und Kirkpatrick, 2006; Lipowsky, 2010). Auf der Ebene 1 lassen sich Reaktionen und Einschätzungen der teilnehmenden Lehrkräfte anhand ihrer Zufriedenheit und Akzeptanz identifizieren. Letztere sind dann hoch, wenn die Professionalisierungsmaßnahme relevante Thematiken des Unterrichts aufgreift, z.B. durch expliziten Lehrplanbezug. Je stärker die Akzeptanz, je nützlicher und realisierbarer die Inhalte erscheinen, desto eher werden die Neuerungen umgesetzt (Blumenfeld et al., 2000). Auf Ebene 2 folgen kognitive Veränderungen, z.B. Erweiterung der Expertise. Lehrkräfte tendieren aus didaktischen Erwägungen oder Selbstschutz häufig zur Überschätzung ihrer Fähigkeiten (Desimone, 2009), während sich Lehrkräfte mit geringer Berufserfahrung eher unterschätzen (Kunter und Klusmann, 2010) oder aber ihre Kompetenzen weniger kritisch und daher milder beurteilen (Rauin und Maier, 2007). Auf Ebene 3 werden Veränderungen im unterrichtspraktischen Handeln beschrieben, auf Ebene 4 werden die Veränderungen bei Schüler*innen hinsichtlich eines höheren Lernerfolgs, einer günstigeren Motivationsentwicklung oder einem veränderten Lernverhalten sichtbar.

      2.2 Implementation von Innovationen im Biologieunterricht

      Implementationsforschung fokussiert Fragestellungen zu Gelingens- und Verstetigungsbedingungen einer Innovation im Zusammenspiel mit relevanten Akteuren und Strukturen, die bei ihrer Umsetzung beteiligt sind (Jäger, 2004; Gräsel, 2010). Unter Implementation wird die Verbreitung einer Neuerung in einer ersten Phase verstanden. Bei fachlichen und fachdidaktischen Innovationen stellt sich die Frage, inwieweit Lehrerfortbildungen die Implementation einer Innovation fördern können. Um einen Implementationserfolg zu gewährleisten, sollten Lehrkräfte in Bezug auf die inhaltliche Gestaltung der Innovation Vorteile gegenüber der bestehenden Praxis wahrnehmen, ferner sollte sie im Einklang mit ihren subjektiven Überzeugungen, Einstellungen und Werten stehen. Innovationen werden zügiger umgesetzt, wenn sie eine geringe Komplexität aufweisen und die üblichen Handlungsroutinen durch sie nicht beeinträchtigt werden (Gräsel, 2010). Positive Effekte der Innovation sollten nach Möglichkeit schnell sichtbar sein. Entscheidend ist weiterhin, ob Lehrkräfte über die nötige Motivation sowie die erforderlichen Kompetenzen verfügen, um die Innovationen in ihrem Unterricht umzusetzen (Gräsel & Parchmann, 2004). Veränderungen setzen i.d.R. eine Kommunikation der Fachschaft darüber voraus, wie die Neuerungen umgesetzt und an bestehende Bedingungen vor Ort angepasst werden können (Gräsel, 2010). Idealerweise können weitere Akteure bei der Implementation in sog. Learning Communities zusammenarbeiten (Bayrhuber et al., 2007; Ostermeier et al., 2004; Parchmann et al., 2006). Ein Kennzeichen dieses Ansatzes ist, dass Lehrkräfte den Erfolg und die Wirksamkeit prozessbegleitend durch Rückmeldungen z.B. einer wissenschaftlichen formativen Evaluation schnell beurteilen und von diesen Erkenntnissen profitieren können (Gräsel & Parchmann, 2004; Gräsel, 2010).

      3 Ziele und Fragestellung

      Ziel der Evaluation des Lehrerfortbildungsangebots war neben der Qualitätssicherung konkrete Hinweise für die Weiterentwicklung der angebotenen Unterstützungsmaßnahmen (Materialausleihe, didaktisches Begleitmaterial) sowie des Fortbildungskonzepts zur Erweiterung des Professionswissens und Kooperation mit Blick auf die schulische Implementationsabsicht der Fortbildungsthemen zu erhalten. Eine Fragebogenstudie sollte daher erste Erkenntnisse über die Voraussetzungen von Lehrkräften für eine mögliche Integration der Fortbildungsinhalte in den Biologieunterricht nach erfolgter Fortbildung liefern. Die Studie fokussierte in Anlehnung an die Modellebenen von Kirkpatrick und Kirkpatrick (2006) bzw. Lipowsky (2010) und Gräsel (2010) folgende Fragestellungen:

      (1) Wie bewerten Lehrkräfte die Materialqualität und Gestaltung des Lehrerfortbildungsangebots mit Blick auf den schulpraktischen Nutzen (Ebene 1)?

      (2) Wie schätzen Lehrkräfte ihre fachliche/fachdidaktische Expertise und praktische Expertise in der Biotechnologie im Anschluss an die Lehrerfortbildung ein (Ebene 2)?

      (3) Sind die Lehrkräfte nach der Fortbildungsteilnahme motiviert, ihre Kenntnisse weiter zu vertiefen und die Fortbildungsinhalte in den Biologieunterricht einzubinden (Ebene 3)?

      4 Methoden

      4.1 Stichprobe

      An der Studie nahmen 213 Biologielehrkräfte aus Bayern (N = 166) und Berlin-Brandenburg (N = 47) von 82 Schulen teil. Unter den Schulen waren 63 Gymnasien (Bayern N = 45), 5 berufliche Schulen und 2 Realschulen aus Bayern, 7 Gesamtschulen aus Berlin-Brandenburg, 5 andere. 157 TeilnehmerInnen studierten Biologie/Chemie, 52 Personen wählten Biologie/Sonstiges als Studienfächer. Auch vier fachfremde Lehrkräfte mit Chemie/Sonstiges nahmen teil. Die Berufserfahrung der Teilnehmer*innen variiert von einem bis mehr als 19 Jahren. Berufserfahrung und professionelle Kompetenzen können korrelieren, weil jeder Unterricht ein potentieller Lernanlass ist (Ericson, 2006). Gleichwohl zeigen Kompetenzmessungen in Mathematik (COACTIV, Brunner et al. 2008) und Naturwissenschaften (ProwiN; Kirschner et al., 2017), dass dies nicht immer der Fall sein muss. Auch wir sind in unserer Studie davon ausgegangen, dass sich jüngere und ältere Lehrkräfte in ihrer praktischen Erfahrung voneinander unterscheiden, weil molekularbiologische Verfahren, z.B. PCR, Anfang der 1980er Jahre in der Forschung entwickelt wurden und erst in den 1990er Jahren systematischen Einzug in die Lehramtscurricula erhielten. Die Kategorisierung nach der Berufserfahrung dient in dieser Studie daher der explorativen Untersuchung der selbsteingeschätzten Erfahrungen mit angewandter Molekularbiologie (s. FF2) und nicht als distaler Indikator zur Operationalisierung von theoretischem und methodischem Wissen a priori. Die Stichprobe teilte sich in fünf Gruppen: Referendare Plus (1–2 Jahre, N = 43), Beginner (3–5 Jahre, N = 41), Fortgeschrittene (6–9 Jahre, N = 36), Experten (10–19 Jahre, N = 42), Experten Plus (> 19 Jahre, N = 45).

      4.2 Gestaltung der Lehrerfortbildung

      Die Fortbildung zeichnet sich durch regionale Organisation, Schulen als Fortbildungsort, kollegiale Kooperation sowie durch die Equipment- und Materialausleihe zur Unterstützung der Implementation aus. Es wird sowohl fachliches Hintergrundwissen an die Lehrkräfte vermittelt als auch die praktische Erprobung von biotechnologischen Schülerversuchen mit dem für den Biologieunterricht ausleihbaren Material ermöglicht. Die biotechnologischen Versuche des Basismoduls wurden am bayerischen LehrplanPLUS Biologie der Oberstufe (ISB, 2020) ausgerichtet und für 90 Minuten konzipiert, damit die Einbindung in einer Doppelstunde möglich ist. Aufwändigere Versuche werden in mehrere Schulstunden sequenziert. Die thematisch unterschiedlichen Basismodule umfassen grundlegende Methoden der biotechnologischen Industrie z.B. DNA Extraktion, PCR, Restriktionsverdau und Agarose-Gelelektrophorese, die mit schülergerechten Geräten im Biologieunterricht praktisch durchgeführt werden sollen. Lehrkräfte können in der Fortbildung in einem Kriminalfall ermitteln, der anhand der autosomal-rezessiv vererbten Stoffwechselerkrankung Mukoviszidose aufklärt wird, oder die eigene DNA hinsichtlich der bitteren Geschmackswahrnehmung analysieren. Teilnehmer*innen, die das Basismodul absolviert haben, können mit dem Aufbaumodul zur

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