Chiemsee-Komplott. Caroline Sendele

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Chiemsee-Komplott - Caroline Sendele

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warf Katharina einen verwirrten Blick zu, sie machte unauffällig eine beschwichtigende Geste in seine Richtung.

      »Birgit?«, fing sie vorsichtig an.

      »Ja? Willst du noch ein Stück, könnte ich verstehen, der ist zum Reinlegen, hier, nimm.« Birgit hielt ihrer Freundin eine Gabel mit einem ansehnlichen Bratenstück vor die Nase.

      »Danke, ich bin satt. Könnten wir noch mal kurz über die Beerdigung sprechen?«

      »Logisch. Die meisten Botox-Tanten sind abgedüst, als Robert weg war. Nur diese fürchterliche Heike Ballinger von ›Szene‹ stand noch eine Weile mit dem Wedel herum und es ging offenbar um die nächste Sendung von Adelhofer. Der Wedel hat der Heike auf die Schulter geklopft und ›gut gemacht‹ gesagt.«

      »Wusste ich es, dass das geplant war«, sagte Katharina und berichtete Oliver und Birgit von ihrer Beobachtung am Grab. »Alle haben gehört, warum es ohne Unterbrechung mit Roberts Sendung weitergehen wird, und viele der Kollegen werden es brav schreiben und den untadeligen Ruf des Robert Adelhofer weiter zementieren«, erläuterte Katharina entnervt. »Und ich muss mir die Sendung natürlich reinziehen.«

      Während Birgit weiter den Schweinsbraten in sich hineinschaufelte, berichtete Katharina ihr von dem Gespräch mit Adelhofer und seiner Reaktion auf die vermeintlichen Fotos aus den Bergen.

      Birgit wischte sich den Mund ab und schlug mit der Hand auf den Tisch. »Das ist doch ein Beweis, dass er lügt.«

      »Das glaube ich auch, aber so richtig gut erkennt man ihn auf den Fotos nicht.« Ein breites Grinsen ging über Birgits Gesicht. »Er ist es, Wahrscheinlichkeit 98,6 Prozent.«

      Katharina und Oliver starrten Birgit verwundert an.

      »Tja, ihr Lieben, ihr habt es schließlich nicht mit einer Dilettantin zu tun. Ich habe mir eine Gesichtserkennungssoftware besorgt, die nicht mal die Polizei nutzt, und die hat dieses Ergebnis ausgespuckt. Beautiful Robert war definitiv noch mindestens einmal in den Bergen.«

      Bester Laune bestellte sich die Archivarin einen Apfelstrudel, hob ihr Glas und sagte: »Prost, lasst uns Wochenende machen.«

      Samstagabend, München Haidhausen

      Oliver Arends saß in Katharinas Küche und rieb sich die Schläfen. Es war kurz nach 10 Uhr, Svenja befand sich nach einem flirtreichen Tag am Chiemsee im Bett, Birgit, Katharina und Oliver saßen vor der zweiten Flasche Rotwein. Aufs Abendessen hatten sie nach dem übermäßigen Bratenkonsum zu Mittag verzichtet.

      »Wie macht sich eigentlich ein Aneurysma bemerkbar?«, fragte Oliver recht unvermittelt nach seiner sachlichen Zusammenfassung des aktuellen Recherchestandes im Fall Adelhofer.

      Katharina stöhnte leise auf. Birgit, die Olivers hypochondrische Seite nicht gut kannte, fing sofort an, medizinisches Wissen auszupacken: »Na ja, das kann unterschiedlich sein. Viele merken nichts, manchen wird schwindlig, andere haben Kopfschmerzen.«

      »Kopfschmerzen«, stieß Oliver erschreckt hervor. »Ich habe ständig Kopfschmerzen. Im Moment klopft es an den Schläfen.«

      Er sah Katharinas entnervtes Gesicht und schob nach: »Sind sicher nur Verspannungen, der Physiotherapeut langt meist zu fest zu, danach ist mir oft schwindlig. Wo waren wir? Katharina, du glaubst, dass an dem Adelhofer und seiner Geschichte irgendwas faul ist. Warum? Weil ihm nicht gefallen hat, dass Leute über ihn erzählen, sie hätten ihn in den Bergen gesehen. Hm, bisschen dünn, finde ich.«

      Katharina staunte, dass Oliver von selbst das Thema wechselte, ließ sich aber nur zu gerne darauf ein. »Na ja, fassen wir zusammen: Er behauptet in seiner ersten Sendung, er sei nie mehr in den Bergen gewesen. Sieht danach aus, dass das nicht stimmt. Könnte also sein, dass das Trauma des Bergwinters nicht so groß ist. Und ansonsten sagt mein Bauchgefühl mir, dass irgendwas nicht stimmt. Du hast recht, seine Reaktion auf die Bergfotos reicht nicht, aber ich bin erst am Anfang. Lass mich nur mal recherchieren, also Birgit und mich«, sagte sie und streckte ihrer Freundin den erhobenen Daumen entgegen.

      Einige Stunden vorher,

      Breitbrunn am Chiemsee

      Achim Wedel wurde langsam unruhig. Okay, Robert hatte heute seinen Bruder beerdigt. Es gab lustigere Termine. Aber eigentlich konnte er froh sein, dass er Lukas loshatte. Er war in den letzten Jahren nur noch ein Klotz am Bein gewesen. Neidisch, ständig besoffen, pleite. Keine gute PR für beautiful Robert.

      Jetzt lag Lukas unter der Erde. Eigentlich besser fürs Business.

      Robert schien das anders zu sehen. Er saß wie erstarrt neben ihm, seitdem sie vom Adelhofer-Hof weggefahren waren. Hatte sich auf den Beifahrersitz gesetzt. Und sprach kein Wort. Seit einer halben Stunde.

      Dabei mussten sie dringend die Sendung planen. Wedel beschloss zu handeln:

      »Robert, ist irgendwas?« Wedel nahm eine Hand vom Lenkrad und klopfte unbeholfen auf Roberts Oberschenkel.

      Robert fuhr auf, als würde ihm gerade erst klar, dass jemand neben ihm saß. Er schaute Achim mit starrem Blick an und sagte: »Mein Bruder ist heute beerdigt worden, schon vergessen?«

      »Nein, nein, Robert, klar, tut mir leid. Ich dachte nur …«

      »Du dachtest nur, das wäre mir egal. Nein, du dachtest, das wäre mir sogar recht. Endlich ist der Lukas weg. Gell, Achim? Bloß so einfach ist das nicht, verstehst du? Nein, das verstehst du natürlich nicht. Familie ist dir ja fremd. Gibt’s nicht bei Herrn Wedel. Sondern nur Geld und Macht und Macht und Geld, ich weiß. Aber ich habe eine Familie. Verstehst du? Eine Mutter, die fast stirbt vor Kummer über den Tod ihres Sohnes, und einen Vater, der die Welt nicht mehr versteht.« Jetzt brüllte Robert. »Und du fragst mich, ob irgendetwas ist? Du Vollidiot!«

      Achim Wedel hätte gute Lust gehabt zurückzubrüllen. Wahrscheinlich war es mit der Tussi von »Fakten« nicht gut gelaufen. Deshalb machte er hier einen auf betroffen.

      Ausrasten würde Achim erst, wenn Robert die Sendung platzen ließe. Sie musste stattfinden. Traumquoten waren garantiert. Und ein deutlich höheres Honorar für alle auch.

      »Tut mir leid, Robert. Ich bin ein Gefühlstrampel. Ich war nur den ganzen Nachmittag in Kontakt mit der Redaktion wegen der Sendung und es gäbe einiges zu besprechen.« Dramatische Kunstpause. »Aber ich bin der Letzte, der dich zu der Sendung zwingt. Wenn es dir nicht gut geht, fällt ›Krise‹ mit Robert Adelhofer nächste Woche eben aus. Das wird jeder verstehen. Norma kann dich bestimmt vertreten.«

      Jetzt würde sich rausstellen, wie sehr Robert litt. Wenn er freiwillig zuließ, dass Norma Andall ihm den Sendeplatz abnahm – und sei es nur für einen Abend –, müsste man ernsthaft anfangen, sich Sorgen zu machen.

      Dass Norma seine Urlaubsvertretung war, hatte Robert am Anfang akzeptiert. Sie machte ihre Sache allerdings so gut, dass der Programmchef bereits geäußert hatte, es seien zwei Moderatoren für »Krise« denkbar. Das passte Robert gar nicht.

      Seine Urlaube in diesem Jahr hatten deshalb maximal sechs Tage gedauert, jede Sendung hatte er moderiert.

      Wedel trat zufrieden aufs Gaspedal, schaltete im Radio auf Bayern zwei und sagte entschuldigend zu Robert: »Sorry, dass ich die ganze Zeit das Popgedudel laufen hatte. Danach ist dir wahrscheinlich nicht.«

      Robert fuhr sich

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