Perry Rhodan Neo 117: Exodus der Liduuri. Susan Schwartz
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Anathema setzte sich auf. »Entschuldige. Ich hätte sie nur gern einmal wiedergesehen.«
Auch Dorain vermisste Agaia, doch er musste akzeptieren, dass sie ihren eigenen Lebensweg eingeschlagen hatte. Seit er mit der Erschaffung der Bakmaátu begonnen hatte, hatten die Eheleute angefangen, sich voneinander zu entfernen. Agaia hatte Dorain vorgeworfen, sich mehr denn je seiner Arbeit zu widmen und diese Roboter als neue Familie zu betrachten. Da blieb keine Zeit und anscheinend auch kein Wille mehr für ein partnerschaftliches Zusammenleben. Um die Lücke zu füllen, wollte sie sich intensiver mit ihrer Kunst beschäftigen. Was bedeutete, dass Agaia sich mehr auf der Warmen Welt Liduur aufhalten würde als auf Tiamur. Dorain, der nie aufgehört hatte, seine Frau zu lieben, widersetzte sich nicht, und so sahen sie sich nicht mehr allzu häufig. Per Funk unterhielten sie sich mindestens einmal pro Woche. Manchmal wurde dadurch die Sehnsucht größer, manchmal tat es schlichtweg gut, sich ausgiebig mit dem schon so lange verbundenen Partner zu unterhalten, mit dem man alles teilen konnte. Sie redeten über Dinge, über die sie mit sonst niemandem sprachen.
Trotzdem, Dorain konnte Anathemas Haltung verstehen. An diesem Tag hätte Agaia dabei sein sollen, zusammen mit Tochter und Schwiegermutter herfliegen, damit der Kern des Klans einmal wieder komplett war. Wahrscheinlich war es ohnehin das letzte Mal, dass sie alle beisammen sein konnten.
Und vor allem wäre es zu diesem so deklarierten hochoffiziellen Anlass angebracht gewesen.
Avandrina
Die Luxusjacht des Hutáat, des liduurischen Regierungsrats, bot für den kurzen Flug von Liduur nach Tiamur alle erdenklichen Annehmlichkeiten. Die Hälfte der Henutu, wie die Ratsmitglieder bezeichnet wurden, hatte sich mit auf den Weg gemacht, um der Hemneter, der »größten Dienerin«, das angemessene Geleit für diesen offiziellen Besuch zu geben. Aber nicht, weil etwa angenommen worden wäre, der zu verkündende Beschluss würde auf so starken Widerstand stoßen, dass die Hemneter Unterstützung benötigte. Bewahre! Selbst in diesen Tagen waren die Autorität und das Durchsetzungsvermögen der Ratspräsidentin ungebrochen. Es brauchte schon einiges, um ihr gegenüber Widerspruch zu wagen.
Doch es würde eine Aufzeichnung der Konferenz geben, die auf allen Welten ausgestrahlt werden sollte. Das musste in passendem Rahmen geschehen.
Die Henutu hatten es sich in der großzügigen Aussichtskanzel bei erlesenen Genüssen und Getränken bequem gemacht und unterhielten sich angeregt.
Die Hemneter hatte sich zur Vorbereitung und Meditation ein Deck höher in ihre private Lounge zurückgezogen und würde diese erst nach der Landung wieder verlassen.
Ihre Enkeltochter, die Henut Avandrina di Cardelah, hatte sich ebenfalls in ihre persönliche Unterkunft begeben, um einen halb privaten Hyperkomruf zu tätigen.
Schon nach kurzer Zeit erschien in dem Holo das Symbol der Liduurischen Flotte, die symmetrisch ausgebreiteten Falkenflügel mit dem Kreis der Wahren Welt in der Mitte. Ein leicht modifiziertes Symbol wurde vom Hutáat verwendet.
Als der Ruf angenommen wurde, erschien das Bild eines großen, markant aussehenden Manns, dessen sonst strenge, eher kühle, graue Augen freudig aufzuleuchten schienen, als er Avandrina erkannte. »Sonne meines Lebens!«, rief er. »Ich hätte nicht gedacht, dass du die Zeit findest, mit mir zu sprechen, bevor die Konferenz stattfindet.«
»Ich hingegen bin froh, dich zu erreichen, Wepesch«, erwiderte Avandrina. Ihre braunen Augen blickten traurig. »Noch mehr hätte ich mich gefreut, wenn du wenigstens einmal an meiner Seite gewesen wärst. Gerade jetzt, gerade bei diesem Besuch.«
Der Hor, höchster militärischer Kommandant des Soltsystems, schwieg kurz. Er wollte wohl den richtigen Ton und vor allem die richtigen Worte finden. »Ich wäre sehr gern bei dir«, sagte er dann. »Lieber als alles andere. Aber wie soll ich die Zeit finden? Du selbst hast als Henut dazu beigetragen, dass ich noch mehr Aufgaben zu koordinieren habe.«
»Ich weiß«, sagte sie leise. Die Sehnsucht schnürte ihr die Kehle zu.
Hor Wepesch Taui war mit der Verantwortung der Ruyia betraut, dem Exodus nach Achantur. Und das war nichts, das man nebenbei erledigen konnte. Avandrina wusste selbst, dass ihr Geliebter sich im Grunde genommen vervielfachen müsste, um alles fristgerecht zu schaffen. Insofern schämte sie sich, dass sie ihn zusätzlich mit ihren privaten Forderungen belastete. Doch sie wusste nicht, ob ihre Träume über Ehe und Familie und daraus resultierend der Rückzug aus allen Ämtern überhaupt noch erfüllbar waren. Sie hatten zwar eine neue Welt gefunden – doch würden sie dort einen wirklichen Neuanfang wagen können? Oder würden sie beide für zu lange Zeit weiterhin vollauf in Anspruch genommen werden, sodass sie nie eine Partnerschaft eingehen konnten?
Sie straffte ihre Haltung. »Womit bist du denn gerade beschäftigt?«
»Oje!« Er lächelte kurz. »Wo soll ich anfangen? Aktuell bin ich auf Velcitna.« Das war der sonnennahe Kleinstplanet. Wepesch hatte die Idee gehabt, für eine ferne Zukunft vorzusorgen und auf Velcitna eine Art Zeitkapsel einzurichten. Hierzu war der Planet komplett ausgehöhlt worden, und der Hor hatte eine Raumschiffswerft darin eingerichtet. »Die Schiffe kommen gerade an und werden in die Werft gebracht.«
Eine kleine liduurische Flotte sollte dort sozusagen für die Ewigkeit geparkt werden. Niemand wusste, ob die Liduuri die Allianz jemals würden besiegen können, um anschließend ins Soltsystem zur Neubesiedlung zurückzukehren. Aber falls es gelang, wollte der Hor den neuen Siedlern eine gewisse Erleichterung, eine technologische Basis für den Anfang verschafft haben.
Der Rat hatte sich zunächst gegen Wepesch Tauis Vorschlag ausgesprochen, konnte dann aber dank Avandrinas Fürsprache und Argumentation überzeugt werden. Die Henut bot den Kompromiss an, dass zwar funktionsfähige, aber wegen ihrer veralteten Technik nicht mehr für den Einsatz gedachte Schiffe abgezogen werden sollten, auf die deshalb leicht verzichtet werden konnte.
Diese Arbeit schien also demnächst abgeschlossen. »Das ist gut«, sagte sie. »Wir wissen nicht, was die Zukunft bringt. Wir sind ein langlebiges Volk. Und ich hoffe sehr darauf, dass wir eines Tages heimkehren können. Dann können wir diese Schiffe für den Neuanfang und vor allem die erste Verteidigung des Systems nutzen.«
»Vielleicht sogar wir beide?«, scherzte der Hor, doch sein Blick blieb ernst.
»Und was bereitet dir Sorge?«, fuhr die Rätin fort, die ihn zu gut kannte, als dass ihr das entginge.
»Vielleicht habe ich den Verursacher für die Verbreitung des Taalvirus gefunden«, antwortete Wepesch. »Die Bestien. Sie sind hier ... in der Galaxis. Sollten sie angreifen ... ausgerechnet jetzt ... ich weiß nicht, was ich dann tun soll. Ich kann nicht überall gleichzeitig sein.«
»Wir werden fort sein, bevor sie uns entdecken.« Avandrina sprach im Brustton der Überzeugung, um sie beide zu beruhigen. Das war ein Problem, mit dem sie sich nicht auch noch befassen konnte.
»Die Flotte ist in ständiger Alarmbereitschaft, und ich muss mich auf die Wachsamkeit und schnelle Reaktion meiner Kommandeure verlassen, ich habe keine Wahl. Es darf jetzt nichts mehr geschehen, was die Ruyia stört.«
Avandrina presste die Lippen zusammen. Was war denn noch übrig von dem mächtigen Reich der Liduuri? Die Allianz war unaufhaltsam auf dem Vormarsch und vernichtete eine Kolonialwelt nach der anderen. Die Ruyia war ein purer Akt der Verzweiflung. Die Liduuri hatten alles verloren, nun ging es nur noch ums nackte Überleben. Der Hutáat nannte es »Exodus«, doch es war in Wirklichkeit eine