Fettnäpfchenführer Südafrika. Elena Beis

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Fettnäpfchenführer Südafrika - Elena Beis Fettnäpfchenführer

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kämpfen, und einem Land, in dem man so ausgesprochen viel Wert auf Freundlichkeit legt, nicht gut an. Außerdem provoziert man damit Aggressionen und potenziell gefährliche Situationen heraus – man weiß ja nie, mit wem man es zu tun hat.)

      Na ja, was soll’s. Die Latte macchiato auf dem Nachbartisch sieht sehr verführerisch aus. Silvie will eine für sich bestellen, aber die Kellnerin behauptet ganz kategorisch, sie servieren keine »Latte makkatos« – bis Silvie schließlich auf das Kaffeeglas ihrer Nachbarin zeigt ...

      »Ah. You mean Caffè Latte!«

      (Eine kleine Kaffeekunde: Milchkaffee heißt in Südafrika Caffè Latte. Eine Latte macchiato kennt man hier nicht. Eine normale Tasse Kaffee bestellt man mit ›Americano‹, Kakao mit ›Hot Chocolate‹, Cappuccino mit Sahne ist ein ›Cappuccino with cream‹ und die Milchschaum-Variante ist Cappuccino mit ›frothed milk‹.)

      Die hübsche Bedienung verschwindet nach hinten, und noch bevor Silvie die Karte aus der Hand weggelegt hat, taucht der Gruseljunge wie aus dem Nichts auf einmal wieder auf und blitzt sie an: »YOU are going to get ROBBED.« (»Du wirst ausgeraubt werden!«)

      Oh mein Gott! Wie gespenstisch.

       NICHT VERZWEIFELN ...!

      Erschwerend zu der Armut, mit der man in Südafrika schlagartig konfrontiert ist, kommt in den ersten Tagen noch hinzu, dass man als Tourist besonders oft angesprochen und angebettelt wird – Südafrikaner, die fünf Mal am Tag die Long Street hoch und runter laufen und die die Straßenkids schon kennen, werden weniger angeschnorrt als Touristen, die gerade angekommen sind. Nach ein, zwei Tagen lernt man auch zu unterscheiden, wer wirklich in Not ist und wer Lügengeschichten erzählt, um an Geld für Drogen zu kommen. Eine der beliebtesten und unkreativsten Storys ist: »Mir ist das Benzin ausgegangen und ich brauche nur R20, um nach Hause fahren zu können.«

      Für Straßenkinder gibt es zwar auch in Südafrika Wohnheime, nichtsdestotrotz entscheiden sich viele dieser Kinder für das Leben auf der Straße – oftmals, weil sie kein anderes Leben kennen.

      Man hilft solchen Kindern nicht damit, wenn man ihnen Geld für Klebstoff und andere Drogen gibt und damit letztlich ihren destruktiven Lebensstil weiter fördert. Essen oder Kleidung, die man kauft, wird in der Regel weiterverkauft. Sinnvoller ist es, ihnen etwas Aufmerksamkeit zu schenken – denn das Fehlen von Liebe, Identität und Sicherheit hat diese jungen Menschen auf die Straße getrieben – und Initiativen zu unterstützen, die ihnen dabei helfen, von der Straße wegzukommen. Hier drei Vorschläge:

       The Homestead (www.homestead.org.za) Ein Heim, das Jungen mit Essen, Kleidung und Aufmerksamkeit versorgt und Alternativen zum Leben auf der Straße aufzeigt.

       Ons Plek (www.onsplek.org.za) Das einzige Kapstädter Heim dieser Art für Mädchen, die sich bisher auf der Straße verdingen mussten.

       SOS Kinderhilfe Südafrika (www.kapstadt.org/kinderhilfe)

      Als Simon von der Kuchentheke zurückkehrt, sitzt seine Freundin auf einmal ganz angespannt auf ihrem Stuhl.

      »Schatz, was ist los mit dir?«

      »Ich will zurück nach Hause. Sofort!«

      »Warum?«

      Silvie ist völlig aufgebracht: »Ich kann doch nicht hier jedem Geld in die Hand drücken ...«

      »Nein, natürlich nicht – Schatz, das darfst du dir doch alles nicht so zu Herzen nehmen! Wir können in den zwei Wochen hier nicht alle mit unserem Kleingeld retten.«

      »Eben.«

      »Lieber investieren wir das Geld in ein neues Surfboard.«

      Silvie findet Simons Scherz am Rande angesichts der dramatischen Situation gerade überhaupt nicht lustig.

      Als die beiden wenig später von der Long Street zum Green Market Square abbiegen, bietet ihnen ein junger Mann in Schmuddelkleidung ›daggah‹ an.

      (Apropos: Dabei handelt es sich um Gras oder Marihuana; das wird Ihnen sicherlich auch einige Male angeboten werden, wenn Sie in der Innenstadt spazieren gehen)

      Die beiden gehen kopfschüttelnd an ihm vorbei – was der Typ wohl als eine Art Aufforderung versteht. ›Madame? Madame? Mister?‹

      Zum Durchdrehen, wirklich. Da es ja offensichtlich WEDER etwas bringt, Geld herauszugeben, NOCH sich auf langwierige Diskussion einzulassen, NOCH »Nein!« zu sagen, beschließt Silvie, jetzt gar nichts mehr zu machen, bis der Typ von alleine wieder abzischt.

      »Etwas Wechselgeld bitte, Madame!« – »Madame? Madame?« – »Euro? Dollar?«

      Der Green Market Square ist echt klasse. Dutzende afrikanische Stände mit Kunstwaren aus allen Ländern des Kontinents! Silvie hatte sich eigentlich darauf gefreut, sich die ganzen geschnitzten Figuren in Ruhe ansehen, aber mit der Nervensäge im Schlepptau ist das ein Ding der Unmöglichkeit.

      »Madame, kannst du bitte deinen Bruder unterstützen?«

      Silvie weiß jetzt langsam echt nicht mehr weiter. Als sie gerade ein paar hölzerne Mitbringsel in ihre Tasche steckt, sieht sie aus dem Augenwinkel schon den nächsten Farbigen auf sie Kurs nehmen.

      »Nein, nein, nein, NEIN! Ich habe kein f***ing Kleingeld!«

      »Ey? Ich habe nichts mit dir zu tun, Sisi! Ich kenn dich nicht! Lass mich in Ruhe, ich kenn dich nicht!«

      Der farbige Typ zischt empört ab und Simon lacht lauthals los.

      »Was gibt es denn da zu lachen?«

      »Du, der Typ hat doch überhaupt nichts zu dir gesagt.«

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