Knappgeschichten. Christian A Hirsch
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Auf der Fahrt vom Flughafen in die Innenstadt war ihm zu seiner Überraschung aufgefallen, dass der Verkehr ähnlich stark war wie in den Städten zu Hause. Nunmehr zu Fuß unterwegs, mischte er sich in die Menschenmassen, die sich auf den Straßen und Plätzen tummelten. Sein Fortkommen gestaltete sich jedoch langsamer als geplant. Mit der Zeit befiel ihn eine leichte Nervosität ob des regen Treibens in den Straßen von Harare, das bis zum 18. April 1982 noch Salisbury geheißen hatte. Das Gedränge wollte einfach nicht weniger werden, keine Nische der Ruhe und Behaglichkeit bot sich an.
Jetzt, inmitten der einheimischen Bevölkerung, fühlte er sich zunehmend einsam und fremd. Die vielfältigen neuen Gerüche, die unverständlichen Wortfetzen und Gesprächsfragmente, die an sein Ohr drangen, und die vielen Augen, die ihn zu beobachten schienen, steigerten sein inneres Unwohlsein immer mehr. Unterschwellig wurde ihm bewusst, dass die weiße Hautfarbe nicht die dominierende war. Auch schauten die Menschen sehr ernst und angestrengt drein.
Als er die erste Metzgerei in seinem Afrika erspähte, traute er seinen Augen nicht. Verwundert positionierte er sich vor dem Eingang eines Supermarktes, dessen Name ihm nur allzu geläufig war, und registrierte zunehmend irritiert, dass hier das gleiche Treiben herrschte wie in seiner Heimat. Sein Weg führte ihn vorbei an TV- und Videogeschäften, Friseuren, Boutiquen, Geschäften mit Damen- und Herrenmode, Bäckereien und schließlich an Fachgeschäften für Schmuck, Medizin und Elektrogeräte. Unmerklich steigerte sich sein Puls von Erkenntnis zu Erkenntnis.
Allmählich wandelte sich seine Nervosität in ein beklemmendes Gefühl, dessen Herkunft er sich nicht erklären konnte. Es wurde immer intensiver und legte sich um sein Herz wie eine zu enge Bandage. Sein schnell umherfliegender Blick hielt Ausschau nach einem Café oder einem Restaurant. Es verlangte ihn nach einem Schluck Wasser, nach einer Erfrischung. Nach Klärung seines Geistes.
Die Sonne brannte immer stärker und hatte bald ihren Zenit erreicht. Seine Beine trugen ihn immer schwankender, als ihm der Duft von frischem Brot in die Nase wehte und er die Bäckerei auf der anderen Straßenseite erkannte. Kuchen und Kaffeestückchen, Brot und andere Backwaren waren im Angebot. Erinnerungen an zu Hause wehten flüchtig durch sein Bewusstsein.
Sein Körper wankte und er lehnte sich an eine Wand. Schwindel übermannte ihn. Er wollte um Hilfe bitten, doch angesichts all dieser schwarzen Gesichter auf der Straße kam kein Wort über seine ausgetrockneten Lippen. Wo war nur sein Afrika?
Langsam gaben seine Knie nach und er glitt mit dem Rücken an der Wand entlang schleifend auf den Boden. Der Stadtplan rutschte ihm aus der nassen Hand und wurde von einem Windstoß, der keine Kühlung brachte, hinweg geweht. Sein Blick folgte dem verschwindenden Papier und verklärte sich.
Durch die Nebel erkannte er wulstige Lippen, die auf ihn einredeten. Schwarze Hände versuchten ihn zu stützen, ein Taschentuch trocknete seine feuchte Stirn. Doch er verstand keines der Worte, die an sein Ohr drangen. Alles um ihn herum entfernte sich. Schließlich verschwanden die Stimmen in der Leere, die sich mehr und mehr Raum verschaffte.
Panik ergriff ihn. Er fühlte Einsamkeit, die von Sekunde zu Sekunde an Intensität gewann, bis sie schier unendlich schien. Allein in dieser Traube von Menschen, allein in seinem Traumland, allein in seinem Afrika. Sein Herz raste, und er spürte, wie ihm das Bewusstsein schwand.
Ihm wurde schwarz vor Augen, bevor sie sich ein letztes Mal schlossen. So blieb seine Seele in jenem Land, welches er das Land seiner Träume genannt hatte und das doch so gar nicht seinen Erwartungen entsprach. Er starb mit der Einsicht, hier in einem Land zu sein, das selbstständig und stark, pulsierend und geschäftig war.
(Jahre später sollte sich dieses Land jedoch wandeln und sich weit von den Schilderungen in dieser Geschichte entfernen. Möge es eines Tages seinen eigenen, positiven Weg finden und in der Lage sein, alle seine Einwohner zu nähren und zu versorgen, in Friede und Freiheit.)
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