Antibiotika in der Zahnmedizin. Michael Hülsmann

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Antibiotika in der Zahnmedizin - Michael Hülsmann

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zu den erfolgreichsten Therapeutika. Mit einer antimikrobiellen Therapie kann es gelingen, eine vorliegende Infektionskrankheit auszuheilen. Die Grundvoraussetzung hierfür ist, dass der Erreger gegen das eingesetzte Antibiotikum empfindlich ist.

      Zwei Fähigkeiten der Mikroben können den Therapieerfolg negativ beeinflussen. Zum einen hatten viele Erreger evolutionär die Möglichkeit, im Kontakt mit den in der Natur vorkommenden antimikrobiellen Substanzen Resistenz-Mechanismen gegen diese zu entwickeln (natürliche Resistenz). Beispielsweise fand man Spuren von Tetracyclin in Knochen von Mumien aus dem Sudan, tausende Jahre bevor Tetracycline zur Therapie entwickelt worden waren1.

      Zum anderen stellte man sehr bald bei Bakterienarten, die primär als empfindlich gegen Penicillin eingestuft worden waren, eine stetige Zunahme von Resistenzen fest (erworbene Resistenz), welche zu klinischem Versagen führten (Tab. 1).

Jahr% resistent
19483
1949/5024
1954/5658
196378
196754
1972/7349

      Resistenz-Definition

      Die Antibiotikaresistenz ist definiert als Widerstandsfähigkeit eines Mikroorganismus gegenüber einer antimikrobiellen Substanz. Das bedeutet, dass ein resistenter Erreger in Gegenwart dieser Substanz ungehemmt wachsen und sich vermehren kann.

      Natürliche Resistenz: Wenn natürlich vorkommende Erreger, die die normale, nicht mutierte Form des Genoms besitzen (Wildtyp), a priori Resistenzmechanismen, geno- oder phänotypisch nachweisbar, gegen ein getestetes Antibiotikum besitzen, sind sie natürlich resistent. Beispiel für solch eine Resistenz ist die Unfähigkeit höchster In-vitro-Konzentration von Vancomycin, gramnegative Bakterien in ihrem Wachstum zu hemmen (Tab. 2).

MikroorganismenAntimikrobielle Wirkstoffe
Enterobacteriaceae, z. B. E. coliVancomycin, Teicoplanin, Makrolide
Proteus-, Providencia-, Serratia-ArtenPolymyxin, Colistin
Haemophilus influenzaeOleandomycin
Anaerobier, z. B. Bacteroides-SpeziesAminoglykoside

      Erworbene Resistenz: Ein primär empfindlicher Erreger wird nach Exposition zu einem Antibiotikum resistent gegen dieses. So beobachtete man kurze Zeit nach Einführung von Penicillin eine Zunahme von penicillinresistenten Stämmen bei Staphylococcus aureus bzw. nach Einführung von Ciprofloxacin eine Resistenzzunahme bei Escherichia coli (Tab. 1, Abb. 1)

      Solche Resistenz entsteht selten als Einschritt-Resistenz, sondern ist meist eine allmähliche Abnahme der Empfindlichkeit. So kann man im Laboratorium einen Erreger langsam steigenden Wirkstoffkonzentrationen aussetzen, um einen resistenten Stamm zu züchten oder zu selektionieren.

      Klinisch wichtiger ist die erworbene Resistenz. Je mehr Antibiotika eingesetzt werden, desto häufiger werden resistente Erreger nachgewiesen2–9. Problematisch wird dies, wenn solche Stämme multiresistent sind. Diese Eigenschaft kann horizontal – Weitergabe von Bakterienzelle zu Bakterienzelle derselben Generation – oder vertikal – Weitergabe durch Zellteilung auf die Tochterzelle – verbreitet werden. Gefürchtet ist das Überspringen der Resistenz auf andere Spezies durch Plasmide, d. h. durch extrachromosomal im Zytoplasma lokalisierte DNS. Ein Beispiel hierfür wäre das Übertragen einer Resistenz gegen Cefotaxim von E. coli auf Salmonella-Spezies.

      Resistenzmechanismen

      Inaktivierung: Das Antibiotikum wird entweder durch Hydrolyse oder Modifikation inaktiviert. Die Wirkung von Penicillin wird durch hydrolytische Spaltung seines Betalaktamrings aufgehoben. Bei Aminoglykosiden, wie Gentamicin, wird dies durch Aminoglykosidasen erzielt, die die Aminoglykoside durch Phosphorylierung und Nukleotidylierung modifizieren.

      Veränderung der Zielmoleküle: Hierbei werden die bakteriellen Zielmoleküle so verändert, dass das Antibiotikum geringere Affinität zu ihnen hat. Ein Beispiel hierfür ist die geringere Affinität der bakteriellen Topoisomerase (Gyrase) für Chinolone (Gyrasehemmer).

      Änderung der Permeabilität: Um ihre Wirkung zu erzielen, müssen manche Antibiotika durch die Bakterienzellwand penetrieren und dort in wirksamer Konzentration für ausreichende Zeit vorliegen. So kann eine Carbapenem-Resistenz, z. B. Imipenem-Resistenz, durch Änderung der Oberflächenporine entstehen; bei Tetracyclinen wird die Resistenz oft durch Efflux-Pumpen verursacht, die den Wirkstoff schnell aus der Zelle hinaus transportieren.

      Festlegung der Grenzwerte für Resistenz

      Grenzwerte für die klinische Definition der Resistenz werden für Europa von EUCAST (European Committee on Antimicrobial Susceptibility Testing) festgelegt10. Sie können von Empfehlungen anderer Organisationen, wie BSAC (British Society for Antimicrobial Chemotherapy)11 oder CLSI (Clinical & Laboratory Standards Institute, US-Organisation)12, abweichen.

      Die unterschiedlichen Grenzwerte können zur Folge haben, dass Erreger, die nach EUCAST als resistent eingestuft werden, nach CLSI als empfindlich gelten können. Daher sind Empfindlichkeitsdaten, z. B. aus den USA, nicht ohne weiteres mit europäischen Daten vergleichbar.

      Klinische Resistenz: Der Erreger wird unter der Normdosierung weder gehemmt noch abgetötet, auch wenn er mikrobiologisch als empfindlich eingestuft worden ist, da die Konzentrationen zu seiner Hemmung am Ort der Infektion klinisch selbst unter hoher Dosierung nicht zu erzielen sind.

      Resistenztypen

      Multi-Resistenz: Ein Erreger wird als multiresistent definiert, wenn er mindestens gegen drei Antibiotikaklassen resistent ist.

      Hoch-Resistenz: Diese liegt vor, wenn der Erreger gegen alle untersuchten Antibiotika, mit Ausnahme von ein bis zwei Antibiotikaklassen, resistent ist.

      Pan-Resistenz: Der Erreger ist gegen alle verfügbaren Antibiotikaklassen resistent.

      Strategien zu Verhinderung der Zunahme von Antibiotikaresistenz

      Der wichtigste Faktor für die Zunahme der Antibiotikaresistenz (erworbene Resistenz) ist die Selektion resistenter Varianten (Stämme) unter Antibiotikaeinsatz. Daher ist die Hauptforderung eine Verminderung des Einsatzes von Antibiotika. Um dieses Ziel zu erreichen, muss jede Antibiotikagabe kritisch und möglichst gezielt erfolgen. Im Idealfall sollte das gewählte Antibiotikum nur auf den nachgewiesenen Erreger einwirken (Schmalspektrumantibiotikum) und die körpereigene Flora (Mikrobiom) möglichst nicht oder wenig beeinflussen.

      Eine gezielte Antibiotikatherapie ist selten möglich, da zum Zeitpunkt der Diagnose weder der Erreger noch seine Empfindlichkeit bekannt sind. Die mikrobiologische Diagnostik benötigt in der Regel mehr als einen Tag. Die Therapie wird daher fast immer kalkuliert begonnen, evtl. später modifiziert, wenn der mikrobiologische Befund vorliegt. Bei unbekanntem Erreger richtet sich die kalkulierte Therapie nach der Infektlokalisation,

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