Kritik der reinen Vernunft. Immanuel Kant

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Kritik der reinen Vernunft - Immanuel Kant

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Sache an sich selbst anginge, anzutreffen ist, so ist unser transzendentaler Unterschied verloren, und wir glauben alsdann doch, Dinge an sich zu erkennen, ob wir es gleich überall (in der Sinnenwelt) selbst bis zu der tiefsten Erforschung ihrer Gegenstände mit nichts als Erscheinungen zu tun haben. So werden wir zwar den Regenbogen eine bloße Erscheinung bei einem Sonnenregen nennen, diesen Regen aber die Sache an sich selbst, welches auch richtig ist, sofern wir den letzteren Begriff nur physisch verstehen, als das, was in der allgemeinen Erfahrung, unter allen verschiedenen Lagen zu den Sinnen, doch in der Anschauung so und nicht anders bestimmt ist. Nehmen wir aber dieses Empirische überhaupt und fragen, ohne uns an die Einstimmung desselben mit jedem Menschensinne zu kehren, ob dieses auch einen Gegenstand an sich selbst (nicht die Regentropfen, denn die sind dann schon als Erscheinungen empirische Objekte) vorstelle, so ist die Frage von der Beziehung der Vorstellung auf den Gegenstand transzendental, und nicht allein diese Tropfen sind bloße Erscheinungen, sondern selbst ihre runde Gestalt, ja sogar der Raum, in welchem sie fallen, sind nichts an sich selbst, sondern bloße Modifikationen oder Grundlagen unserer sinnlichen Anschauung; das transzendentale Objekt aber bleibt uns unbekannt.

      Die zweite wichtige Angelegenheit unserer transzendentalen Ästhetik ist, dass sie nicht bloß als scheinbare Hypothese einige Gunst erwerbe, sondern so gewiss und ungezweifelt sei, als jemals von einer Theorie gefordert werden kann, die zum Organon dienen soll. Um diese Gewissheit völlig einleuchtend zu machen, wollen wir irgendeinen Fall wählen, woran dessen Gültigkeit augenscheinlich werden und zu mehrer Klarheit dessen, was §. 3 angeführt werden, dienen kann.

      Setzet demnach, Raum und Zeit seien an sich selbst objektiv und Bedingungen der Möglichkeit der Dinge an sich selbst, so zeigt sich erstlich: dass von beiden a priori apodiktische und synthetische Sätze in großer Zahl vornehmlich vom Raum vorkommen, welchen wir darum vorzüglich hier zum Beispiel untersuchen wollen. Da die Sätze der Geometrie synthetisch a priori und mit apodiktischer Gewissheit erkannt werden, so frage ich: Woher nehmt ihr dergleichen Sätze und worauf stützt sich unser Verstand, um zu dergleichen schlechthin notwendigen und allgemein gültigen Wahrheiten zu gelangen? Es ist kein anderer Weg als durch Begriffe oder durch Anschauungen; beide aber als solche, die entweder a priori oder a posteriori gegeben sind. Die letzteren, nämlich empirische Begriffe, imgleichen das, worauf sie sich gründen, die empirische Anschauung, können keinen synthetischen Satz geben als nur einen solchen, der auch bloß empirisch, d. i. ein Erfahrungssatz ist, mithin niemals Notwendigkeit und absolute Allgemeinheit enthalten kann, dergleichen doch das Charakteristische aller Sätze der Geometrie ist. Was aber das erstere und einzige Mittel sein würde, nämlich durch bloße Begriffe oder durch Anschauungen a priori zu dergleichen Erkenntnissen zu gelangen, so ist klar, dass aus bloßen Begriffen gar keine synthetische Erkenntnis, sondern lediglich analytische erlangt werden kann. Nehmet nur den Satz, dass durch zwei gerade Linien sich gar kein Raum einschließen lasse, mithin keine Figur möglich sei, und versucht ihn aus dem Begriff von geraden Linien und der Zahl zwei abzuleiten; oder auch, dass aus drei geraden Linien eine Figur möglich sei, und versucht es eben so bloß aus diesen Begriffen. Alle eure Bemühung ist vergeblich, und ihr seht euch genötigt, zur Anschauung eure Zuflucht zu nehmen, wie es die Geometrie auch jederzeit tut. Ihr gebt euch also einen Gegenstand in der Anschauung; von welcher Art aber ist diese, ist es eine reine Anschauung a priori oder eine empirische? Wäre das letzte, so könnte niemals ein allgemein gültiger, noch weniger ein apodiktischer Satz daraus werden; denn Erfahrung kann dergleichen niemals liefern. Ihr müsst also euren Gegenstand a priori in der Anschauung geben und auf diesen euren synthetischen Satz gründen. Läge nun in euch nicht ein Vermögen a priori anzuschauen, wäre diese subjektive Bedingung der Form nach nicht zugleich die allgemeine Bedingung a priori, unter der allein das Objekt dieser (äußeren) Anschauung selbst möglich ist, wäre der Gegenstand (der Triangel) etwas an sich selbst ohne Beziehung auf euer Subjekt: Wie könntet ihr sagen, dass, was in euren subjektiven Bedingungen einen Triangel zu konstruieren notwendig liegt, auch dem Triangel an sich selbst zukommen müsse?, denn ihr könntet doch zu euren Begriffen (von drei Linien) nichts Neues (die Figur) hinzufügen, welches darum notwendig an dem Gegenstande angetroffen werden müsste, da dieser vor eurer Erkenntnis und nicht durch dieselbe gegeben ist. Wäre also nicht der Raum (und so auch die Zeit) eine bloße Form eurer Anschauung, welche Bedingungen a priori enthält, unter denen allein Dinge für euch äußere Gegenstände sein können, die ohne diese subjektive Bedingungen an sich nichts sind, so könntet ihr a priori ganz und gar nichts über äußere Objekte synthetisch ausmachen. Es ist also ungezweifelt gewiss und nicht bloß möglich oder auch wahrscheinlich, dass Raum und Zeit, als die notwendigen Bedingungen aller (äußeren und inneren) Erfahrung, bloß subjektive Bedingungen aller unserer Anschauung sind, im Verhältnis auf welche daher alle Gegenstände bloße Erscheinungen und nicht für sich in dieser Art gegebene Dinge sind, von denen sich auch um deswillen, was die Form derselben betrifft, vieles a priori sagen lässt, niemals aber das Mindeste von dem Dinge an sich selbst, das diesen Erscheinungen zum Grunde liegen mag.

      II.) Zur Bestätigung dieser Theorie von der Idealität des äußeren sowohl als inneren Sinnes, mithin aller Objekte der Sinne als bloßer Erscheinungen, kann vorzüglich die Bemerkung dienen, dass alles, was in unserem Erkenntnis zur Anschauung gehört, (also Gefühl der Lust und Unlust und den Willen, die gar nicht Erkenntnisse sind, ausgenommen), nichts als bloße Verhältnisse enthalte, der Örter in einer Anschauung (Ausdehnung), Veränderung der Örter (Bewegung) und Gesetze, nach denen diese Veränderung bestimmt wird (bewegende Kräfte). Was aber in dem Orte gegenwärtig sei, oder was außer der Ortsveränderung in den Dingen selbst wirke, wird dadurch nicht gegeben. Nun wird durch bloße Verhältnisse doch nicht eine Sache an sich erkannt: also ist wohl zu urteilen, dass, da uns durch den äußeren Sinn nichts als bloße Verhältnisvorstellungen gegeben werden, dieser auch nur das Verhältnis eines Gegenstandes auf das Subjekt in seiner Vorstellung enthalten könne und nicht das Innere, was dem Objekte an sich zukommt. Mit der inneren Anschauung ist es eben so bewandt. Nicht allein, dass darin die Vorstellungenä u ß e r e rS i n n eden eigentlichen Stoff ausmachen, womit wir unser Gemüt besetzen, sondern die Zeit, in die wir diese Vorstellungen setzen, die selbst dem Bewusstsein derselben in der Erfahrung vorhergeht und als formale Bedingung der Art, wie wir sie im Gemüte setzen, zum Grunde liegt, enthält schon Verhältnisse des Nacheinander-, des Zugleichseins und dessen, was mit dem Nacheinandersein zugleich ist (des Beharrlichen). Nun ist das, was als Vorstellung vor aller Handlung irgendetwas zu denken, vorhergehen kann, die Anschauung, und, wenn sie nichts als Verhältnisse enthält, die Form der Anschauung, welche, da sie nichts vorstellt, außer sofern etwas im Gemüte gesetzt wird, nichts anderes sein kann als die Art, wie das Gemüt durch eigene Tätigkeit, nämlich dieses Setzen seiner Vorstellung, mithin durch sich selbst affiziert wird, d. i. ein innerer Sinn seiner Form nach. Alles, was durch einen Sinn vorgestellt wird, ist sofern jederzeit Erscheinung, und ein innerer Sinn würde also entweder gar nicht eingeräumt werden müssen, oder das Subjekt, welches der Gegenstand desselben ist, würde durch denselben nur als Erscheinung vorgestellt werden können, nicht wie es von sich selbst urteilen würde, wenn seine Anschauung bloße Selbsttätigkeit, d. i. intellektuell wäre. Hierbei beruht alle Schwierigkeit nur darauf, wie ein Subjekt sich selbst innerlich anschauen könne; allein diese Schwierigkeit ist jeder Theorie gemein. Das Bewusstsein seiner selbst (Apperzeption) ist die einfache Vorstellung des Ich, und wenn dadurch allein alles Mannigfaltige im Subjekts e l b s t t ä t i ggegeben wäre, so würde die innere Anschauung intellektuell sein. Im Menschen erfordert dieses Bewusstsein innere Wahrnehmung von dem Mannigfaltigen, was im Subjekte vorher gegeben wird, und die Art, wie dieses ohne Spontaneität im Gemüte gegeben wird, muss, um dieses Unterschiedes willen, Sinnlichkeit heißen. Wenn das Vermögen sich bewusst zu werden, das, was im Gemüte liegt, aufsuchen (apprehendieren) soll, so muss es dasselbe affizieren, und kann allein auf solche Art eine Anschauung seiner selbst hervorbringen, deren Form aber, die vorher im Gemüte zugrunde liegt, die Art, wie das Mannigfaltige im Gemüte beisammen ist, in der Vorstellung der Zeit bestimmt; da es denn sich selbst anschaut, nicht wie es sich unmittelbar selbsttätig vorstellen würde, sondern nach der Art, wie es von innen affiziert wird, folglich, wie es sich erscheint, nicht, wie es ist.

      III. Wenn ich sage: im Raum und in der Zeit stellt die Anschauung, sowohl der äußeren Objekte, als auch die Selbstanschauung des Gemüts, beides vor, so wie es unsere Sinne affiziert, d. i. wie

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