Philosophische Untersuchungen über das Wesen der menschlichen Freiheit. F.W.J. Schelling

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Philosophische Untersuchungen über das Wesen der menschlichen Freiheit - F.W.J. Schelling Kleine philosophische Reihe

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der freilich durch Schuld der Darstellung undeutlich geblieben, die gegenwärtige Abhandlung das erste ist, worin der Verfasser seinen Begriff des ideellen Teils der Philosophie mit völliger Bestimmtheit vorlegt, so muß er, wenn jene erste Darstellung einige Wichtigkeit gehabt haben sollte, ihr diese Abhandlung zunächst an die Seite stellen, welche schon der Natur des Gegenstandes nach über das Ganze des Systems tiefere Aufschlüsse als alle mehr partiellen Darstellungen, enthalten muß.

      Obgleich der Verfasser über die Hauptpunkte, welche in derselben zur Sprache kommen, über Freiheit des Willens, Gut und Bös, Persönlichkeit usw. sich bisher nirgends erklärt hatte (die einzige Schrift Philosophie und Religion ausgenommen): so hat dies nicht verhindert, ihm bestimmte, sogar dem Inhalt dieser – wie es scheint, gar nicht beachteten – Schrift ganz unangemeßne Meinungen darüber, nach eignem Gutdünken, beizulegen. Auch mögen unberufene sogenannte Anhänger, vermeintlich nach den Grundsätzen des Verfassers, manches Verkehrte wie über andre so auch über diese Dinge vorgebracht haben.

      Anhänger im eigentlichen Sinn sollte zwar, so scheint es, nur ein fertiges, beschloßnes System haben können. Dergleichen hat der Verfasser bis jetzt nie aufgestellt, sondern nur einzelne Seiten eines solchen (und auch diese oft nur in einer einzelnen, z. B. polemischen, Beziehung) gezeigt; somit seine Schriften für Bruchstücke eines Ganzen erklärt, deren Zusammenhang einzusehen, eine feinere Bemerkungsgabe, als sich bei zudringlichen Nachfolgern, und ein besserer Wille, als sich bei Gegnern zu finden pflegt, erfordert wurde. Die einzige wissenschaftliche Darstellung seines Systems ist, da sie nicht vollendet wurde, ihrer eigentlichen Tendenz nach von niemand oder höchstwenigen verstanden worden. Gleich nach Erscheinung dieses Fragments fing das Verleumden und Verfälschen auf der einen, und das Erläutern, Bearbeiten und Übersetzen auf der andern Seite an, wovon das in eine vermeintlich genialischere Sprache (da zu gleicher Zeit ein ganz haltungsloser poetischer Taumel sich der Köpfe bemächtigt hatte) die schlimmste Gattung war. Jetzt scheint sich wieder eine gesundere Zeit einfinden zu wollen. Das Treue, Fleißige, Innige wird wieder gesucht. Man fängt an, die Leerheit derer, die sich mit den Sentenzen der neuen Philosophie wie französische Theaterhelden gespreizt oder wie Seiltänzer gebärdet haben, allgemein für das zu erkennen, was sie ist; zugleich haben die andern, die das erhaschte Neue auf allen Märkten wie zur Drehorgel absangen, endlich einen so allgemeinen Ekel erregt, daß sie bald kein Publikum mehr finden werden; besonders, wenn nicht bei jeder unverständigen Rhapsodie, worin einige Redensarten eines bekannten Schriftstellers zusammengebracht sind, von übrigens nicht übelwollenden Beurteilern gesagt wird, sie sei nach dessen Grundsätzen verfaßt. Behandeln sie lieber jeden solchen als Original, was doch im Grunde jeder sein will, und was in gewissem Sinne auch recht viele sind.

      So möge denn diese Abhandlung dienen, manches Vorurteil von der einen, und manches lose und leichte Geschwätz von der andern Seite niederzuschlagen.

      Schließlich wünschen wir, es mögen die, welche den Verfasser von dieser Seite, offen oder verdeckt, angegriffen, nun auch ihre Meinung ebenso unumwunden darlegen, als es hier geschehen ist. Wenn vollkommne Herrschaft über seinen Gegenstand die freie kunstreiche Ausbildung desselben möglich macht, so können doch die künstlichen Schraubengänge der Polemik nicht die Form der Philosophie sein. Noch mehr aber wünschen wir, daß der Geist eines gemeinsamen Bestrebens sich immer mehr befestige, und nicht der die Deutschen nur zu oft beherrschende Sektengeist die Gewinnung einer Erkenntnis und Ansicht hemme, deren vollkommne Ausbildung von jeher den Deutschen bestimmt schien, und die ihnen vielleicht nie näher war als jetzt.

      München, d. 31. März 1809.

      F. W. J. Schelling.

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