Das Haus An Der Schleuse. Andrea Calo'

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Das Haus An Der Schleuse - Andrea Calo'

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hier!“ sagte Sonia mit einer Stimme voller Freude und spürbarer Erregung und Augen, in denen jenes Licht leuchtete, das ich mit dieser Intensität schon seit einiger Zeit nicht mehr gesehen hatte. „Es kommt mir wie eine andere Welt vor! Es scheint fast, dass die Grenzlinie überschritten worden sei, als wir in diese Straße einbogen, jene Grenzlinie, die das Wirkliche von dem trennt, was stattdessen lediglich ein Produkt der Träume ist. Es ist unbeschreiblich, ich bin glücklich!“, folgerte sie.

      „Es ist alles so echt, aber zugleich auch so unglaublich! Die Farben, die Klänge, die Düfte und die Bilder. Alles scheint seinen eigenen Platz zu haben, eine so genaue Position, dass das einzelne Ding wie „deplatziert“ empfunden würde, wenn diese von einem Laien verändert würde. Alles gehört zu dem Bild, das wir in diesem Augenblick betrachten und scheint die Unterschrift seines Autors zu tragen, einer übergeordneten, erfahrenen Instanz. Man kann sich keineswegs vorstellen, wie man verbessern könnte, was in unseren Augen schon von Anfang an perfekt erschien. Ich bin auch glücklich!“

      Sie drehte den Schlüssel, um das Auto wieder zu starten und mit einem Lächeln forderte ich sie auf, in Richtung unseres nunmehr nahen Ziels weiterzufahren, zu dem Haus an der Schleuse 34s. Während wir fuhren, schlossen die Bäume hinter uns den Tunnel auf der Straße, als ob sie ein Bühnenvorhang wären, der am Ende der Vorstellung fällt.

      KAPITEL 2

       Die Leute sagen: „Er ist verrückt.“

      Oder:Er lebt in einer Fantasiewelt.

      Oder auch:Wie kann er Dingen ohne Logik vertrauen?“

       Aber der Krieger lauscht weiter dem Wind

       und spricht mit den Sternen.

       [Paulo Coelho - Handbuch des Kriegers des Lichts]

      Das Haus war klein, mit Mauern aus Naturstein gebaut. Das Dach hatte ein beträchtliches Gefälle auf beiden Seiten des Hauses. Das war notwendig, um die Entlastung des Schnees während des Winters zu begünstigen und somit zu verhindern, dass sich schwere Eisplatten bildeten, die die Holzbalkenstruktur, die auch im Innern, in den Zimmern, sichtbar war, gefährden würden. Die Hausbesitzer und Schleusenwächter hießen Urs und Doris, ein sehr harmonisches Paar. Sie hatten das Haus in zwei Bereiche aufgeteilt, einen geräumigeren, für sie bestimmten, und den anderen, der an Touristen als Ferienwohnung vermietet wurde. In seiner Einfachheit gab es in dem Haus alles, was man braucht: ein Wohnzimmer mit Kochnische, eine wunderbar ausgestattete Küchenzeile mit dem notwendigen Geschirr, Töpfen und jeder Menge Besteck, ein bequemes Sofa, ein eigenes, sehr kleines Bad, aber mit einer geräumigen Dusche. Der Schlafbereich, der den oberen Teil der Struktur nutzte, befand sich auf dem Hängeboden. Zugang hierzu hatte man über eine stabile Innentreppe. Jedes nur erdenkliche Haushaltsgerät war vorhanden, ob nützlich oder nicht, sei dahingestellt. Es gab ein Radio, Satellitenfernsehen, sogar einen drahtlosen Internetanschluss. All dies schien fast fehl am Platz in einem, dem Anschein nach, so einfachen, ländlichen, natürlichen und minimalistischen Kontext. Ich kam nicht umhin, all diese Annehmlichkeiten zu schätzen, die inzwischen überwältigend Einzug in mein Stadtmensch-Leben gehalten hatten. Wie auch immer, ich versprach mir, ihre Anwendung auf ein Unverzichtbares zu beschränken. Wir waren auf der Suche nach absoluter Ruhe, nach Ablösung vom Überflüssigen, nach Eintauchen in die Natur. Ganz sicher war, dass wir unsere kostbare Zeit nicht verschwenden wollten, indem wir die Tätigkeiten eines chaotischen Alltags wiederholten. Auf der Außenseite war das Haus nicht von Blumen oder für gepflegte Gärten typischen Pflanzen umgeben. Im Gegenteil, zarte Farbflecken tönten es, ein Geschenk der Blumen und wilden Sträucher, der roten Mohnblumen und der anderen, intensiv orangefarbenen, eleganten Blüten, der weißen und lila Glockenblumen, die an den Mauern hochkletterten oder hier und da Polster auf dem Boden bildeten, so schön und dicht, dass man vorsichtig sein musste, sie nicht zu zertreten. Es gab Gräser und Sträucher, die ich sicherlich ausgerupft hätte, wenn sie im Garten meines Hauses in der Stadt gewachsen wären, entweder weil sie nicht dort hingepasst hätten oder, bei oberflächlicher Betrachtung, nicht schön genug gewesen wären. Diese einzigartig geformten Blüten ließen Maserungen und Farbschattierungen auf den weichen, sich samtig anfühlenden Blütenblättern erkennen. Und ihre Lebenskraft, die Art wie sie schwankten, sich auf ihren langen Stielen der Luft auslieferten, ließ sie wie von einem großen Lehrer ausgebildete Tänzer erscheinen. All dies faszinierte uns, schlug uns in den Bann einer Art Zauber oder Hypnose. Warum geschah das nur dort und in jenem Moment? Ich habe in meinem Leben viele blühende Glockenblumen und Mohnblumen gesehen. Warum habe ich nie bemerkt, wie schön, zart und elegant sie sind? Ich erkannte meine unermessliche Oberflächlichkeit und das machte mich ein wenig traurig. An einer Ecke des Hauses hingegen wuchs eine wunderschöne, tiefrote Rose, mit Blütenblättern, so weich wie der feinste Samt, der ein Duft entströmte, der einen gefangen nahm, die Sinne überwältigte. Wir hatten zwei Fahrräder, entscheidend für die Fortbewegung in der näheren Umgebung, wenn man nicht das Auto nehmen wollte.

      Nach dem Austausch einiger Informationen, die Gegend und ihre Sehenswürdigkeiten betreffend, verabschiedeten sich Urs und Doris von uns und ließen uns auspacken, aber nicht ohne uns für den Nachmittag auf einen Willkommensaperitif einzuladen. Die Stille um uns herum war greifbar, eine direkt von den Ohren wahrgenommene, fast unangenehme Stille, die wir nicht gewohnt waren. Ich sah meine Frau an und bat sie zu lauschen. Man hörte das unvermeidliche Zwitschern der stets zahlreichen Vögel und ihrer verschiedenen Arten, das sanfte Rauschen des Wassers in der Schleuse hinter uns, die dazu diente, den Wasserpegel im Kanal unter Kontrolle zu halten, die Eigentümer des Schleusenhauses, die die Grüße der Passanten erwiderten, sowie auch das Rascheln der Blätter in den Bäumen, die die Luft bewegte.

      Es gibt viele Schleusen am Kanal, eine für jede Wasserstandsdifferenz; in der Regel handelt es sich um ein paar Meter. Für jede Schleuse gibt es ein Haus, von einem Wächter bewohnt, der die Aufgabe hat, die Schleuse zu öffnen und zu schließen, jedes Mal, wenn ein Kahn vorbeifährt. Die Öffnungs-und-Schließvorgänge werden bis zum heutigen Tag noch von Hand und mit denselben Bewegungen ausgeführt, die die Zeiten bis heute überdauert haben. Eine Schleuse besteht aus einer wasserdichten Kammer, die lang aber sehr schmal im Vergleich zur Breite des Kanals ist. Sie tritt in Form einer Aushebung des Geländes in Erscheinung, die mit Steinblöcken, die die Erddämme verstärken sollen, gefestigt ist, weil sie andernfalls der Erosion durch das Wasser ausgesetzt wäre. Der Wasserstand im Innern der Kammer wird erhöht oder verringert, um den Kähnen die Einfahrt zu ermöglichen. Sie werden angehoben oder abgesenkt und so auf das gewünschte Niveau des Aufstiegs- oder Abstiegskanals gebracht. Die Passagiere auf den Kähnen schienen immer sehr interessiert und beobachteten genau den Hergang dieser Aktion, als ob sie sie persönlich auszuführen hätten. Trotz Versuchen der französischen Regierung, diese Systeme zu automatisieren, haben der Kanal und die Menschen, die für ihn arbeiten, sich immer erfolgreich dafür eingesetzt, dass diese Handfertigkeit, die die Touristen bis zum heutigen Tag sehr schätzen und bewundern, nicht untergeht.

      Urs und Doris riefen uns für den Aperitif und luden uns ein, uns zu ihnen an den Tisch mit Blick auf die Schleuse zu setzen. Von dort aus hatte man eine großartige Aussicht. Man konnte den Blick frei über den Kanal schweifen lassen, der mit seinen lebendigen Farben betrunken machte; von den Lichtreflexen mit Details der Bäume, die sich malerisch auf der Wasseroberfläche widerspiegelten, bis hin zu den Blumen und Sträuchern, die zahlreich an den Ufern wuchsen. Kleine Entenfamilien schwammen in der Reihe und bewegten sich im Zickzack auf der freien Wasseroberfläche. Es war nicht ungewöhnlich, diese kleinen Familien zu den Kanalufern schwimmen zu sehen, wenn die Kähne durchfuhren, und dann abzuwarten, bis sie vorbei gefahren waren, um sich dann wieder hinter ihnen aufzureihen und ihren Weg fortzusetzen. Der Bauch des Kanals beherbergt viele große Fische, die wegen des trüben, militärgrünen Wassers schwierig von außen zu sehen sind. Der Kanal ist eine unverzichtbare Attraktion für Anglergruppen, die sich regelmäßig auf den Pfaden entlang des Ufers aufstellen. Manche sind erfahren und gut ausgerüstet, andere einfache Anfänger,

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