Verbrennen und Löschen. Roy Bergdoll
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Bild 10: Darstellung einer Fettexplosion (Quelle: Feuerwehr Ilvesheim)
Selbst wenn das Speiseöl oder das Speisefett noch nicht brennt und es zu einem Siedeverzug durch die unsachgemäße Zugabe von Wasser kommt, können sich die feinverteilten Öl- und Fetttröpfchen an heißen Oberflächen explosionsartig entzünden und so einen Brand auslösen. Der physikalisch-chemische Vorgang einer »Fettexplosion«, also das Verdampfen von Wasser mit anschließenden Zünden des ausgeschleuderten feinverteilten Brandgutes, kann auch bei allen anderen brennbaren Flüssigkeiten oder flüssig werdenden Stoffen auftreten, sobald deren Temperatur über der Siedetemperatur des Wassers liegt. Ein klassisches Beispiel hierfür ist erhitztes Wachs, aber auch erhitzte Motor- oder Schweröle oder Bitumen können zu einer (Fett-)Explosion führen.
Eigentlich wurde die Brandklasse E, die für Brände in elektrischen Niederspannungsanlagen (bis 1 000 Volt) vorgesehen war, 1978 abgeschafft. Mittlerweile hat jedoch eine umfangreiche Akkumulatorentechnologie in unserem Leben Einzug gehalten, die aufgrund ihres Brandverhaltens und dem besonderen Einsatz von Löschmitteln, ähnlich der gesonderten Betrachtung der Brandklasse F, für die eine separate Betrachtung der »Brandklasse E« herangezogen werden könnte. Vor allem Lithium-Ionen-Batterien und Lithium-Ionen-Akkus haben aufgrund ihrer hohen Energiedichte (dem Energiespeichervermögen) millionenfach neben den herkömmliche Nickel-Cadmium- oder Nickel-Metallhydrid-Akkus den Markt erobert. In fast jedem aufladbaren haushaltsüblichen elektrischen Gerät wie Mobiltelefonen, Tablets, Notebooks, Digitalkameras, Werkzeugen, Gartengeräten usw., finden sich Lithium-Ionen-Akkus. Und in der immer weiter fortschreitenden Elektromobilität werden mehr und mehr diese leistungsstarken Akkus in Elektro- und Hybridfahrzeugen, E-Bikes, Pedelecs, E-Rollern und sogar in Elektrorollstühlen verbaut. Doch gerade aufgrund ihrer hohen Energiedichte und den verwendeten Bauteilen weisen Lithium-Ionen-Akkus unter bestimmten Umständen ein gewisses Gefährdungspotential auf. Mechanische Beschädigungen, thermische oder elektrische Belastungen sowie fehlerhafte oder unsachgemäße Handhabung oder Mängel in der Herstellung können zu einem Kurzschluss mit anschließender Brandentwicklung führen, wobei sich die gespeicherte Energie auf einmal entladen kann.
Wird durch einen der oben beschriebenen Fehlbehandlungen die Trennwand zwischen den beiden Elektrodenräumen, der sogenannte Separator, beschädigt, fließen Lithium-Ionen sehr rasch durch den Akku und führen zu vermehrten chemischen Reaktionen, wobei in sehr kurzer Zeit sehr viel Energie freigesetzt wird. Dies führt zu einer Kettenreaktion, dem sogenannten »thermal runaway«, da mit dem Anstieg der Temperatur der Separator mehr und mehr zerstört wird und die Reaktion immer schneller abläuft. Bei diesem Vorgang können durchaus Temperaturen von über 1 000 °C entstehen, die sowohl das in den Zellen enthaltene brennbare, zum Teil giftige Elektrolytgemisch sowie das enthaltene Elektrodenmaterial, vor allem das Lithium und Graphit, entzünden können. Neben einer starken Rauchentwicklung und dem eventuellen Freisetzen von Fluorwasserstoff (Flusssäure), Phosphorsäure sowie Schwermetalle in Form von Nickel- und Cobaltoxiden kann die Brandentwicklung von ruhig bis explosionsartig verlaufen. Trotz der Verwendung eines Alkalimetalls (Brandklasse D) in den Bauteilen sowie dem Füllen mit dem brennbaren Elektrolytgemisch (Brandklasse B), wird als Löschmittel Wasser empfohlen, wobei entsprechende Vorsichtmaßnahmen beachtet werden müssen (siehe Kapitel 8.1.1).
2.3 Weiterführende Informationen
So sehr sich die im vorangegangenen Abschnitt angeführten brennbaren Stoffe in ihren materiellen Eigenschaften unterscheiden, so besteht dennoch ein Zusammenhang zwischen festen, flüssigen und gasförmigen Stoffen. Schließlich gibt es genügend Substanzen, die von der Feuerwehr in verschiedenen Zustandsformen im Einsatz angetroffen werden können. Den Fachbegriff für die verschiedenen Zustandsformen nennt man Aggregatszustände. Anhand der Übergänge der verschiedenen Zustände kann man auch einige für die Feuerwehr relevanten Kennzahlen bzw. Begrifflichkeiten erklären.
Jeder Stoff hat eine von Temperatur und Druck abhängige Zustandsform, deren Übergänge wie folgt bezeichnet werden:
Ein Kennzeichen beim Wechsel der Aggregatszustände ist, dass Energie benötigt wird oder freigesetzt wird, damit die Übergänge erfolgen können. Bei den Übergängen von fest über flüssig nach gasförmig muss Energie zugeführt werden, in der umgekehrten Reihenfolge wird Energie freigesetzt. Vor allem der notwendige Energiebedarf beim Verdampfen von Wasser ist eine wichtige Eigenschaft in der kühlenden Löschwirkung dieses Stoffes (siehe Kapitel 8.1)
Bild 11: Symbolische Darstellung eines Zustandsdiagramms (Phasendiagramms) mit den drei Aggregatszuständen fest/flüssig/gasförmig. Die Linie zwischen den Aggregatszuständen fest-flüssig wird als Schmelzkurve bezeichnet, die Linie zwischen den Aggregatszuständen flüssig-gasförmig als Siedepunktkurve (stoffabhängig auch als Dampfdruckkurve) und die Line zwischen den Aggregatszuständen fest-gasförmig als Sublimationskurve. (Quelle: Roy Bergdoll)
Übergang fest – flüssig
Beim Übergang vom festen in den flüssigen Zustand ist die Schmelztemperatur, auch Schmelzpunkt genannt, eine für die Feuerwehr relevante Größe. Bei Bränden bestimmt die bei dem Brandereignis entstehende Temperatur, ob die Schmelztemperatur beteiligter Stoffe erreicht wurden und somit beispielsweise die Standsicherheit von Gebäuden gefährdet ist oder es durch Verflüssigung zu einer Brandausbreitung kommen kann, wenn niedrig schmelzende Stoffe beteiligt sind. Umgekehrt kann es bei flüssig transportierten Gefahrstoffen durchaus vorkommen, dass es im Havariefall bei erhitzt transportierten Stoffen oder bei relativ niedrigen Außentemperaturen zum Erstarren auslaufender Flüssigkeiten kommen kann. Das Erreichen dieser Temperatur nennt man dann Gefriertemperatur oder Gefrierpunkt. Andere Bezeichnungen hierfür sind Erstarrungspunkt oder Festpunkt.
Übergang flüssig – gasförmig
Für die Erläuterung der Kennzahlen und Begrifflichkeiten beim Übergang vom festen in den gasförmigen Zustand und umgekehrt muss man etwas weiter ausholen, da hier Temperatur und vor allem der Luftdruck bzw. der Druck in einem Behälter wesentlich mehr Einfluss auf die Zustandsänderung haben als bei festen Stoffen. Egal welche Flüssigkeit man betrachtet, es gehen selbst bei niedrigen Temperaturen und hohen Umgebungsdrücken (Molekül-)Teilchen aus der Flüssigkeit in die Gasphase über. Man spricht hier vom sogenannten Dampfdruck der Flüssigkeit. Man muss sich vor Augen halten, dass hier Temperatur und Druck gegenläufige Einflüsse haben. Je höher die Temperatur, desto mehr Flüssigkeitsteilchen gehen in die Gasphase über. Wasser dampft beim Erhitzen schon