Sophienlust Staffel 15 – Familienroman. Susanne Svanberg
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Betti entschloss sich, einen Versuch dafür zu wagen. »Übrigens muss ich dir etwas Wichtiges sagen«, begann sie.
»Etwas Wichtiges? Handelt es sich um etwas Unangenehmes?«, fragte Helmut.
»O nein, um etwas durchaus Angenehmes«, erwiderte Betti.
»Warum redest du denn so zögernd?«
»Weil ich fürchte, dass du böse sein könntest, weil ich es dir bis jetzt verschwiegen habe. Aber ich habe einfach nicht mehr daran gedacht. Großtante Therese hat mir ihre Ersparnisse hinterlassen. Es ist eine recht hübsche Summe. Ich hätte nie geglaubt, dass es ihr möglich sein würde, so viel Geld zurückzulegen und dass sie es ausgerechnet mir hinterlassen würde. Wir haben einander eigentlich gar nicht so nahegestanden.«
Betti merkte, dass sie sich allmählich in einen Wirbel hineinredete. Aber daran war nur Helmuts finsterer Gesichtsausdruck schuld.
»Das ist schön. Ich freue mich für dich«, sagte er endlich steif.
»Aber Helmut! Es hat doch nicht nur für mich Bedeutung. Ich meine, es ist doch auch für dich wichtig. Wir können uns eine Wohnung suchen und heiraten«, platzte Betti heraus, ärgerte sich aber gleich darauf über ihre voreiligen Worte, die sie eigentlich gar nicht hatte sagen wollen und die ihn keineswegs zu erfreuen schienen.
»Eine Wohnung?«, meinte Helmut zögernd. »Ich hatte nicht die Absicht, eine Wohnung zu suchen und …«
»Ach, du hast es also mit dem Heiratsantrag gar nicht ernst gemeint?«, fuhr Betti auf. »Und mich beschuldigst du, dass ich es mir anders überlegt hätte.«
»Nein, Betti, du irrst dich. Ich habe es ernst gemeint – und ich meine es immer noch ernst. Ich liebe dich doch. Glaub mir das bitte!«
Er versuchte, sie an sich zu ziehen, doch Betti wehrte ihn verlegen ab. »Doch nicht hier! Die Kinder sehen uns«, murmelte sie.
»Sie sehen nichts Schlimmes«, meinte Helmut, ließ Betti aber doch los. »Ich bin nur gegen die Wohnung«, fuhr er fort. »Ja, wenn du von einem Wohnwagen gesprochen hättest!«
»Einem Wohnwagen?«
»Hast du vergessen, dass ich vorhabe, wieder zum Zirkus zu gehen?«, fragte er. »Ich habe aus meinen Plänen kein Geheimnis gemacht, wir haben oft und oft darüber geredet. Wenn wir einen Wohnwagen hätten …«
»Ach, Helmut!« Betti wusste nicht, wie sie ihm beibringen sollte, dass sie seine Träume, zum Zirkus zurückzukehren, bisher nur für Hirngespinste gehalten hatte. »Du willst wirklich in einem Zirkus arbeiten?«
»Ja. Zweifelst du daran? Du warst doch mit meinen Plänen einverstanden. Und nun willst du plötzlich eine Wohnung suchen?«
»Auch ich habe Träume gehegt«, erwiderte Betti leise. »Ich träumte von einem kleinen Häuschen irgendwo auf dem Land, mit einem hübschen Garten, in dem unsere Kinder fröhlich spielen.«
»Davon hast du mir nie etwas gesagt«, rief Helmut betroffen aus. »Warum nicht?«
»Ich habe gedacht, dass es keinen Sinn hat. Wir hatten ja nicht vor, bald zu heiraten, und deshalb habe ich geglaubt, dass ich noch Zeit hätte. Außerdem hätte es sowieso keine Möglichkeit gegeben, meine Wünsche zu erfüllen. Wozu also darüber reden? Jetzt allerdings könnten wir sie verwirklichen«, setzte Betti sehnsüchtig hinzu.
Helmut schüttelte den Kopf. »Nein, ich kann meine Träume nicht so ohne Weiteres aufgeben«, erwiderte er. »Ich will noch nicht sesshaft werden. Vielleicht später einmal, wenn wir älter geworden sind. Jetzt möchte ich in der Welt herumkommen, Abwechslung haben und neue Eindrücke gewinnen. Das Leben ist so kurz. Ich will es genießen.«
»Das will ich auch«, erwiderte Betti, »aber eben auf eine andere Weise.«
»Sesshaft werden und Kinder bekommen kannst du immer noch«, meinte Helmut. »Du bist doch noch so jung!«
»Du möchtest also, dass ich zum Zirkus mitkomme«, stellte Betti fest. »Ja, aber du hast mir nie konkret gesagt, was ich dort machen soll. Glaubst du, ich will den ganzen Tag untätig herumsitzen, während du mit den Tieren zu tun hast?«
»Irgendeine Beschäftigung wird sich auch für dich finden.«
»Welche, bitte?«
»Nun – so schnell fällt mir nichts ein. Lass mich nachdenken.«
Betti gewährte ihm diesen Wunsch, und so saßen sie eine Weile stumm nebeneinander.
Endlich kam Helmut eine Erleuchtung. »Ich hab’s!«, rief er und ließ seine Blicke anerkennend über Bettis wohlgeformte Gestalt schweifen. »Du könntest als Nummerngirl auftreten.«
Betti musste diesen Vorschlag erst verdauen. »Du meinst, ich soll in einem knappen, tief ausgeschnittenen Kostüm herumgehen und …«
»Du hast eine tadellose Figur«, warf er ein. »Du würdest sehr gut auf die Zuschauer wirken.«
»Ich soll mich von fremden Leuten – von Männern – angaffen lassen? Nein, so etwas tue ich nicht«, erklärte Betti entschlossen.
»Ich finde derlei Bedenken zimperlich«, erwiderte Helmut.
»Wärst du denn nicht eifersüchtig?«, fragte sie mit großen Augen. Dabei dachte sie an sein Verhalten Evi gegenüber.
»Ich würde schon dafür sorgen, dass dir niemand zu nahe tritt«, erwiderte er, fügte jedoch hinzu: »Aber wenn du absolut dagegen bist, will ich dich natürlich nicht dazu zwingen. Sicher gibt es auch noch andere Möglichkeiten, dich im Zirkus nützlich zu machen.«
Betti verspürte kein Bedürfnis, nach diesen anderen Möglichkeiten zu forschen. Außerdem war es Zeit, mit der Zubereitung des Abendessens zu beginnen.
»Wir wollen uns ein anderes Mal weiter über dieses Thema unterhalten«, sagte sie deshalb abschließend und faltete ihre Näharbeit, an der sie in der letzten halben Stunde keinen Stich getan hatte, zusammen. Dann rief sie nach den Kindern.
Diese hatten sich, ohne dass es Betti aufgefallen war, ein ziemliches Stück entfernt, sodass sie aufstehen und die beiden Kleinen holen musste. Peterle kauerte mitten in einem Erdbeerbeet und Evi stand daneben. Als Peterle Betti herankommen sah, richtete er sich mit Evis Hilfe auf und krähte Betti entgegen: »Bebe – Bebe!«
Dabei streckte er sein rechtes Fäustchen, in dem er einige zerdrückte Erdbeerblüten fest umklammert hielt, dem Hausmädchen entgegen.
»O weh, Peterle, was hast du denn da angestellt! Das sind Erdbeerblüten. Die darf man nicht pflücken, sonst können wir keine Erdbeeren ernten.«
Enttäuscht öffnete Peter seine Faust und ließ die Blüten