Vom Imperiengeschäft. Berthold Seliger

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Vom Imperiengeschäft - Berthold Seliger

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oder »Melde dich beim Newsletter an«. Um in der Warteschlange für das begehrte Ticket nicht abzurutschen, wird den Fans empfohlen, derartige Tätigkeiten möglichst täglich durchzuführen. Aber so richtig bringen die kostenlosen Fleißarbeiten nichts. Um vordere Plätze in der virtuellen Schlange zu erreichen, müssen Aufgaben erfüllt werden, die mit »High Boost« gekennzeichnet sind. Und die kosten: Man kann das neue Album vorbestellen. Und eben Merchandising-Produkte ordern, etwa einen Schlangenring aus angeblich 24-karätigem Gold für 60 Dol­lar, oder ein T-Shirt für sage und schreibe 45 Dollar.33 Wobei mit all diesen Käufen nicht einmal ein Ticket garantiert ist, sondern lediglich ein Platz weit vorne in der Warteschlange. Und lediglich als ein »verifizierter Fan« kann man überhaupt ein Ticket für ein Taylor-Swift-Konzert erwerben. Die Fans werden von ihrem Idol nicht nur zur Kasse gebeten, sondern geradezu über den Tisch gezogen.

      Das Perfide im Fall Taylor Swift: Die meisten Stadien waren wenige Wochen vor den Auftritten nicht einmal ausverkauft, da die Künstlerin und ihr Management eben das Konzept des »High Pricing« bevorzugen. Der »freie Markt« wird ad absurdum geführt. Aber die Künstlerin hat dank des Verkaufs ihrer Merchandising-Produkte trotzdem prächtig verdient.

      Daß Taylor Swift ihre Fans nicht nur als willige Opfer betrachtet, sondern geradezu als Feinde, zeigt die von ihr gewählte Rasterfahndung im Konzert. Die Künstlerin setzt auf biometrische Überwachung. Wie der Rolling Stone berichtet, haben Kameras die Besucher*innen eines Konzerts im Rose Bowl Stadion im kalifornischen Pasadena mit seinen 90 000 Plätzen ohne deren Einwilligung gefilmt und die Aufnahmen mit einer Datenbank abgeglichen. Das Material sei dann quer durch die USA zu einem »Kommandoposten« in Nashville übertragen worden, um es dort mit einer Datenbank abzugleichen, in der Hunderte von Stalkern gespeichert sind.34 Nach deutschen Datenschutzgesetzen wäre ein derartiges Vorgehen illegal, in den USA dagegen ist es legal, weil Konzerte eben als private Veranstaltungen gelten. Man mag Verständnis dafür haben, dass Taylor Swift sich gegen ihre zahlreichen Stalker wehren möchte, doch das Mittel, zu dem sie greift, wirft zahlreiche Fragen auf: Wurden die Fans informiert? Natürlich nicht. Kamen die Kameras auch bei anderen Konzerten zum Einsatz? Es ist anzunehmen. Wer hat die Aufnahmen in Auftrag gegeben, und wie lange bleiben sie gespeichert? Wir wissen es nicht, eine Stellungnahme der Künstlerin oder ihres Managements gibt es nicht.

      Diese und ähnliche Fragen stellen sich nicht nur im Zusammenhang mit Taylor Swift, denn auf immer mehr Konzerten oder auch Sportveranstaltungen sind Kameras installiert, die die Besucher*innen filmen. Die Aufnahmen können theoretisch verknüpft und verkauft werden. Theoretisch? Wenn uns die digitale Wirtschaft eins gelehrt hat, dann dies: Was theoretisch möglich ist, wird früher oder später auch praktisch umgesetzt. Derartige Filmaufnahmen von Konzerten machen die Besucher*innen zu gläsernen Fans, »sie geben Aufschluß über Musikgeschmack, Freundeskreise, Konsumvorlieben und weitere Merkmale, für die werbetreibende Unternehmen viel Geld bezahlen würden«, so Simon Hurtz in der Süddeutschen Zeitung.35

      Eng mit dem Konzept des »High Pricing« hängt das sogenannte »Slow Ticketing« zusammen. Hier geht es darum, sehr hohe Eintrittspreise durchzusetzen, selbst wenn ein Konzert deswegen nicht ausverkauft sein sollte. Dafür hat man ja höhere Einnahmen aus dem Kartenverkauf.

      Nehmen wir ein simples Beispiel: Gehen wir von einem Saal mit 1000 Plätzen aus. Gehen wir außerdem von einem Eintrittspreis von 50 Euro aus, dann ergibt sich bei einem ausverkauften Saal eine Bruttoeinnahme von 50 000 Euro. Verkaufen sich nur 800 Plätze, die statt dessen aber 75 Euro kosten, haben wir schon eine Bruttoeinnahme von 60 000 Euro. Und bei den Künstlern, die das »Slow Ticketing« be­vorzugen, reden wir von Ticketpreisen in ganz anderen Di­mensionen: Die regulären Tickets für die beiden Deutsch­land-Konzerte von Jay-Z und Beyoncé 2018 kosteten zwischen 69 und 179 Euro, wollte man allerdings wenigstens am Rand vor der Bühne (»Front of Stage«) stehen, mußte man 285 Euro ausgeben, und außerdem waren verschiedene »VIP-Packages« im Angebot (bis zu 889 Euro). Alles natürlich zuzüglich der allseits bekannten und beliebten Gebühren! Der Vorteil des Slow Ticketing mit hohen Eintrittspreisen: Die Fans können jederzeit Tickets kaufen, denn das Konzert wird nicht so schnell ausverkauft sein. Somit sind natürlich auch die Secondary-Plattformen ausgeschaltet (hier sind die überhöhten Ticketpreise schließlich bereits im Originalticket enthalten). In der Konzertbranche wird das Modell deshalb auch als eine Möglichkeit gefeiert, das Geld in die Hände der Künstler statt in die der »Scalper« vom Schwarz- und Zweitmarkt zu geben. Und Louis Messina (von der Messina Touring Group, die zu AEG gehört, dem Veranstalter der US-Stadion-Tour von Taylor Swift) bringt noch einen anderen Punkt zur Sprache: Die Fans seien sowieso schon den höheren Preis gewohnt, den sie für Karten auf der Secondary-Plattform zahlen müßten, da sei es doch nur logisch, wenn die Künstler dieses Geld selbst einnehmen wollten.36

      Jeff Nickler vom knapp gut 19 000 Plätze fassenden BOK Center in Tulsa, Oklahoma, versucht gar, hohe Ticketpreise mit dem Stolz der Bevölkerung zu begründen: Einzelne »Märkte« wollten beweisen, daß ihre Arenen »seven-figure grosses«, also siebenstellige Umsatzzahlen, liefern können. »Wir wollen den Tourveranstaltern zeigen, daß die Bürger von Tulsa Live-Musik schätzen und bereit sind, ihre Veranstaltungshallen mit aggressiven Ticketpreisen zu unterstützen«, so die etwas verquere Logik des Hallenbetreibers, der 2018 für zwei Auftritte des laut Wikipedia »neo-tradi­tio­nel­len« Country-Superstars George Strait mit 5 Millionen US-Dollar etliche Umsatz- und Zuschauerrekorde seiner Halle gebrochen hat. Der durchschnittliche Ticketpreis muß nach Adam Riese bei über 130 Dollar gelegen haben. Die Bürger von Tulsa werden mächtig stolz sein. Wenn auch gewiß nicht alle, denn auch in Tulsa dürfte es etliche Menschen geben, die nicht mal eben 130 Dollar für eine Konzertkarte ausgeben können.

      Doch der Konzertmarkt ist längst segregiert und richtet sich vornehmlich an Besserverdienende und Reiche, in den USA wie in Europa. Ein Vergleich der Stadionkonzerte der Rolling Stones 1982 und 2018 mag da aufschlußreich sein.

      Die Stones hatten seit 1976 nicht mehr in Deutschland gespielt, und so wurde der Auftritt im Münchner Olympiastadion Mitte Juni 1982 mein erstes Stones-Konzert – und ein unvergeßliches Konzerterlebnis! 40 D-Mark haben die Kar­ten gekostet. 38 DM »zzgl. DM 2.- Vorverkaufsgebühr«, so stand es auf der Eintrittskarte. Die VVK-Gebühr betrug also gerade einmal 5,26 Prozent. Und die Stones haben das Münchner Olympiastadion mit jeweils 73 000 Tickets gleich zweimal hintereinander ausverkauft.

Rolling Stones Eintrittskarte von 1982

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