Rubine im Zwielicht. Dieter Jandt

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Rubine im Zwielicht - Dieter Jandt Mord und Nachschlag

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vor dem Mercedes, als er sah, wie jemand dem Wagen entstieg. Eigentlich sah er das nur aus den Augenwinkeln, er war mittlerweile zu ausgelaugt, als sich auf etwas anderes konzentrieren zu wollen als auf das Laufen. Er hörte nur ein paar Schritte auf dem Schotter, die auf ihn zukamen. Als er dann doch den Kopf hob, sah er einen breitschultrigen Mann direkt auf sich zukommen. Schütteres Haar und das rote Gesicht eines Menschen mit zu hohem Blutdruck. Graue Brusthaare quollen aus dem offenen Hemd hervor. Der Mann stank schon aus der Entferung von fünf Metern nach billigem Parfüm. Er stelzte merkwürdig steif mit herunterhängenden Armen auf Wagner zu, der langsam begriff, dass der Mann etwas von ihm wollte. Er überragte Wagner um einen Kopf und schaute hasserfüllt auf ihn herab.

      Wagner versuchte, den Mann zu ignorieren und ihm mit einem Ausfallschritt auszuweichen. Doch einer der behaarten Arme zog ihn einfach am T-Shirt zu sich heran. Wagner roch Schnaps. Der Mann holte aus und schlug ihm mit der rechten Faust ins Gesicht. »Pass auf, du Armleuchter!« Wieder schlug er zu, die Lippe platzte auf. Wagner schmeckte sogleich das Blut, das ihm übers Kinn lief. »Hör genau zu! Wenn du deine Drecksfinger nicht von meiner Frau lässt, mache ich dir die Hölle heiß. Dagegen ist das hier nur‘n Vorspiel.« Der Mann nahm Wagner jetzt in den Schwitzkasten und schleuderte ihn wütend herum. »Hast du mich verstanden, du Sau? Keine Besuche mehr, nicht einen!«

      »Ja, aber wo denn?« Wagner bekam kaum Luft. Er hätte sich am liebsten fallen lassen.

      »Komm mir nicht so blöd. Meinst du, ich kenn Leute wie dich nicht? Geiles Pack! Euch läuft doch schon der Seiber im Mund zusammen, wenn ihr nur ne Thailänderin seht. Also, letzte Warnung!« Der Kerl hielt Wagner weiter in der Mangel, holte zu einem Uppercut aus und traf ihn genau auf das linke Auge. Dann ließ er ihn fallen. Wagner hörte, wie sich der Mann auf dem Schotter entfernte, er hörte die Tür des Mercedes zufallen und den Motor anspringen. Dann setzte der Wagen zurück, spendierte Wagner eine Portion Auspuffgas und rollte davon.

      7.

      Wagners Bauch drückte gegen den Rand des Waschbeckens. Vor dem Spiegel darüber betastete Wagner die dicke Lippe. Die rechte Mundhälfte war ziemlich stark geschwollen. Er fasste vorsichtig die Schneidezähne dahinter und prüfte, ob sie wackelten. Zum Glück nicht. Das linke Auge machte ihm Sorgen. Er nahm den Waschlappen vom Wandhaken, befeuchtete ihn mit kaltem Wasser und betupfte die Schwellung. Probehalber schloss er das andere Auge und stellte fest, dass er mit dem verletzten Auge momentan nicht viel erkennen konnte. Verschwommen nahm er im Spiegel sein lädiertes Gesicht wahr. Erneut drückte er den Waschlappen auf das Auge, ungeduldig und etwas fester, als würde das etwas nutzen. Da klingelte es an der Wohnungstür.

      Wagner, noch immer in seinem vom Joggen verschwitzten T-Shirt, war froh, dass ihn jemand besuchen kam. Er hatte allerdings keine Vorstellung, wer das sein könnte. Gleichwie, in solchen Stunden ist man nicht gern allein, dachte er, ging zur Wohnungstür und öffnete.

      Draußen standen zwei Männer. Der ältere der beiden stand direkt vor ihm, und die Art, wie er auf Wagner herab genau auf dessen geschwollenes Auge schaute, erinnerte ihn fatal an den Blick des Raufboldes im Park. Wagner glaubte im ersten Moment, nun wäre die nächste Portion Prügel fällig.

      »Bärhalter. Mordkommission«, schrie der Mann durchs Treppenhaus und fingerte eine entsprechende Marke aus der Tasche seiner beigen Cordhose. Der Mann hinter ihm, ein hagerer Jüngling mit Hakennase, nickte amüsiert. »Und das ist mein Kollege Winterberger.« Bärhalter stierte immer noch wie ein Adler auf Wagners Auge. Der Schmerz wurde wieder stärker. Wagner wich wortlos von der Tür und gab den beiden den Weg in die Wohnung frei.

      Er wies in die Küche, Bärhalter ließ sich breit auf einen der Stühle fallen. Winterberger klackte mit hochhackigen, schwarzen Stiefeln über das Schiffsparkett und schaute sich das Poster über dem Kühlschrank an, das eigentlich ein Schallplattencover war. Eine Schwarz-Weiss-Fotografie aus den Fünziger Jahren, die zeigte, wie zwei Putzfrauen Jesus mitsamt Kreuz auf die Stufen eines Domes gelegt hatten und ihn mit einem Wasserschlauch abspritzten. Winterbergers Nase stieß beinahe an die Domstufen. Dann wechselte er abrupt nach rechts hinüber zum Wandkalender der Städtischen Müllabfuhr, und die Nase schien die einzelnen Tage des Monats durchgehen zu wollen.

      »Sie wundern sich sicher, dass wir Sie so unvermittelt aufsuchen. Oder nicht?« Bärhalters buschige Augenbrauen hoben sich.

      »Eh, sicher.«

      »Sicher was, ja oder nein?«

      Winterberger löste sich vom Kalender. Das Klacken seiner Stiefel entfernte sich hinüber zum Wohnzimmer.

      Wagner lehnte sich gegen das Küchenfenster und verschränkte die Arme hinter dem Rücken. Er versuchte sich zu erinnern, wo er die Herrentasche versteckt hatte, und ob überhaupt.

      »Hören Sie mir überhaupt zu? Ich habe Sie etwas gefragt!«

      Immer noch im Rucksack, also im Auto, und die Edelsteine im Handschuhfach, dachte Wagner erleichtert. »Sie werden es mir sicher erklären, nicht?« Etwas Forschheit war wohl nicht das Verkehrteste. »Es wird Sie interessieren, dass ich Journalist bin, Wupper-Kurier, Fachgebiet organisierte Kriminalität.«

      »Na, hervorragend!« Warum schrie dieser Mann nur so? »Dann können wir ja zusammenarbeiten. Was halten Sie davon?«

      Wagner glaubte im Wohnzimmer das Öffnen einer Schublade zu hören. »Was macht Ihr Kollege da?«

      »Er recherchiert. Genau wie Sie. Sie scheinen ja auch ein recht eifriger Mensch zu sein. Immer gleich am Tatort, nicht wahr? Möglichst, bevor geschossen wird. Wie machen Sie so etwas?«

      »Woher wissen Sie …«, Wagner wäre jetzt gern zu seinem Wagen gegangen, um die Herrentasche und die Steine in einen Gulli zu schmeissen. Immerhin war er froh, dass er die Tasche, als er von Nok gekommen war, nicht mit in die Wohnung genommen, sondern das Diktiergerät herausgenommen und sie achtlos auf dem Beifahrersitz liegengelassen hatte.

      »Wir haben einen Tipp bekommen. Reicht das?« Bärhalter sprang auf und steuerte auf Wagner zu »Und jetzt hören wir auf mit den Spielchen! Wo genau haben Sie gesessen, als das passierte?«

      Wagner fühlte sich zwischen Bärhalter und dem Fensterbrett eingezwängt. Der Mann hatte einfach Dominanz, vor allem, wenn er so dicht vor einem stand. Man hörte Winterberger ins Schlafzimmer wechseln. Unpassenderweise fing er dort an, irgendein fröhliches Lied zu pfeifen. Wagner musste aus der Defensive heraus: »Ist es neuerdings verboten, Zeuge eines Mordes zu sein?«

      »Nein, aber dann bleibt man am Tatort oder meldet sich wenigstens, um auszusagen, was man gesehen hat. Also: Wo in der Schwebebahn haben Sie gesessen?«

      »Ganz hinten. Ich habe von dem ganzen Trubel überhaupt nichts mitbekommen. Ich hatte auch überhaupt keine Zeit, weil ich sowieso gerade mit einer anderen Geschichte beschäftigt war.«

      »Ach ja? Organisierte Kriminalität, was? Scheint ja ganz schön was los zu sein im Tal.«

      Bärhalter wandte sich von Wagner ab und schaute sich in der Küche um. »Wie kommt es eigentlich, dass ich noch nie von Ihnen gehört habe. Wir haben sonst immer mit Herrn Buchholz zu tun, wenn der Kurier etwas wissen will. Sind Sie neu?«

      »Nö.«

      »Sie wirken so.«

      Bärhalter war offensichtlich darauf aus, ihn zu verunsichern. Das hieß bei einem Kommissar in den meisten Fällen, dass er nicht viel in der Hand hatte. In Fernsehkrimis war das jedenfalls so. Wagner schöpfte wieder Mut.

      »Also ich finde das unverschämt, dass Ihr

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