Süffiger Single Malt für MacDonald. Frank Winter
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Читать онлайн книгу Süffiger Single Malt für MacDonald - Frank Winter страница 12
Rossie betrachtete seine Fingernägel. »Wie gesagt, eine klare Reihenfolge haben wir nicht.«
»Gibt es bestimmte Orte in Schottland, an denen viel Scotch gefälscht wird?«
»Nein, es ist mehr ein Problem mit Märkten in Übersee.«
»Was wird gefälscht? Single Malt oder Blended Scotch Whisky? Oder eher seltene Whiskys?«
»Die SWA konzentriert sich darauf, falschen Scotch vom Markt zu entfernen. Individuelle Scotch-Produzenten konzentrieren sich auf ihr eigenes Produkt.«
»Sind viele Menschen involviert? Reden wir von großen Organisationen oder wenigen Ganoven in einer Garage?«
»Jeder Fall ist anders. Werden leere Flaschen mit Billigscotch aufgefüllt, sind mehr Personen mit von der Partie.«
»Um wie viele Liter geht es?«
»Unmöglich, eine Zahl zu nennen. Wenn wir gefälschten Whisky entdecken, wissen wir ja nicht, wie viele Flaschen davon verkauft wurden. Doch Zahlen sind nicht das Wichtigste. Unsere Priorität ist, die Reputation von Scotch zu schützen. Alle Konsumenten müssen sicher sein können, ein authentisches Produkt zu erhalten.«
»Wie vertreiben die Gangster ihren Stoff?«
»Von Fall zu Fall anders. Manche haben ihre eigenen Wege, andere nutzen einen fremden Vertrieb.«
Über Rossie sah MacDonald eine große Comic-Sprechblase, gefüllt mit unzähligen Blablas. Auch diese Lebenszeit war verloren! »Was sind die üblichen Fehler beim Fälschen von Scotch?«
»Auch das variiert. Manche Fälschungen sehen sehr authentisch aus. Wenn wir einen Verdacht haben, testet ein unabhängiges Labor für uns, ob es sich bei der Flüssigkeit um Scotch Whisky handelt. Einer der teuersten Bereiche der Scotch-Produktion ist die Fass-Reifung. So begegnen wir oft Alkoholika, die sich nicht einmal in der Nähe von Holz befanden und nur mit einer kleinen Menge genuinen Whiskys gemischt wurden.«
MacDonald hätte sich das Leben einfach machen und seine beiden falschen Whiskys der SWA aushändigen können. Aber er wollte Kevin Wordie, der sehr wahrscheinlich unschuldig war, nicht ans Messer liefern. »Entstehen gesundheitliche Risiken, wenn zum Beispiel Methanol anstelle von Ethanol verwendet wird?«
»Unterschiedlich, manche Verbrecher verwenden neutralen Alkohol, den sie färben. Zum Glück ist uns noch kein Fall untergekommen, in dem sich jemand verletzt hätte.«
»Sind Sie sicher?« Regelmäßig wurden illegale Wodka-Fabriken gestürmt und Menschen erblindeten oder starben qualvoll, weil sie Fusel tranken. Warum sollte gefälschter Scotch eine Ausnahme sein? »Wie erfahren Sie von Fälschungen?«
»Unser Team besteht aus fünf Anwälten, einer Anwaltsgehilfin und weiteren Angestellten. In Übersee arbeiten wir mit externen Anwälten zusammen. Auch gibt es immer wieder Mitglieder und Konsumenten, denen Verdächtiges auffällt.« Rossie blickte demonstrativ zu MacDonalds Tasche, aus der eine Flasche Auchentoshan ragte. »Wir dachten, dass Ihr Besuch heute damit zu tun hat.«
MacDonald erlitt einen kapitalen Hustenanfall. »Wie kommen Sie darauf?«
»Mrs Murphy machte eine Andeutung.«
»Ich, äh, recherchiere ganz allgemein.«
»Für einen Zeitungsartikel?«
»Jawohl, das sagte ich Heather auch.«
»Hat die Flasche Auchentoshan mit Ihrem Artikel zu tun?«
»Insofern ich davon getrunken habe, ja, haha.« Das war zumindest nicht gelogen. »Sind Destillerien gut bei der Sache, wenn es um das Melden von Fälschungen geht?«
»Das liegt in ihrem Interesse.«
»Wie gehen Sie gegen Fälscher vor?«
»Gegenwärtig arbeiten wir über den Globus verteilt an siebzig Fällen und Hunderten von administrativen Vorgängen. Für gewöhnlich können wir die Gangster stoppen, bevor die Sache zu Gericht geht.«
»Kommt es vor, dass Fälscher sich ein bestimmtes Produkt vornehmen, um einem Unternehmen gezielt zu schaden?«
»Ist eindeutig ein Punkt. Aber alle Produzenten sind außerordentlich daran interessiert, ihre Produkte zu schützen, wie auch die der gesamten Industrie.«
»Haben Sie gegenwärtig einen großen Fisch an der Angel?«
»Sie verstehen sicher, dass ich darüber nicht sprechen könnte …«
Gut gepasst hätte noch, wenn Rossie die Hand auf die Brust gelegt hätte.
MacDonald fuhr ins Braid Hills, kochte sich einen Becher schottischen Heidetee und dachte über das fruchtlose Gespräch nach. Heather Murphy hatte er mitgeteilt, dass es um eine wichtige Sache ging, und dennoch blieb sie mit der ältesten Ausrede der Welt fern. Er schob die Spiegeltür des Kleiderschranks zur Seite und entnahm ihm die Flasche 24-jährigen Auchentoshan. Test Nummer eins: Korken aus der Flasche ziehen (ging viel zu leicht vor sich!), eine großzügige Portion in das Nosingglas gießen und gut hin- und herschwenken. Obacht! Ein Scotch mit einem Vierteljahrhundert auf dem Buckel hätte respektable Kirchenfenster präsentieren müssen. Er verkorkte die Flasche wieder und schüttelte sie kräftig. Je mehr Bläschen sich am Flaschenhals bildeten, umso höher war der Alkoholgehalt, ein probater Test von Schwarzbrennern. Die Bläschen lösten sich hier aber nicht wieder auf, sondern blubberten lustig fort wie in einem Schaumbad! Dieses Elixier musste er gar nicht erst verköstigen, weder daran riechen noch probieren! Mit Bedacht hatte er den Schütteltest im Verkaufsraum der Destillerie unterlassen, denn niemand konnte wissen, ob Auchentoshan nicht selbst für Fälschungen verantwortlich war. Auch der Markt für ältere Whiskys war demnach kontaminiert. Er schlug den aktuellen Katalog des Auktionshauses Drummonds auf. Vier Auchentoshans im Alter von zehn bis einundzwanzig Jahren waren für die nächste Versteigerung angekündigt, in einem Preisgefüge von 380 bis 420 Pfund. In der Beschreibung hieß es: Kapsel beschädigt, Mantel noch intakt. Abgefüllt hatte die vier Flaschen die Destillerie. Bis in die 90er- Jahre machten das unabhängige Abfüller wie Blackadder, Douglas Laing, Gordon & MacPhail oder die Scotch Malt Whisky Society in Edinburgh. Wo Drummonds seine Auchentoshans eingekauft hatte, war dem Katalog nicht zu entnehmen, denn über die Ankäufe schwieg man sich prinzipiell aus. Aber wer veräußerte vier Flaschen, durchweg mit beschädigter Kapsel? Wie sollte dieser spezifische Schaden bei mehreren Flaschen entstanden sein? War es gefälschter Whisky, dem jemand Patina verleihen wollte? Auktionshäuser hielten sich bei der Produktbeschreibung auf der sicheren Seite. Im ersten Abschnitt der »Hinweise für Auktionsteilnehmer« war zu lesen: »Wenn die Mitarbeiter von Drummonds die zu versteigernden Gegenstände beschreiben oder sich zu diesen äußern, tun sie das im Auftrag des Verkäufers. Bieter und Käufer, die keine Experten des jeweiligen Sujets sind, sollten vor der Auktion die Hilfe eines unabhängigen Experten in Anspruch nehmen. Wenn Drummonds selbst als Verkäufer auftritt, wird dies entweder im Katalog ausgewiesen oder bei der Versteigerung erklärt.« Mit anderen Worten, Drummonds schrieb auf, was immer der Verkäufer erzählte? So konnte das Auktionshaus sich bei Fälschungen leicht aus der Verantwortung stehlen. Aber was war mit der Expertise des eigenen Whisky-Experten, eines Mister Gourlay? Sortierte er nur die schlimmsten Fakes aus? Im Kleingedruckten hieß es, dass eine Fälschung nach dem Kauf nicht als solche anerkannt wurde, wenn die Flasche vor der Auktion von Gelehrten und Experten bzw. von einem führenden Experten im Metier Whisky als authentisch bezeichnet worden war, und selbst wenn sich die Experten nicht einig