42 garstige Gerwalt-Geschichten. Gerwalt
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»Unmöglich sagen Sie? Ja, das hatte ich befürchtet. Sehen Sie, meine Liebe, es ist nun tatsächlich so, dass Sie eigentlich überhaupt nicht vor eine Wahl gestellt werden.
Bitte setzen Sie sich wieder beziehungsweise nehmen Sie Ihre Position wieder ein.«
Durch die Wölbung des Rückens ist der Bauch etwas gestrafft, daher verschwimmt der Übergang zu dem zart gewölbten Schamhügel ein wenig, letzterer ist gleichsam nur zu erahnen, blank und glatt, bevor er in einer dramatischen Kurve zum eigentlichen Geschlecht hinunter führt.
»Lassen Sie das doch bitte einfach sein, meine Liebe. Die Tür ist und bleibt verschlossen, und wenn Sie noch so laut schreien, so hört das doch niemand außer mir.
Ich bitte Sie, zwingen Sie mich nicht, Ihnen weh zu tun. Ich meine, Hämatome sieht man auf der Statue nicht, aber es ist nicht notwendig, ich appelliere an Ihre Vernunft.«
Da die Beine leicht gespreizt sind, läuft die Innenseite ihrer Oberschenkel in die etwas heraustretenden Sehnen des Leistenbereiches aus. Die Scham selbst wird von einer zierlichen weißen Hand verdeckt.
»Sie glauben nicht, wie froh ich bin, dass Sie inzwischen beschlossen haben, zu kooperieren, meine Liebe. Jetzt geht es mir wirklich besser.
Ja, Sie werden mir nun eine lange Zeit als Modell dienen, und glauben Sie mir, ich freue mich auf diese Zusammenarbeit.
Ich weiß, was Sie jetzt denken, und Sie haben teilweise auch recht: Wie wird die Sache wohl enden? Was, wenn die Statue fertig gestellt sein wird?
Nun, um der Wahrheit genüge zu tun, ich weiß es nicht.
Sehen Sie, bei den ersten Statuen habe ich mich der Modelle schließlich entledigt, mit Tränen in den Augen, sie hätten ja noch Jahre der Schönheit vor sich gehabt.
Aber was hätte ich tun sollen?
Sie ruhen nun unter ihren steinernen Ebenbildern.
Doch beim letzten Modell, Caroline, nebenbei bemerkt eine nicht nur schöne, sondern auch mental wirklich bemerkenswerte Frau, ist etwas geschehen.
Ich hatte ihr die Situation dargestellt, mit der ich ja alles andere als zufrieden gewesen bin, und da sie im Verlauf unserer gemeinsamen Stunden genügend Zeit gehabt hatte, nachzudenken, hat sie mir schließlich tatsächlich eine Lösung vorgeschlagen, die mich überzeugt hat.
Wie Sie sicherlich verstehen liegt der Knackpunkt in der Frage, was wohl geschehen würde, wenn ich das Modell nach so langer Zeit freiließe. Was könnte sie nachhaltig zum Schweigen verpflichten? Es ist in der Tat gar nicht so einfach, Versprechen, Schwüre oder Verträge gelten schließlich nicht, und sobald ich sie aus dem Bereich des direkten Zugriffes entlassen hätte, wäre meine Macht über sie nichtig.
Und ich bin andererseits weder willens noch in der Lage, beispielsweise mehrere Frauen dauerhaft gefangen zu halten, das leuchtet Ihnen sicherlich ein, schon gar nicht jene Frauen, die ich schließlich schon verewigt habe.
Dass Caroline noch bei mir weilt, ist wirklich ein sehr großes Entgegenkommen an deren scharfen Intellekt.
Um es kurz zu machen meine Liebe, sie hat vorgeschlagen, dass sie Sie tötet, wenn Ihre Statue fertiggestellt sein wird.
Ein brillanter Gedanke, finden Sie nicht?
Nein?
Bitte denken Sie doch objektiv: Indem Caroline sich des Mordes schuldig macht, muss sie ganz zwangsläufig schweigen. Sie könnte mich der Gerichtsbarkeit ausliefern, in der Tat, sie könnte auf ihre Zwangslage aufmerksam machen, in der sie sich zur Tatzeit befunden hat, sicherlich, aber glauben Sie im Ernst, das würde ihr etwas nützen?
Wir würden doch sogar Menschen verurteilen, die kurz vor dem Verhungern ihre toten Artgenossen aufessen.
Wir haben Männer gerichtet, nur weil sie sich einem etablierten Regime nicht widersetzt, sondern unterworfen haben.
Sie wird also schweigen müssen.
Sehen Sie? Carolines Vorschlag ist wirklich ein guter und funktionierender Gedanke, vorausgesetzt, Ihr Ableben, meine Liebe, ist ausreichend belastend dokumentiert, und das ist nun wirklich kein Problem, meinen Sie nicht auch?«
Die marmorne Hand liegt locker auf der steinernen Vulva, das Handgelenk ist etwas abgeknickt, um deren Krümmung zu folgen. Die zarten weißen Finger bedecken vollständig die äußeren und inneren Schamlippen, doch der mittlere Finger liegt deutlich tiefer als die anderen.
»Nun, gebe ich allerdings viel auf Fairness. Ich möchte Ihnen also dieselbe Chance zugestehen, die auch Caroline hatte, natürlich mit der Einschränkung, dass Sie nicht einfach eine Umkehrung vorschlagen, dass wäre in höchstem Maße unoriginell, Sie verstehen.
Also denken Sie nach, meine Liebe. Zeit dazu haben Sie ja.
Und nun bewegen Sie sich bitte erst wieder, wenn ich das gestatte.«
Kurz
Herr Kurz ist in seinem Element.
»Das kann ich leider nicht genehmigen. Sie müssen verstehen, die Sachlage ist hier ganz eindeutig.«
In wohl verborgener Aufmerksamkeit studiert Herr Kurz die Reaktionen des ihm gegenübersitzenden Paares.
»Sehen Sie, der Bebauungsplan lässt mir in diesem Punkt nicht den geringsten Spielraum.«
Herr Kurz blättert in dem ihm in allen Einzelheiten vertrauten Regelwerk und deutet auf den entsprechenden Passus.
»Hier, zum Beispiel: Zäune, Begrenzungsmauern inklusive Heckenhinterpflanzungen sind bis zu einer maximalen Höhe von einem Meter zulässig.«
Das Paar in seinem Büro ist jung, vielleicht Ende Zwanzig, beide sind gut aussehend.
Herr Kurz kennt die Ausgangslage zur Genüge: Sie haben sich gefunden, zwei aufstrebende Persönlichkeiten, die nun die gefühlte Einzigartigkeit ihrer Liebesbeziehung, eigentlich löblich, in langfristiger Lebensplanung mit dem Bau eines Eigenheimes krönen wollen.
Sie wollen dort leben, Kinder haben und einen Freundeskreis, vielleicht auch einen Hund.
Für Herr Kurz ist das prinzipiell auch in Ordnung so.
Sie haben sich inzwischen mit der Finanzierung auseinander gesetzt, hatten schon schlaflose Nächte ob der Tragbarkeit der finanziellen Belastung und den heimlichen Zweifeln an der Stabilität ihrer Liebe, an ihren Kräften und an ihrem Durchhaltevermögen.
Man sieht ihnen die Spannung an, ohne Zweifel – aber auch das Hochgefühl, etwas Wichtiges zu tun, etwas Bleibendes zu schaffen, ja, ihrer Welt und auch ihrer Umgebung nun ihren Stempel aufzudrücken.
Ein natürlicher Impuls, in der Tat.
Herr Kurz indessen sieht seine Aufgabe darin, diesen Impuls mit dem Wohl der Allgemeinheit zu synchronisieren.
Die beiden geraten durch seinen negativen Bescheid nun emotional unter Druck. Herr Kurz registriert, dass sie unterschiedlich auf seine Ablehnung reagieren, aber das ist naturgemäß immer so.
Der