Bloody Marys - das Leben birgt ein tödliches Risiko. Anne-Kathrin Koppetsch

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Bloody Marys - das Leben birgt ein tödliches Risiko - Anne-Kathrin Koppetsch

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erschien ihr unumstößlich: Sie würde es nie mehr dulden, dass dilettantische Pflichtübungen die Eindrücke dieser grandiosen Kür überlagerten. Im Klartext hieß das: Der alte Fritz muss weg. Und wie sie so euphorisiert das dunkle Rot in ihrem Glas kreisen ließ, erschien ihr sogar eine Radikal­lösung vorstellbar. Wie war das noch mal vor Jahren auf dem dänischen Reiterhof, wo jemand vor ihren Augen unvermittelt einem jämmerlich quiekenden Schwein ein blitzendes Messer durch die Kehle zog? Du meine Güte, was zuviel ist, ist zuviel. Rebecca erinnerte sich mit Grausen, wie sehr ihr das Gemetzel damals auf den Magen geschlagen war. Nein, eine solche Schweinerei konnte sie sich in ihrem gepflegten Einfamilienhaus im Dortmunder Süden beim besten Willen nicht vorstellen. Davon einmal abgesehen, dass Rebecca als Anwältin und Ehefrau eines Strafverteidigers ziemlich genau darüber orientiert war, wie hoch die Aufklärungsquote bei Kapitalverbrechen innerhalb der Familie war. Nein, ihr Plan zur Eliminierung des Nutzlosen, dessen Verlust höchstens ein paar Verbrecher beklagen würden, musste wesentlich subtiler sein. Und die Ausführung vor allem unblutig. Nicht nur aus hygienischen Gründen. In einem Punkt aber wollte Rebecca keine Kompromisse mehr machen: Friedrich musste weg. Er war so überflüssig geworden wie ein Kropf. Unfähig zu den elementarsten Voraussetzungen zwischenmenschlicher Beziehungen. Wie anders würde ihr Leben aussehen, wenn von ihrem Gatten nichts mehr geblieben wäre als eine durchaus akzeptable Hinterlassenschaft. Als seine Witwe und Volljuristin könnte sie durchaus die Praxis übernehmen. Die Aussicht darauf erschien ihr wesentlich reizvoller als ein Mann im Kaminsessel, der sich von hinten und vorn bedienen ließ und den seine Akten offensichtlich mehr interessierten als die eigene Ehefrau. Wozu sollte der wohl noch nütze sein?

      Irgendwann, wenn alles längst vorbei wäre, musste sie unbedingt Ellen fragen, was die an ihm gefunden hatte. Denn, dass Friedrich seit Jahren mit ihrer besten Freundin ein Verhältnis hatte, wusste Rebecca nicht erst seit gestern. Geredet worden war darüber allerdings nie. So etwas schickt sich nicht unter kultivierten Menschen – obwohl die Untreue auch hier inzwischen durchaus gesellschaftlich akzeptiert schien, sofern sie von Männern betrieben wird, versteht sich.

      Als Rebecca am nächsten Tag beschwingt in Wickede aus dem Flugzeug stieg, stand ihr Plan fest. Alles was sie brauchte war Ellen und ein Quäntchen Glück, um ihn realisieren zu können. Es wurde Abend, bevor sie zu Hause eintrudelte, und ihr holder Gatte wärmte bereits seinen Bierbauch am Kamin – völlig ahnungslos, dass er einem schweinischen Ende unter dem Messer seiner Ehefrau um Haaresbreite entgangen war. „Da bist du ja wieder, Schatz“, stellte er scharfsinnig fest und nutzte augenblicklich die segensreiche Anwesenheit seiner treuen Dienerin: „Da du ohnedies auf den Beinen bist, könntest du mir wohl ein frisches Bier aus dem Kühlschrank mitbringen?“ Eine rhetorische Frage. „Natürlich, Liebster“, säuselte Rebecca und kredenzte ihrem, im Gegensatz zu ihr, durch 18 zusätzliche Lebensjahre ermüdeten Gatten, was er gewünscht hatte. Immer im tröstlichen Bewusstsein, dass es zwar noch nicht sein Scheidebecher, aber immerhin doch eines seiner letzten Biere sein würde. Schließlich hatte er in seinem Leben davon ja auch eine Menge verputzt. Wenigstens die Dortmunder Brauereien, beziehungsweise das, was von ihnen noch übrig war, würden sein Ableben bedauern. Und der eine oder andere Straftäter, der seinen zu Unrecht erfolgten Freispruch dem alten Fritz zu verdanken hatte.

       Wenigstens von seinem Job verstand er etwas, das musste man ihm lassen. Es dürfte sie etliche Anstrengungen kosten, die Lücke zu schließen, die durch sein Ableben in der Kanzlei zweifellos klaffen würde. Zunächst jedenfalls. Aber sei’s drum, etwas Schwund ist immer.

      Am nächsten Tag hatte Rebecca nur wenig zu tun. Die Akte abschließen, den Mandanten vom juristischen Fehlschlag ihrer Parisreise informieren – das war’s. Da blieb Zeit genug für eine Verabredung mit der besten Freundin im Café unter den Palmen. Die waren genau so falsch wie die angebliche Aufrichtigkeit von Ellen, die sich dort regelmäßig mit Rebecca traf. Immerhin machte das Ambiente was her und Ellens Techtelmechtel mit Friedrich war für Rebeccas Plan geradezu ein Geschenk des Schicksals. Der Mensch braucht eben Freunde – vor allem solche, die so leicht zu durchschauen und manipulierbar sind wie Ellen.

      Nach zwei Prosecco und einem bisschen belanglosem Weibergewäsch, wie Friedrich es bezeichnet hätte, ging Rebecca erbarmungslos in medias res: „ Schau, mein Schatz, “ flötete sie zuckersüß, „ich weiß, dass du seit langem ein Verhältnis mit meinem Mann hast.“ Ellen wechselte die Farbe und verschluckte sich prompt. Tomatenrot stand ihr gar nicht – zumindest nicht im Gesicht. „Lass nur“, tröstete Rebecca rasch, schlug der hustenden Freundin hilfreich auf den Rücken und wartete in Ruhe ab, bis Ellen sich wieder etwas gefasst hatte. „Reg dich ab. Kein Grund zur Aufregung mehr. Sicher, es gab eine Zeit, da habe ich ziemlich gelitten. Mein Mann und meine beste Freundin. So etwas tut weh. Aber du weißt ja, ich bin Realistin. Schließlich warst du nicht sein erster Seitensprung. Aber du könntest sein letzter sein, wenn du möchtest.“ Erst als Ellen sie fassungslos anstarrte, begriff Rebecca, wie ungewollte eindeutig ihre Bemerkung gewirkt haben musste. Sie lachte und ergriff die Hand, die vor ihr auf dem Tisch gefährlich nah am Prosecco-Glas zitterte. „Meine Güte, Ellen, du liest wohl zu viele Kriminalromane. Nein, ich dachte eher daran, dass du Friedrich möglicherweise ganz für dich allein haben möchtest. Schau mal, wir beide – er und ich – haben uns längst auseinander gelebt. Er liebt dich. Davon bin ich überzeugt. Ich hab das längst begriffen – und überwunden. Allerdings … Wir müssten eine Regelung finden – hinter seinem Rücken natürlich – die mich auch finanziell absichert. Schließlich arbeiten wir in einer Kanzlei. Da kann ich mich nicht ausbooten lassen. Das verstehst du doch?“ Ellen konnte nur heftig nicken und kippte den Prosecco in einem Zug hinunter. War auch besser so, fand Rebecca, bevor das Zeug noch auf der Tischdecke landete.

      Ellen, das wusste sie, ging es finanziell nicht besonders. Auch sie war Volljuristin, aber für die Übernahme in den Staatsdienst hatte ihre Examensnote nicht gereicht, und als Anwältin fehlte ihr eine gute Portion Überzeugungskraft – und eine Menge Kapital für den ersehnten Einkauf in eine Sozietät. Rebecca konnte förmlich sehen, wie es hinter ihrer Stirn arbeitete: Den Mann bekommen, den sie – aus welchen Gründen auch immer – liebte. Dazu noch eine berufliche Chance in der Zusammenarbeit mit einem bekannten Strafverteidiger – Herz, was willst du mehr?

      Aber umsonst ist eben nur der Tod. Und selbst der sollte wie üblich das Leben kosten. Friedrichs Leben. Aber darauf wäre Ellen allerdings nicht in ihren kühnsten Träumen gekommen, die Rebecca nun mit ihrem bekannten Pragmatismus rüde unterbrach: „Hör zu. Es ist ganz einfach. Du kannst nur profitieren. Es gehört lediglich ein kleines Stück Nervenstärke dazu. Und die wirst du ja wohl aufbringen können. Schließlich bist du mir etwas schuldig.“ Ellen nickte und schaute die Freundin mit waidwundem Blick an, harrend der schrecklichen Dinge, die da kommen sollten. Und als sie dann endlich quasi auf dem Tisch lagen, strahlte Ellen vor Erleichterung und Dankbarkeit. Das sollte alles sein? Vor lauter Euphorie orderte sie spontan noch zwei Prosecco und erklärte sich sogar großzügig bereit, die Rechnung zu übernehmen – selbst als Rebecca noch zwei Cognac zusätzlich in Auftrag gab. Ein seltenes Angebot. Und das war alles an diesem Nachmittag – bis auf die kleine Pappschachtel mit dem blauen Wunder, die Rebecca ihr unter der Hand versteckt über den Tisch schob. Ein Kinderspiel. Viva Viagra. Ellen würde lediglich in Rebeccas Abwesenheit ihren Friedrich überreden müssen, das blaue Wunder zu schlucken, auf dass sie es dann beide ungeniert erleben könnten. „So klappt’s bestimmt“, hatte Rebecca versichert. „Mit dem Zeug intus ist er machtlos gegen jede Verführung – und da wirst du dich ja wohl auskennen, nehme ich an. Und wenn ich dann in eure Orgie platze, kann er sich gegen ein vernünftiges Arrangement nicht mehr wehren.“ Rebecca kicherte voller Vorfreude: „Stell dir nur vor, was ihm in dem Augenblick durch den Kopf gehen muss: Der Skandal! Bekannter Strafverteidiger mit der besten Freundin der Ehefrau im Bett erwischt! So eine Schlagzeile kann er sich nicht leisten.“ Stattdessen – so hatte es Rebecca Ellen erklärt – könne man sich schiedlich friedlich einigen. Rebecca würde mehr bekommen, als er ihr ohne diesen Druck zu geben bereit wäre, und alle könnten gute Freunde bleiben – und ihr kleines, unfeines Geheimnis hüten.

      Drei Tage später war Ellens Geburtstag und Rebecca hatte sie verabredungsgemäß zu einem feinen Abendessen zu dritt ins

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