Erinnerungen an Kurt Cobain. Danny Goldberg M.

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Erinnerungen an Kurt Cobain - Danny Goldberg M.

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der Diener einer Muse, die nur er sehen und hören konnte, aber deren Energie er in eine Sprache übertrug, mit der sich Millionen identifizierten. Meine Aufgabe und die anderer Mitarbeiter war es, ihn im Rahmen unserer Möglichkeiten dabei zu unterstützen.

      Kurt und ich begegneten uns zum ersten Mal im November 1990 in Los Angeles. Er und die anderen Mitglieder von Nirvana, Krist Novoselic und Dave Grohl, trafen mich und meinen jüngeren Partner, John Silva, im Büro unserer Agentur Gold Mountain Entertainment auf dem Cahuenga Boulevard West ganz in der Nähe von Universal City.

      Die ersten Worte, die ich von Kurt jemals hörte, war ein aus tiefstem Herzen kommendes „auf gar keinen Fall“: Damit beantwortete er meine Frage, ob die Band bei Sub Pop bleiben wollte, dem unterfinanzierten, aber äußerst renommierten Indie-Label aus Seattle. Dort waren ihre ersten Aufnahmen erschienen, so auch ihr Debütalbum Bleach, das in der Punk-Szene so hohe Wellen geschlagen hatte, dass nun die großen Plattenfirmen versuchten, die Band von dort wegzulocken.

      Bei diesem Gespräch schwieg Kurt zunächst und überließ Krist das Reden. Aber seine entschiedene Antwort gab mir einen ersten Hinweis auf die Dynamik innerhalb der Band. Dave war ein virtuoser Rock-Schlagzeuger, der Nirvana musikalisch auf eine ganz andere Ebene führte. Krist hatte die Band einige Jahre zuvor mit Kurt gegründet und war mit ihm, was Politik und Kultur anging, meist einer Meinung. Die drei machten gemeinsam brillante Musik und waren sich auch darüber einig, dass die Band sowohl in die Indie- als auch in die Rock-Szene passen könnte, aber Kurt hatte in allem das letzte Wort.

      In den frühen Tagen des Rock’n’Roll hatten sich Manager häufig nicht unbedingt durch Kompetenz und Ehrlichkeit ausgezeichnet. Elvis Presleys Manager, Colonel Tom Parker, galt als manipulativer Strippenzieher, der seinen berühmten Klienten ausnutzte und ihn wie ein Kind behandelte, während er sich weit über Gebühr die eigenen Taschen füllte. Der erste Manager der Beatles, Brian Epstein, hatte ein sehr gutes Verhältnis zur Band und war der erste Geschäftsmann, der erkannte, dass er ein ganz besonderes Juwel vor sich hatte, aber rückblickend betrachtet fehlten ihm Fachwissen und Erfahrung, um für ihre Karriere das Optimum an Einkommen und Einfluss herauszuholen.

      Später wurde die Bezeichnung „Manager“ für die verschiedensten Tätigkeiten benutzt, je nach Dienstleister und Künstler. Bei Schauspielern übernehmen oft die Agenten jene Art von Karriereberatung, die in der Musikszene den Managern obliegt. Booker hingegen kümmern sich nur um die wichtige, aber überschaubare Aufgabe, Auftritte zu arrangieren, und haben nur selten viel mit Plattenfirmen, Musikverlegern oder Medienstrategien zu tun: Darum kümmern sich die Manager. Musikmanager dienen als Bindeglied zwischen den Künstlern und ihren Anwälten und Steuerberatern, aber auch den Bookern, vor allem dann, wenn eine Tournee durch verschiedene Teile der Welt ansteht und es gilt, die Vielzahl von Optionen gegeneinander abzuwägen. Mark Spector, der über mehrere Jahrzehnte Joan Baez als Manager betreute, sagte einmal über den Job: „In dieser Position laufen alle Fäden zusammen, und man trägt die ultimative Verantwortung.“

      In einigen Fällen fungieren Manager auch als persönliche Berater und Testpublikum für kreative Ideen. Meinen ersten Eindruck von diesem Beruf bekam ich in Don’t Look Back, einem Dokumentarfilm über Bob Dylan, in dem dessen Manager Albert Grossman dabei zu sehen war, wie er voller Begeisterung höhere Auftrittsgagen für seinen Schützling aushandelte. Für mich als jugendlichen Zuschauer war allerdings noch entscheidender, dass Grossman offensichtlich in die Witze, die Dylan auf Kosten uncooler Zeitgenossen machte, bestens eingeweiht war. (Don’t Look Back war übrigens einer von Kurts Lieblingsfilmen.)

      Anfang der Siebziger arbeitete ich kurze Zeit für Grossman, und später übernahm ich die Promotion für sein Bearsville-Label. Er vermittelte immer noch den Eindruck, als sei er in jede Menge cooler Geheimnisse eingeweiht. Angeblich handelt Dylans Song „Dear Landlord“ von ihm, vor allem die Zeile „If you don’t underestimate me, I won’t underestimate you.“ (Wenn du mich nicht unterschätzt, unterschätze ich dich auch nicht.) Grossman gelang es, die Macht von Plattenfirmen, Talentagenturen, Konzertpromotern und Medien zugunsten seiner Klienten, zu denen auch Janis Joplin und The Band zählten, zu beschneiden – so war beispielsweise er es, der Columbia Records verbot, Dylans sechs Minuten langes „Like A Rolling Stone“ auf das radiofreundliche Format zu kürzen, auf dem die Top-40-Sender in der Regel bestanden. Der Song wurde dennoch ein riesiger Hit.

      Ein anderes frühes Vorbild war Andrew Loog Oldham, dessen Name mir zum ersten Mal begegnete, als ich die Liner Notes früher Rolling-Stones-Alben wie December’s Children (And Everybody’s) las. Damals managte Oldham die Stones nicht nur, er produzierte auch ihre Alben. Was war das für ein Typ, fragte ich mich, und wie konnte ich an einen solchen Job herankommen?

      Mein Mentor im Musikgeschäft wurde schließlich Led Zeppelins Manager Peter Grant, für den ich mit Anfang zwanzig arbeitete. Grant ging in der Unterstützung seiner Künstler noch einen Schritt weiter als Grossman. Als ehemaliger Profi-Wrestler von 130 Kilo mit derbem Cockney-Akzent wirkte er einschüchternd genug, um seinen Schützlingen ein wesentlich größeres Stück vom musikalischen Kuchen zu sichern, als Künstler je zuvor erhalten hatten. Bis dahin hatten viele Veranstalter den Künstlern 50 Prozent der Nettoeinnahmen ihrer Konzerte gezahlt. Grant bestand auf 90 Prozent, und damit änderte sich das Geschäft von Grund auf. Ich machte mir seine Einstellung schnell zu eigen: Scheiß auf alle anderen. Es zählt allein, was die Band will.

      Der Ausdruck „Manager“ führt ein wenig in die Irre, weil er ein wenig so klingt, als hätten wir unseren Klienten etwas zu sagen, dabei ist es genau anders herum. Wir bieten eine Dienstleistung, und der Künstler ist der Boss. Einige Jahre nach Kurts Tod wurden Andrew Loog Oldham und ich Freunde. Wir tauschten uns über unsere Künstler aus und sprachen darüber, wie sich unsere Arbeit in den Sechzigern und in den Neunzigern darstellte. Oldham (der übrigens auch Grossman als eines seiner Vorbilder nennt) orakelte dabei: „Man ist nur dann ein ausgefuchster Manager, wenn man einen Künstler betreut, der einen selbst ebenso weit nach vorn bringt wie umgekehrt.“ Colonel Parkers gibt es heute nur noch sehr wenige.

      Auch Kenny Laguna, der seit mehr als 25 Jahren Joan Jett managt, bewundere ich sehr. Für ihn hält unsere Arbeit, wie er mir einmal sagte, immer wieder eigentümliche Höhen und Tiefen bereit: „Es ist ein seltsamer Job. An einem Tag habe ich eine Besprechung mit Senator Schumer, weil Joan an einer Veranstaltung des Außenministeriums mitwirken soll, und am nächsten versuche ich herauszufinden, wie man einen Fleck aus ihrem Orientteppich rausbekommt, weil dort die Katze hingemacht hat.“

      Da selbst die besten Künstler oft sehr unsicher sind, neigen Manager dazu, ihre Klienten in Watte zu packen, was manchmal zu kontraproduktiven Beschönigungen führt. In Shut Up And Sing, einer Dokumentation über die Dixie Chicks, gibt es eine Szene, in der die Band ihren Manager Simon Renshaw fragt, wie sehr es ihre Karriere beeinträchtigen könnte, dass Sängerin Natalie Maines die Haltung von Präsident George W. Bush zu Beginn des Golfkriegs hart kritisiert und damit viele republikanische, patriotische Fans verprellt hat. Renshaw erklärt ganz gelassen, dass der Aufschrei, wenn überhaupt, nur kurz sein und keine großen Auswirkungen haben würde – ein Irrtum, denn die Anwürfe aus dem rechten Lager verfolgten die Chicks noch das ganze nächste Jahr. Dennoch, ich hätte unter den Umständen genau dasselbe gesagt – schließlich fand das Gespräch unmittelbar vor einem Auftritt statt.

      Natürlich gibt es Ausnahmen. Wenn ein Künstler etwas moralisch Untragbares oder Selbstverletzendes tut, dann hat man die Pflicht, ihn davon abzubringen, aber üblicherweise steht man auf der Seite seines Schützlings. Die Manager, denen ich nacheifern wollte, hatten eine idealisierte Version ihrer Klienten in den Köpfen, die sie sowohl dem Künstler selbst als auch dem Rest der Welt vermitteln wollten. Nach dem Konzert eines meiner Klienten fragte mich ein Freund einmal: „Du würdest ihm wahrscheinlich nicht sagen, dass sein Programm zu lang ist, oder?“ Ich erwiderte: „Das würde ich noch nicht einmal mir selbst eingestehen.“

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