Die Bad Religion Story. Jim Ruland

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Die Bad Religion Story - Jim Ruland

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um es mit Steve Jobs zu sagen, eine Delle ins Universum geschlagen hatten.“

      Anders ausgedrückt, sie hatten unterschätzt, wie viel die Band und ihre Musik ihren Fans tatsächlich bedeutete. „Ich war ja erst 18 oder 19 Jahre alt“, erinnert sich Greg. „Also dachte ich über solche Dinge nicht nach. Es war ja nicht ‚Punk‘, sich seiner Fans bewusst zu sein. Vielmehr musste man eins mit seinen Fans sein – offen und tolerant gegenüber den jeweiligen Schrullen und Entscheidungen.“

      Bad Religion hatten viel Zeit und Energie darauf verwendet, die bestmögliche Punk-Band zu sein. Als Teenager galten sie bereits als routinierte Szene-Veteranen. Sie hatten sich alles selbst beigebracht und sich so eine große Schar von Anhängern erspielt. Unzählige Stunden hatten sie in suboptimalen Räumlichkeiten unter keineswegs idealen Bedingungen geprobt, gespielt und aufgenommen. Als Punk-Band hatten sie ihre Hausaufgaben gemacht und sich alles hart erarbeitet. Als Prog-Band jedoch nicht.

      „Wir zeigten nicht unbedingt viel Fingerspitzengefühl“, erklärt Jay. „Wir dachten nicht allzu viel nach. Wir stießen in Gefilde vor, von denen wir wenig Ahnung hatten. Ganz ähnlich wie damals, als ich ein Junge war, der davon träumte, Astronaut zu werden: Es wäre keine gute Idee gewesen, mich in eine Rakete zu setzen und mit Kurs auf die Sonne ins Weltall zu fliegen. Hey, jetzt bin ich Astronaut! Es gehört schon ein bisschen mehr dazu. Wir waren sehr ehrgeizig und unsere Egos spielten auch eine wichtige Rolle. Vielleicht war es so gesehen gar nicht schlecht, mal in die Schranken gewiesen zu werden.“

      Brett machte nie einen Hehl aus den Schwächen von Into the Unknown, bestand aber auch immer darauf, dass es keine kalkulierte Entscheidung war, die Band in eine neue Richtung zu pushen. „Wir gingen völlig naiv an die Sache ran. Es war, ehrlich gesagt,keine gute Entscheidung. Wenn wir über ein Minimum an Weitsicht oder Weisheit verfügt hätten, hätten wir wohl die Finger davongelassen.“

      Auch Bretts Vater verschätzte sich hinsichtlich des Potenzials des neuen Albums. „Ich gab ihm wahrscheinlich einen schlechten Rat“, so Richard Gurewitz. „Eigentlich ging ich davon aus, dass er mit Into the Unknown mehr Erfolg haben würde. Ich hielt das für eine bessere Ausrichtung als Punk. Vermutlich beeinflusste ich ihn, und es war kein guter Rat.“

      Heute genießt Into the Unknown bei manchen Fans Kultstatus, wobei der Großteil das Album als Kuriosum ansieht. Was eine interessante Frage aufwirft: Würde Into the Unknown als gutes Album durchgehen, wenn nicht ausgerechnet Bad Religion es veröffentlicht hätten?

      Brett glaubt das nicht. Noch während des Aufnahmeprozesses fiel ihm auf, dass das Album Defizite aufwies. „Es mutierte zu einem von Prog angehauchten, unkoordinierten, unzusammenhängenden Flickenteppich.“

      Jay ist in Bezug auf Into the Unknown über die Jahre hinweg versöhnlicher geworden. „Ich halte es für ein passables Album, das nicht sonderlich geschickt zusammengewürfelt wurde. Die Songs sind nicht schrecklich. Wenn man eine Prog-Rock-Band sein will, muss man das eben durchziehen.“

      Rückblickend war es ein kluger Schachzug von Greg, nach Wisconsin zu ziehen. So blieb ihm der raue Gegenwind erspart, der der Band nach der Veröffentlichung von Into the Unknown in L.A. entgegen blies, weitgehend erspart. „Ich hatte ja keine Ahnung, wie sauer die Leute waren.“ Er spielte seinen Freunden an der University of Wisconsin, denen jeglicher Kontext zu Bad Religion fehlte, die Platte vor und sie mochten sie. Greg konzentrierte sich auf sein Studium und begeisterte sich ebenso dafür wie für Musik. Sein Leben bestand also nicht nur aus Bad Religion.

      Auf Brett traf das nicht zu. Er war der einzige Angestellte von Epitaph und das Schicksal des Albums lastete schwer auf seinen Schultern. Er hatte gepokert und verloren. „Dieser Fehlschlag schadete Brett mehr als Greg“, sagt Jay. „Greg hatte nichts zu verlieren. Für Brett aber war das Album sowohl in kreativer als auch in kommerzieller Hinsicht eine Niederlage. Seine Psyche war somit gleich doppelt angekratzt. Als hätte ihm jemand ein Messer in die Seite gerammt. Ihm beim Verbluten zuzusehen, war kein schöner Anblick.“

      Brett konnte nur Schadensbegrenzung betreiben. „Ich schnappte mir die Rücksendungen und veranstaltete eine rituelle Verbrennung. Ich fackelte die Boxen mit den LPs in meiner Auffahrt ab. Nach ein paar Boxen dämmerte mir aber, was ich da für ein toxisches Todesfeuer entzündet hatte. Es bildete sich ein grässlicher, giftiger Rauch.“

      Brett ließ keinen Zweifel daran aufkommen, dass er die Platte am liebsten aus der Geschichte der Band getilgt hätte – wie Josef Stalin, der in Ungnade gefallene Wegbegleiter aus alten Fotografien retuschieren ließ. Aber nicht alle Exemplare des Albums fielen in Bretts Hände. Ein paar der ominösen Boxen sowie das originale Artwork für Into the Unknown landeten bei Bomp! Records. Es blieb allen Beteiligten nichts anderes übrig, als den Scherbenhaufen zusammenzukehren und weiterzumachen. Doch die Lage schien ausweglos. Into the Unknown verkaufte sich grottenschlecht und schadete dem Ansehen der Gruppe. Aber vor allem hatte diese „Reise ins Ungewisse“ de facto das vorläufige Ende der Band herbeigeführt.

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