Dein Kuss schmeckt nach Tränen, schöne Laura. A. F. Morland
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„Da da stand für mich fest, dass ich nicht mehr lange zu leben habe.“ „Sie machten daraufhin sämtliche Schotten dicht, ließen niemanden mehr an sich heran und hörten nicht mehr zu, wenn wir etwas sagten.“ „Ich hatte meine vorgefasste Meinung und hielt alles andere für unwahr“, übte der Patient verlegen Selbstkritik.
Dr. Härtling lächelte unbekümmert. „Ich kann damit leben.“
„Es tut mir leid, Ihnen und Ihren Mitarbeitern Unrecht getan zu haben“, sagte Armin Rottmann reumütig.
Dr. Härtling legte dem Mann die Hand versöhnlich auf die Schulter. „Ich schlage vor, wir vergessen das Ganze und Sie glauben nun wie wir, dass Sie bald wieder gesund sein werden.“
5
Laura Wieland, eine schöne Frau von vierundzwanzig Jahren, schwang ihre langen, wohlgeformten Beine aus dem Wagen ihres Verlobten.
Ein Windstoß warf ihr das lange blonde Haar ins Gesicht. Sie strich es mit einer anmutigen Handbewegung zurück und schloss die Autotür.
„Hoffentlich geht es Armin schon ein bisschen besser“, sagte sie mit belegter Stimme.
„Mein Bruder ist ein zäher Bursche“, erwiderte Jochen Rottmann. „Der packt das schon.“
„Wie kommt man zu so einem schlimmen Magengeschwür?“ Jochen Rottmann hob die Schultern. „Zuviel Stress... Zuviel Ärger... Zuviel Hektik... Zuviel Alkohol... Zuviel Nikotin... Und wenn man sich alles und jedes zu sehr zu Herzen nimmt.“ Er richtete den Blick auf die Paracelsus-Klinik. „Armin wird sein Leben drastisch umstellen müssen, wenn er nicht noch mal so schwer zusammenklappen will. Wie oft habe ich ihm gesagt: „Nimm's leicht. Ärgere dich doch nicht über jede Kleinigkeit. Rauch weniger. Trink weniger. Es ging bei einen Ohr hinein und beim anderen ungehört wieder raus. Vielleicht wird ihm dieser gesundheitliche Tiefschlag nun eine Lehre sein.“
„Das hoffe ich für ihn“, sagte Laura Wieland leise. „Er ist sehr nett. Ich habe ihn sehr gem.“
„Ich habe ihn auch sehr gern“, erklärte ihr Verlobter. Er ging um den Wagen herum, ein großer, gutaussehender, eleganter Mann mit sehr markanten Zügen. „Er ist mein Bruder. Aber manchmal ist er so ein fürchterlicher Dickschädel, dass ich ihm am liebsten...“ Er unterbrach sich, hatte unwillkürlich die Hand zur Faust geballt, öffnete diese nun wieder und machte eine wegwerfende Geste. „Komm, gehen wir zu ihm, Schatz. Sehen wir, wie es ihm heute geht.“
Als sie die Paracelsus-Klinik betraten, war der Assistenzarzt Dr. Jan Jordan gerade im Begriff, das Haus zu verlassen. Der junge Mediziner blieb kurz stehen, um Laura und ihren Verlobten zu begrüßen.
„Heute hat Herr Rottmann einen entscheidenden Schritt vorwärts getan“, berichtete er. „Dr. Härtling hatte ein längeres Gespräch mit ihm und die Worte unseres Chefs scheinen endlich auf fruchtbaren Boden gefallen zu sein.“
„Das ist die erfreulichste Nachricht dieses Tages“, sagte Jochen Rottmann erleichtert. „Armin hat es nie gesagt, aber er machte auf mich den Eindruck, als hätte er mit seinem Leben abgeschlossen.“
„Das hatte er, doch unserem Chef gelang es, ihm das auszureden.“ Jochen Rottmann lachte. „Ihr Chef muss ihn hypnotisiert haben.“
„Oder er fand einfach die richtigen Worte zur richtigen Zeit“, gab der Assistenzarzt zurück, bat Laura Wieland und ihren Verlobten, ihn zu entschuldigen und eilte aus der Klinik.
Im Fahrstuhl knurrte Jochen Rottmann: „Es ist das Geschäft, das Armin so geschadet hat. Ich hasse es manchmal, unser Heimwerkerzentrum.“ .
„Du solltest stolz darauf sein, mit deinem Bruder so ein großes Unternehmen aufgebaut zu haben. Ihr macht beachtliche Umsätze.“
„Geld. Geld.“ Jochen schüttelte unwillig den Kopf. „Geld ist nicht alles im Leben. Besitz macht Sorgen. Du siehst ja, wohin das führt. Armin und ich hätten ein wesentlich angenehmeres und ruhigeres Leben, wenn...“
Laura Wieland sah ihren Verlobten besorgt an. „Ich hoffe, du hast nicht vor, heute mit ihm darüber zu reden, das würde ihn nämlich zu sehr aufregen.“
„Natürlich werde ich nichts sagen, aber ich werde diese Sache konsequent weiterverfolgen.“
„Du bist ohne Armin nicht verhandlungsberechtigt“, gab Laura zu bedenken.
„Das bin ich sehr wohl“, widersprach ihr Jochen. Im künstlichen Licht der Fahrstuhlbeleuchtung hatte sein schwarzes Haar einen bläulichen Schimmer. „Ich kann die Firma nur nicht ohne Armins Einverständnis verkaufen, weil er in diesem Fall mit unterschreiben muss.“
„Was er niemals tun wird“, sagte Laura überzeugt.
Jochen richtete seinen Krawattenknopf und betrachtete dann seine manikürten Fingernägel. „Ich kann erstmal die Verhandlungen mit ‘Multi work’ vorantreiben und wenn sie bis zur Unterschriftsreife gediehen sind, brauche ich nur noch den richtigen Moment abzuwarten...“
„Und was tust du, wenn dieser Moment nie kommt?“, fragte seine Verlobte.
Er nahm ihr wunderschönes ebenmäßiges Gesicht zwischen seine Hände. „Er wird kommen, verlass dich drauf, Laura.“ Er küsste sie zärtlich.
„Wieso bist du so sicher, dass es besser für Armin und dich ist, an 'Multi work’ zu verkaufen?“, wollte sie wissen.
„Sieh dir meinen Bruder doch an. Beantwortet das deine Frage nicht hinlänglich?“, gab Jochen zurück. „Unser Heimwerkerzentrum macht Armin kaputt.“
„Er hängt mit Leib und Seele daran.“
,,‘Multi work’ ist ein mächtiger Handlungsriese“, erklärte Jochen. „Wenn er unser Geschäft haben will, müssen wir es ihm überlassen. Wir können uns nicht gegen ihn stellen. Niemand kann lange gegen eine dermaßen starke Strömung schwimmen. Die Vertreter dieser Handelskette haben uns ein äußerst faires Angebot gemacht. Sie sind bereit, drei Prozent mehr für unser Geschäft zu zahlen, als es tatsächlich wert ist. Vielleicht kann ich ihnen sogar fünf Prozent abringen und haben außerdem versprochen, Armin und mich als Geschäftsführer zu übernehmen. Mit einem Gehalt, das sich sehen lassen kann.“
„Aber ihr seid nicht mehr eure eigenen Herren in eurem Geschäft.“ Jochen hob lächelnd die Augenbrauen. „Dann haben die anderen die Sorgen. Was ist daran so schlecht?“
„Armin liebt seine Selbständigkeit über alles.“
„Er wird sehr schnell lernen, die vielen Vorteile, die man als Arbeitnehmer hat, zu genießen“, meinte Jochen überzeugt.
„Du weißt, dass Armin sich nicht gerne unterordnet und sich von Fremden etwas sagen lässt.“ Laura hatte noch mehr Argumente bereit, sie war eine intelligente Person, die mitdachte.
„Er wird sich daran gewöhnen“, sagte Jochen unbekümmert.
„Er möchte uneingeschränkt und eigenverantwortlich Entscheidungen treffen, ohne auf Geschäftspolitik und Verkaufsstrategien von ‘Multi work’ Rücksicht nehmen zu müssen“, sagte Laura Wieland, „aber das wird ihm das Management des Handlungsriesen nicht erlauben.“
„Man