Thriller Spannung 2021: 13 Urlaubs-Krimis auf 1527 Seiten. A. F. Morland
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„Ich doch nicht. Warum sollte ich so etwas tun?“
„Nun, vielleicht hat sich ausnahmsweise mal dein Gewissen geregt.“
„Bei mir regt sich schon lange nichts mehr, Chef. Die Zeiten sind vorbei. Heute will ich nur noch meine Ruhe haben.“
„Danach strebt jeder.“
„Aber die wenigsten erreichend.“ Roberto wies auf den Zinksarg, der soeben in den Leichenwagen gehoben wurde. „Hast du den Toten gekannt?“
„Nur vom Sehen. Mann, fangen Sie jetzt bloß nicht an, mich wie’n Bulle auszuquetschen, Chef. Das kann ich nämlich nicht vertragen. Ich bin allergisch gegen Bullen.“
„Dann solltest du dich desensibilisieren lassen.“
„Quatsch! Ich gehe ihnen einfach aus dem Weg, das reicht auch.“
„Wo hast du die heutige Nacht verbracht?“, erkundigte sich Roberto Tardelli.
„Dort drüben auf dem Kahn.“
„Dann müsstest du den Mord eigentlich mitgekriegt haben.“
„Hab' ich aber nicht.“
Roberto hatte den Eindruck, dass ihm der Penner irgendetwas verschwieg. Er holte eine Banknote aus der Tasche. „Bist du an zehn Dollar interessiert?“
Keith Powers leckte sich gierig die Lippen und seine Augen glänzten.
„Meine Güte, wieso sind Sie denn so scharf auf 'ne Information, Chef?“
„Die Sache interessiert mich.“
Der Penner zog Roberto beiseite. Er griff nach dem Geldschein, doch Roberto zog ihn schnell zurück.
„Nicht so hastig“, sagte er. „Erst möchte ich hören, was du gesehen hast.“
„Ich bin auf keinen Ärger erpicht, Chef.“
„Du wirst keinen kriegen.“
„Man lebt in dieser Gegend gefährlich, wenn man zu viel hört und sieht, deshalb halte ich lieber die Schnauze.“ Der Penner lächelte nervös. „Aber in Ihrem Fall will ich eine Ausnahme machen, Chef. Weil Sie mir so sympathisch sind, weil Sie in mir keinen Abfall der menschlichen Gesellschaft sehen und weil ich weiß, dass Sie den Mund halten können.“
„Das kann ich.“
„Also gesehen habe ich nicht, wie man den Mann gekillt hat. Ich war in der vergangenen Nacht ziemlich besoffen“, erzählte Keith Powers. „Ein alter Kumpel, der über Nacht zu Geld gekommen ist, - fragen Sie mich nicht wie, ich habe ihn auch nicht danach gefragt -, hat mit mir zusammen eine schöne Pulle geleert. Auf so viel Schnaps schlafe ich dann immer wie ein Toter. Deshalb habe ich niemand kommen und niemand gehen gehört.“
Roberto schmunzelte.
„Bis jetzt ist deine Geschichte noch nicht einmal einen Cent wert, Keith.“
„Abwarten. Ich verdiene mir den Zehner schon noch. Gucken Sie mal dort rüber! Sehen Sie das dunkelhaarige Mädchen und den Mann neben ihr?“ Roberto sah in die angegebene Richtung. Etwas abseits von den Schaulustigen standen die beiden. Sie schienen sich in ihrer Haut nicht wohlzufühlen und würden wohl auch nicht mehr lange bleiben. Fast hätte man den Eindruck haben können, die beiden hätten kein reines Gewissen.
„Was ist mit denen?“, fragte Roberto.
„Die haben den Mord mit angesehen. Das heißt - nur er. Sie nicht.“
„Bist du sicher?“
„Absolut. Die beiden haben die Polizei anonym angerufen.“
„Woher weißt du das?“
„Ich habe sie heimlich belauscht. Sie wollten zwar sehen, was hier passierte, aber sie drängten sich nicht in den Vordergrund. Sie merkten nicht, dass ich in ihrer Nähe war und so hörte ich, was sie leise miteinander redeten.“
Roberto fragte sich, was die beiden zu verbergen hatten. Sie waren armselig gekleidet, schienen aber ehrliche Leute zu sein. Sie hatten sicherlich einen triftigen Grund gehabt, die Polizei anonym zu benachrichtigen. Diesen Grund und noch einiges mehr hoffte Roberto Tardelli von ihnen zu erfahren. Er gab Keith Powers die zehn Dollar und steuerte auf das Mädchen und den Mann zu.
7
Die Massenmedien hatten ausführliche Berichte über den Tod der fünf Menschen gebracht, deren Jet mit einer Rakete abgeschossen worden war. Einige Zeitungen ließen es sich nicht nehmen, alte Storys neu zu garnieren und ihren Lesern noch einmal zu servieren. Das Thema Mafia hielt das Interesse der Leute immer wach. Wenn vom Syndikat die Rede war, gingen die Zeitungen weg wie die warmen Semmeln. Fotos von Kirk Douglas, Frank Sinatra und Gregory Peck erschienen. Die Schauspieler hatten mit ernster Miene die Hand zum Schwur erhoben, um zu beteuern, dass Frankie Boy kein Mitglied der Ehrenwerten Gesellschaft war. Dies und vieles andere wurde wiedergekäut, weil man den Lesern recht viel Mysteriöses und Suspektes bieten wollte.
Der Tod der fünf Mafiosi wurde nach allen Regeln der journalistischen Kunst ausgeschlachtet. Und alle Berichterstatter vergaßen nicht, darauf hinzuweisen, dass der Jet von einem unbekannten Mann abgeschossen worden war, der damit angeblich seinen privaten Rachefeldzug gegen die Cosa Nostra gestartet hatte.
Je nach politischer oder gesellschaftlicher Färbung wurde dem Leser eine melodramatische Story jenes Mannes geboten, der rot sah, nachdem er Frau und Tochter verloren hatte. Ein Mann, der überhaupt nicht existierte, rückte mit einem Mal in den Mittelpunkt des öffentlichen Interesses. Manche Leute sagten: „Bravo! So ist es richtig. Man muss der Mafia die Zähne zeigen!“ Andere drückten diesem Mann heimlich die Daumen und hofften, dass er unter den Mitgliedern der Ehrenwerten Gesellschaft weiter aufräumte.
Doch Pietro Gravina, ein angesehenes Mitglied des Syndikats, wollte die Geschichte des Unbekannten nicht so recht glauben. Er war es gewesen, der sich an die Commissione gewandt hatte, weil ihm aufgefallen war, dass Brian Cusack in letzter Zeit nicht mehr so viel wie früher ablieferte, obwohl die Geschäfte des Königs von Brooklyn nach wie vor gut florierten. Auf seine Veranlassung hin hatte die Commissione Sandrelli und seine Männer nach New York geschickt. Als Pietro Gravina hörte, dass Sandrellis Düsenflugzeug von einer Rakete zerfetzt worden war, hatte er sofort Brian Cusack mit diesem Anschlag in Zusammenhang gebracht.
Es gab keinen geheimnisvollen Unbekannten.
Der Mörder