Briefe über den Yoga. Sri Aurobindo

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Briefe über den Yoga - Sri Aurobindo

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und groben physischen Charakter gebunden ist; seine Tätigkeit besteht darin, den Körper zu stützen und anzuregen und in ihm die Fähigkeit aufrechtzuerhalten zu leben, zu wachsen, sich zu bewegen, ebenso seine Sensitivität auf äußere Einwirkungen.

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      Diese Frage hat keine praktische Bedeutung – denn die vital-physischen Kräfte können von überall her vom Körper empfangen werden, aus der Umgebung, von darunter oder darüber. Die Anordnung der Ebenen besteht in Beziehung zueinander, nicht in Beziehung zum Körper. In Beziehung zueinander bedeutet, dass das vitale Physische sich unterhalb des physischen Mentals befindet, aber über dem Stofflichen; doch zur gleichen Zeit durchdringen diese Mächte sich gegenseitig.

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      Die Körperenergie ist eine Manifestation stofflicher Kräfte, die von der vital-physischen Energie gestützt werden; diese ist die vitale Energie in der Materie und von ihr abhängig.

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      Vitalität heißt Lebenskraft – wo immer es Leben gibt, in der Pflanze, im Tier oder im Menschen, gibt es die Lebenskraft; ohne das Vital kann es kein Leben in der Materie und keine lebendige Tat geben. Das Vital ist eine notwendige Kraft, und nichts kann im körperlichen Dasein geschehen, getan oder geschaffen werden, wenn das Vital als Instrument nicht vorhanden ist. Sogar die Sadhana bedarf der vitalen Kraft.

      Doch ist das Vital ungeläutert und dem Begehren, der Leidenschaft und dem Ego unterworfen, dann ist es so schädlich, wie es auf der anderen Seite hilfreich sein kann. Selbst im gewöhnlichen Leben muss das Vital vom Mental und dem mentalen Willen überwacht werden, andernfalls bringt es Unordnung und Unheil. Wenn die Leute von einem vitalen Menschen sprechen, meinen sie jemanden, der von einer vom Mental oder Spirit nicht kontrollierten Kraft beherrscht wird. Das Vital kann ein gutes Instrument sein, doch ist es ein schlechter Meister.

      Das Vital darf nicht abgetötet oder zerstört werden, es muss durch seelische und spirituelle Kontrolle geläutert und umgewandelt werden.

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      Das Physische ist bei jedem Schritt vom Vital abhängig, es könnte nichts tun ohne die Hilfe des Vitals, daher ist es ganz natürlich, dass es seine Eingebungen empfängt.

      *

      Physisches Leben kann ohne Körper nicht bestehen, noch kann der Körper ohne Lebenskraft leben; doch Leben als solches hat ein gesondertes Dasein und einen eigenen, gesonderten Körper, den Vital-Körper, genau wie das Mental ein gesondertes Dasein hat und auf seiner eigenen Ebene bestehen kann. Das ganze Gefüge wird zusammengehalten durch die Seele, die alles stützt.

      * * *

      Jede Ebene unseres Wesens, die mentale, vitale und physische, hat ihr eigenes Bewusstsein, das für sich besteht und dennoch mit den anderen verbunden ist und auf diese einwirkt; doch in unserem äußeren Mental und Gefühl, in unserer Wacherfahrung, geraten sie alle durcheinander. Der Körper zum Beispiel hat sein eigenes Bewusstsein, das ihn handeln lässt, selbst ohne unseren mentalen Willen oder sogar gegen ihn; unser Oberflächenmental weiß sehr wenig über dieses Körperbewusstsein, es fühlt es in nur unvollständiger Weise, sieht lediglich seine Ergebnisse und hat die größten Schwierigkeiten, ihre Ursachen herauszufinden. Es gehört zu unserem Yoga, dieses für sich bestehende Körperbewusstsein wahrzunehmen, seine Bewegungen und die Kräfte, die von innen und außen darauf einwirken, zu erkennen und zu fühlen und weiterhin zu lernen, wie es zu bewachen und zu lenken ist, selbst in seinen verborgensten und unbewusstesten Vorgängen. Doch das Körperbewusstsein als solches ist nur ein Teil des individualisierten physischen Bewusstseins in uns, das wir aus den verborgen bewussten Kräften der universalen physischen Natur sammeln und aufbauen.

      Es gibt das universale physischen Bewusstsein der Natur, und es gibt unser eigenes, das ein Teil davon ist, das von ihm bewegt und vom zentralen Wesen dazu benützt wird, seinen Ausdruck in der physischen Welt zu stützen, damit es mit allen äußeren Objekten, Bewegungen und Kräften umgehen kann. Diese physische Bewusstseins-Ebene erhält von anderen Ebenen ihre Kräfte und Einflüsse und gestaltet sie in ihrem Bereich. Daher haben wir sowohl ein physisches als auch ein vitales Mental und unser eigentliches Mental, wir haben einen vital-physischen Teil in uns – das Nervenwesen – und ebenso das eigentliche Vital; beide werden weitgehend durch den grobstofflichen körperlichen Teil bestimmt, der für unsere Erfahrung nahezu gänzlich unterbewusst ist.

      Das physische Mental ist jenes Mental, das auf physische Objekte und Ereignisse gerichtet ist, nur diese sieht und versteht und sie ihrer Natur gemäß behandelt, das jedoch auf höhere Kräfte nur widerwillig reagiert. Sich selbst überlassen, steht es dem Dasein überphysischer Dinge, von denen es keine direkte Erfahrung hat und für die es keinen Schlüssel finden kann, skeptisch gegenüber; selbst wenn es spirituelle Erfahrungen erlangt, vergisst es diese leicht, ihr Eindruck und ihre Auswirkung gehen ihm verloren, und es hat Schwierigkeiten zu glauben. Das physische Mental durch das Bewusstsein der höheren spirituellen und supramentalen Ebenen zu erleuchten, ist ein Ziel dieses Yoga, ebenso wie die Erleuchtung des physischen Mentals durch die Macht der höheren vitalen und mentalen Wesenselemente die Grundlage der menschlichen Zivilisation, Selbstentwicklung und Kultur ist.

      Das Vital-Physische ist andererseits der Mittler der nervlichen Reaktion unserer physischen Natur; es ist das Feld und Instrument der kleineren Erregungen, Wünsche, der Reaktionen aller Art auf die Einwirkungen des äußeren physischen und grobstofflichen Lebens. Dieser vital-physische Teil (der vom niedersten Teil des eigentlichen Vitals gestützt wird) ist daher der Verursacher der meisten niederen Regungen unseres äußeren Lebens; seine gewohnheitsmäßigen Reaktionen und hartnäckige Begrenztheit sind das hauptsächliche Hindernis auf dem Weg der Umwandlung des äußeren Bewusstseins im Yoga. Es ist ebenso weitgehend verantwortlich für die meisten Leiden und Krankheiten des Mentals oder Körpers, denen das physische Wesen in der Natur unterworfen ist.

      Was den grobstofflichen Teil anbelangt, so ist es nicht notwendig, seinen Bereich genauer zu bezeichnen, denn dieser ist klar ersichtlich; doch sollte man nicht aus den Augen verlieren, dass auch er ein eigenes Bewusstsein besitzt, das dunkle Bewusstsein, das den Gliedern, Zellen, Geweben, Drüsen und Organen eigen ist. Diese Dunkelheit zu erhellen und für die höheren Ebenen und die göttliche Bewegung beeinflussbar zu machen, ist das, was wir in unserem Yoga mit der Bewusstwerdung des Körpers meinen – es bedeutet, durchdrungen zu sein von einer echten, erwachten und responsiven Bewusstheit, statt der ihm eigenen begrenzten und dunklen Halb-Unterbewusstheit.

      Es gibt ein inneres und ein äußeres Bewusstsein in unserem gesamten Wesen, auf all seinen Ebenen. Der gewöhnliche Mensch ist sich nur seines Oberflächen-Selbstes bewusst, er ist sich aber all dessen nicht bewusst, was von der Oberfläche verdeckt wird. Und dennoch ist das, was wir von unserer Oberfläche kennen oder zu kennen glauben und wovon wir sogar annehmen, es umfasse alles, was wir sind, nur ein kleiner Teil unseres Wesens, während unser bei weitem größerer Teil sich unterhalb dieser Oberfläche befindet. Oder genauer gesagt, er befindet sich hinter dem frontalen Bewusstsein, hinter dem Schleier, okkult, und nur durch okkultes Wissen erkennbar. Moderne Psychologie und psychologische Forschung beginnen gerade, diese Wahrheit ein wenig zu erkennen. Die materialistische Psychologie nennt diesen verborgenen Teil das Unbewusste, doch gibt sie praktisch zu, dass dieses weit größer, weit mächtiger und tiefer ist als das bewusste Selbst der Oberfläche; in ganz ähnlicher Weise nannte die Upanishad das Überbewusste in uns das „Schlaf-Selbst“, obwohl auch sie von diesem Schlaf-Selbst annahm, dass es eine unendlich größere Intelligenz sei, allwissend, allmächtig, prajna, der Ishvara. Die psychologische Wissenschaft nennt dieses verborgene Bewusstsein das unterschwellige Selbst, und auch sie erkennt, dass es mehr Macht, mehr Wissen und einen freieren Bereich der Bewegung besitzt als das kleinere Selbst der Oberfläche.

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