Wovon leben wir?. Marcel Roman

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Wovon leben wir? - Marcel Roman

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Früchte essen, verlassen und stützen wir uns nicht mehr auf Gott, sondern auf unsere Erkenntnis dieser einen Seite oder Position. Dabei neigen die einen dazu, eher das „Böse“ zu erkennen, während die anderen sich darauf konzentrieren, das „Gute“ zu sehen. Für diese beiden Früchte gibt es in der Geschichte und bis heute unendlich viele Synonyme und Gesichter, aber es bleibt derselbe Konflikt. Daher wollen wir uns diese beiden Früchte im Folgenden etwas näher anschauen.

      Menschen, die von diesem Baum eher die Früchte der Erkenntnis des Bösen essen und die deshalb sehr darauf fokussiert sind, das „Böse“ zu erkennen, konzentrieren sich zum Beispiel viel auf Schwierigkeiten und Probleme, sie wollen Bewährtes bewahren, sie sehen den Vorzug des Alten, den man gegen alles Neue verteidigen muss. Es wurden in der Geschichte viele Bezeichnungen für Menschen, die sich von der Frucht der Erkenntnis des Bösen nährten, gefunden. So nannte man sie schon konservativ, nationalistisch, royalistisch, gesetzeskonform, rechts oder was auch immer. Doch erkennen die Menschen nicht, dass hinter all diesen Einzelbezeichnungen, die sie so wichtig finden, immer dieselbe Frucht als Quelle steht.

      Auf der anderen Seite gibt es Menschen, die sich darauf konzentrieren, das „Gute“ zu erkennen. Sie setzen sich zum Beispiel sehr für Fortschritt ein, sie wollen dynamisch und frisch sein, für bestimmte Ideale eintreten, ja sogar ein Stück weit rebellisch wirken. Politisch könnte man sie als links, sozialistisch und so weiter bezeichnen. Und genau diese beiden Früchte, die dem Menschen „Erkenntnis“ der einen oder anderen Position verleihen, lassen sich in vielen verschiedenen Situationen wiedererkennen. Dazu ein paar Beispiele.

      Kapitel 2: Die Früchte dieses Baumes in der Antike

      Schauen wir als erstes in die Zeit des Neuen Testaments, finden wir dort innerhalb des Judentums zwei religiöse Gruppierungen, die aufgrund ihrer religiösen Erkenntnisse stolz bis an den Himmel waren und doch Jesus, ihren Messias, nicht erkannt haben! Die Pharisäer, deren Name wahrscheinlich so viel wie „die Abgesonderten“ bedeutet, legten großen Wert auf das peinlich genaue Einhalten des Gesetzes. Sie waren absolut romfeindlich eingestellt und mieden strengstens jede Form von hellenistischem, also vernunftgeleitetem griechisch-humanistischem Denken. Sie waren quasi die „Rechtgläubigen“ im damaligen Judentum, die meinten, den wahren Glauben gegen alle äußeren Einflüsse verteidigen zu müssen.

      Ihnen gegenüber standen die weitaus toleranteren Sadduzäer. Sie waren den Römern gegenüber aufgeschlossen und völlig offen für hellenistisches Denken, weshalb sie beispielsweise die Auferstehung der Toten leugneten, da sich diese in ihren Augen nicht rational erklären ließe. Ich überlasse dem Leser, zu erkennen, welche jüdische Partei sich von welcher Frucht ernährte.

      Hier sehen wir schon, das große Problem an den Früchten des Baumes der Erkenntnis: Es handelte sich bei den Pharisäern und Sadduzäern eigentlich um jüdische Parteien, die beide zu Gottes Bundesvolk gehörten. Doch waren sie aufgrund ihrer religiösen Erkenntnis des Bösen bzw. des Guten nicht in der Lage, zu sehen, dass Jesus ihr wahrer Erlöser ist. Denn diese Früchte der Erkenntnis ziehen uns immer auf die eine oder andere Seite und sorgen dafür, dass wir den einen oder anderen Standpunkt einnehmen. Wer sich vom Baum der Erkenntnis nährt, wird nicht in der Lage sein, in einem Konflikt oder einer Problemsituation einen neutralen Standpunkt einzunehmen! Durch die Frucht der Erkenntnis der einen oder anderen Seite sind wir nicht mehr in der Lage, die Wahrheit zu erkennen. Denn wir werden zum einen immer parteiisch sein und alles daran messen, ob es zu unserer Position und Seite passt. Und zum anderen lässt uns diese Frucht auch nicht Gottes Perspektive und Wahrheiten erkennen.

      Über die Sadduzäer lesen wir in Matthäus 22,23 etwas Interessantes: „An jenem Tag kamen Sadduzäer zu ihm, die da sagen, es gebe keine Auferstehung.“ Hier steht nicht, dass die Sadduzäer nicht glauben, dass es keine Auferstehung gebe, sondern dass sie es nur sagen. Dies ist sehr aufschlussreich. Glauben ist nämlich eine persönliche Sache, die im Herzen eines jeden Menschen geschieht. Aber man kann durchaus, wenn man zu einer bestimmten Gruppe gehört, durch die Frucht der Erkenntnis in seinem Verstand sagen, dass man dieses oder jenes für wahr hält. Dadurch, dass man sich auf eine bestimmte Seite stellt, übernimmt man automatisch deren Grundlagen und ist nicht mehr neutral und entscheidet in bestimmten Punkten auch nicht mehr selbst. Man wird im wahrsten Sinne des Wortes „betriebsblind“.

      In Apostelgeschichte 23,6-7 nutzt Paulus diesen Konflikt zwischen Pharisäern und Sadduzäern sehr geschickt. Er steht dort vor dem Hohen Rat, um sich zu verteidigen, nachdem die Juden ihn beschuldigten, einen Aufruhr angezettelt zu haben. Doch Paulus „wusste, dass der eine Teil von den Sadduzäern, der andere aber von den Pharisäern war,“ und nutzte diese Situation und rief mitten in den Hohen Rat: „Ich bin ein Pharisäer, ein Sohn von Pharisäern: wegen der Hoffnung und Auferstehung der Toten werde ich gerichtet.“ So kam es, wie es kommen musste. Obwohl sie eigentlich alle gegen Paulus waren und ihn verurteilen wollten, weil er von einem Verfolger zu einem Anhänger und Prediger von Jesus geworden war, „entstand ein Zwiespalt unter den Pharisäern und Sadduzäern, und die Menge teilte sich.“ Paulus drückt auf dieses Knöpfchen und schon geht es nicht mehr um Paulus oder darum, die Wahrheit herauszufinden, sondern jeder handelt nur noch entsprechend der Seite, für die er sich entschieden hat. Auf einmal ist Paulus für die Pharisäer sogar unschuldig!

      Wir bleiben für ein weiteres Beispiel in der Zeit der Antike. Auch innerhalb der römischen Gesellschaft gab es zwei gegensätzliche philosophische Richtungen. Auf der einen Seite standen die Stoiker. Sie legten Wert auf eine strenge, ja geradezu asketische Lebensführung. Das Idealbild dieser Philosophie ist der stoische Weise, ein Mensch, der von keinen Affekten (Gefühlen) beherrscht wird, die völlige Seelenruhe erlangt hat und auch die Furcht vor dem Tod besiegen kann. Die Stoiker hatten eine sehr lebensverneinende Sicht auf die Welt, denn sie aßen von der „Frucht des Bösen“ und waren in ihrer Strenge zu sich selbst gnadenlos.

      Demgegenüber standen die Lehren des Philosophen Epikur. Während der Stoiker versuchte, sich permanent selbst zu verleugnen, war das Ziel eines Epikureers der maximale Lustgewinn. Gemeint war damit aber nicht ein ausschweifender oder habgieriger Lebensstil. Lust gewinnt man laut Epikur zum Beispiel dadurch, dass man Freunden beisteht oder anderen Menschen hilft. Ein wichtiges Ziel im Epikureismus ist es auch, sich die Welt mit Hilfe des eigenen Verstandes zu erschließen, sodass man keine Angst mehr vor dem Handeln der Götter – etwa durch schlimme Naturkatastrophen oder plötzliche Krankheiten – haben muss. Die Epikureer waren also viel mehr daran interessiert, das „Gute“ zu entdecken, als sich vor den Übeln der Welt zu schützen, wie es bei den Stoikern der Fall war.

      Wenn man sich mit dem Stoizismus und dem Epikureismus beschäftigt, spürt man förmlich, wie sehr diese beiden Philosophenschulen von den zwei verschiedenen Früchten des Baumes der Erkenntnis lebten. Während die Stoiker sich ausschließlich auf die Frucht des „Bösen“ konzentrierten und ehrlich darum bemüht waren, dieses „Böse“ zu meiden, waren die Epikureer permanent auf der Suche nach dem „Guten“. Interessant ist daran, dass beide Philosophenschulen in ihren Zielen eigentlich sehr ähnlich waren. So strebten beide nach einem moralisch guten, von Lastern und Begierden freien Lebenswandel. Doch obwohl das Ziel beider fast identisch aussah, waren sie doch grundverschieden, da die einen sich auf das Trachten nach dem Guten konzentrierten und die anderen auf das Vermeiden des Bösen. Deshalb erwähnte ich bereits, dass dieser Baum nicht der Baum des Guten und des Bösen ist, sondern der Baum der Erkenntnis des Guten und des Bösen. Denn es ging schon im Paradies nicht darum, dass dieser Baum einen Menschen gut oder böse handeln lässt, sondern dass er dazu da ist Einsicht zu geben“ (1 Mose 3,6).

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