ad Hannah Arendt - Elemente und Ursprünge totaler Herrschaft. Alfons Söllner

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verlassen musste. In Paris blieb es zunächst liegen und wurde erst 1938 wieder aufgenommen, als sie von Walter Benjamin und, vermittelt über ihn, von Gershom Scholem dazu gedrängt wurde.20 Diese doppelte Intervention reflektierte auf die mitgebrachte Anlage der Rahel-Biographie und verpasste ihr einen Vorschlag zur Transformation: Hannah Arendt hatte den Weg, der von der aufklärerischen Vernunft zum romantischen Interesse an Herkunft und Geschichte führt, negativ nachgezeichnet und am Schicksal der Rahel Levin gezeigt, dass die Toleranzpraxis der frühromantischen Salons sich nicht verstetigen lässt, dass der Aufstieg in die Adelswelt nicht und die Assimilation an die bürgerliche Welt nur mittels der Taufe, d.h. der Verleugnung der jüdischen Herkunft gelingt.

      Die 1938 hinzugefügten Schlusskapitel aber lehnen sich dagegen auf und unternehmen eine Distanzierung, die als Reflex der Flucht aus Deutschland und als Folge exiltypischer Politisierung anzusehen ist. In der Vordergrund tritt jetzt das Begriffspaar Paria-Parvenü, das der Lebensgeschichte der Rahel Varnhagen, wie sie nach Heirat und Taufe heißt, eine kritische Wendung gibt: „In einer im großen Ganzen judenfeindlichen Gesellschaft – und das waren bis in unser Jahrhundert hinein alle Länder, in denen Juden lebten – kann man sich nur assimilieren, wenn man sich an den Antisemitismus assimiliert.“21 Daraus folgt der Schluss, der einem politischen Bekenntnis gleichkommt: „Rahel ist Jüdin und Paria geblieben. Nur weil sie an beidem festgehalten hat, hat sie einen Platz gefunden in der Geschichte der europäischen Menschheit… Heines Ja zum Judesein, das erste und letzte entschiedene, das auf lange Zeit von einem assimilierten Juden gehört wurde, stammt aus dem gleichen Grunde, der gleichen Wahrhaftigkeit wie Rahels Nein.“22

      Signifikant ist hier, dass mit diesem Interpretament eine neue Perspektive, ja eine politische Verschärfung hereinkommt, dass aber sein Erfinder, nämlich der Franzose Bernard Lazare gar nicht eigens genannt wird. Hannah Arendt, möchte man für die Jahre 1938/9 schlussfolgern, spricht und liest also nicht nur längst Französisch, sondern sie fängt an, französisch zu denken, während ihr Gegenstand und sein Kontext, wie sie im Rahel-Manuskript und im großen Antisemitismus-Text greifbar sind, noch deutsch bleiben. Festzuhalten ist also das Paradox, dass die in Frankreich geschriebenen, aber unpubliziert gebliebenen Texte keinen Bezug auf das Gastland nehmen. Das könnte zu der These verleiten, dass Frankreich eben nur Transitland war, das zurückgelassen wurde, sobald die Fortsetzung der Flucht es notwendig machte. Aber solch ein Urteil ist verfrüht und vor allem oberflächlich, weil es nicht in Rechnung stellt, wie die militärische Niederlage Frankreichs sich auf das Drama der Flucht ausgewirkt hat.

      Wie ein letztes Aufbäumen liest sich da ein Brief, den Hannah Arendt im Januar 1940 an den Rechtsanwalt Erich Cohn-Bendit geschrieben hat und der eine politische Deutlichkeit und analytische Schärfe zeigt, wie sie aus den Pariser Jahren sonst unbekannt ist: Er handelt von der Frage der jüdischen Minderheit, geißelt sowohl die Vertreter des Zionismus wie die osteuropäischen Juden – die ersteren, weil sie die jüdische Diaspora zu wenig im Blick haben, die anderen, weil sie insgesamt in Apathie verharren – und legt sich dann auf eine erstaunliche Perspektive fest, was die jüdische Aussicht jenseits von Auswanderung und Assimilation betrifft: „Unsere einzige Chance – aber auch die einzige Chance aller kleinen Völker – liegt in einem neuen föderalen System Europas… Also europäische Politik bei gleichzeitiger Aufrechterhaltung aller Nationalitäten… In solch einem Verband könnten wir als europäische Nation anerkannt werden mit Repräsentanz in einem europäischen Parlament.“23

      Was freilich für den Jahresbeginn 1940 so illusionär wie positiv daherkommt, verstärkt nur noch einmal den negativen Befund, dass die mit Frankreich verbundenen Hoffnungen endgültig perdu sind.

      Wenige Monate später überschlagen sich die Ereignisse: Die französischen Behörden hatten eine immer restriktivere Linie gegenüber den Flüchtlingen und Ausländern im Lande verfolgt, lange bevor der deutsche Invasionsdruck konkret wurde: Schon im September 1939 waren die männlichen Ausländer in Sammellager gebracht worden, im Mai 1940 müssen dann auch die weiblichen Ausländer sich bei den Behörden melden24. Hannah Arendt wird im großen Frauenlager Gurs nahe den Pyrenäen interniert, aber nach der Kapitulation Frankreichs im Sommer 1940 und der Abtrennung des deutsch besetzten Nordens gelingt ihr im „freien“ Süden zusammen mit anderen Frauen die Flucht aus dem Lager. Sie schlägt sich unter abenteuerlichen Bedingungen nach Montauban durch, wo sie, wie durch ein Wunder, Heinrich Blücher wiedertrifft. Günther Stern vermittelt aus den USA, wohin er schon 1937 geflüchtet war, die Notvisa, die dem mittlerweile verheirateten Paar die Ausreise ermöglichen. In einer Pause der zunehmenden Verfolgungsmaßnahmen ergattern sie Anfang 1941 einen Zug, der sie aus Vichy-Frankreich nach Lissabon bringt, und besteigen im April 1941 das rettende Schiff nach New York.

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