Der Weg zur Energiewende. Fritz Dieter Erbslöh
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Kritisiert wurde nach Bekanntwerden des Textes, dass manches wenig konkret formuliert wurde. Dass der Höhepunkt der CO2-Emissionen soll „so schnell wie möglich“ erreicht werden sollte, wie es der Text besagte, war manchen nicht genug; auch dass ärmere Länder länger brauchen dürfen, war Punkt der Kritik.3
Ratifizierung und Inkrafttreten des Pariser Abkommens; Quelle: BMU 2016
Neu war, dass technische Ausgleichsmaßnahmen zugelassen wurden. Grundvorstellung war, in der zweiten Hälfte des Jahrhunderts zur CO2-Neutrallität zu finden, wobei mehrere Möglichkeiten offenstanden und auch benannt wurden. Ein Gleichgewicht zwischen dem Ausstoß von Treibhausgasen und deren Entzug aus der Atmosphäre wäre auch ein Weg, beispielsweise durch gezielte Nutzung der Meere, durch Aufforstung der Wälder, oder durch technische Verfahren wie der CO2-Filterung aus der Atmosphäre oder dessen dauerhafte Speicherung. Die Formulierung ließ Spielräume, weiterhin mit Kohle, Öl und Gas Emissionen zu produzieren ‒ man müsste sie nur neutralisieren.
Der Treibhausgasausstoß stehe auch im Kontext der Armutsbekämpfung, hieß es im Vertrag. Die Anmerkung war insbesondere Indien wichtig, das nach wie vor den Kohlestrom favorisiert. Schärfere Formulierungen, wie Dekarbonisierung oder Nullemissionen oder auch nur Emissionsneutralität wurden neben Indien auch von den Erdölstaaten und einigen wenigen anderen verhindert.
Das Abkommen von Paris ist dennoch ein seriöses und anspruchsvolles Programm. Es kann für sich universelle Geltung und die Formulierung völkerrechtlichen Pflichten für alle Staaten in Anspruch nehmen. Beschlossen wurde auch das weitere Vorgehen bis zur 24. UN-Klimakonferenz, die dann im Dezember 2018 in Kattowitz (Polen) stattfand. Bis dahin sollten Einzelheiten geklärt und ausgearbeitet werden, um dort verabschiedet zu werden, insbesondere auch zur Berichterstattung und Überprüfung.4
Das Pariser Abkommen Decision1/CP21 verfolgte im Einzelnen mehrere Hauptziele:
In Art. 2 wird das Ziel, die menschengemachte Erderwärmung auf deutlich unter 2 °C zu begrenzen, völkerrechtlich bestätigt. Zugleich werden Anstrengungen eingefordert, um eine Begrenzung auf +1,5 °C zu erreichen (jeweils im Vergleich zum vorindustriellen Zeitalter).
Nach Art. 4 soll der Scheitelpunkt der klimarelevanten globalen Emissionen so bald wie möglich überschritten werden, sodass sich in der 2. Hälfte des Jh. ein Gleichgewicht zwischen Senken und Quellen, also eine Klimaneutralität ergeben kann.
Mit Art. 4 und Art. 14 verpflichten sich alle Unterzeichner, freiwillige nationale Beiträge im Sinne von Art. 2 vorzulegen und umzusetzen. Diese Beiträge sind im Turnus von 5 Jahren zu aktualisieren und nach besten Kräften zu erhöhen. Zur Überprüfung des Ausreichens der Maßnahmen soll 2023 Bilanz gezogen werden (Stocktake), was dann ebenfalls alle 5 Jahre zu wiederholen ist.
Mit Art. 7 verpflichten sich alle beteiligten Staaten zur Formulierung und Implementierung nationaler Anpassungspläne und zur entsprechenden Kommunikation hierüber.
In Art. 13 schließlich wird vereinbart, dass alle nationalen Informationen über Vermeidung und Anpassung von internationalen Experten überprüft werden dürfen, um Transparenz und Vergleichbarkeit der berichteten Fortschritte sicherzustellen.
Vereinbart wurde weiter
Die Förderung der Bewältigung des nicht mehr vermeidbaren Klimawandels als gleichberechtigtes Ziel neben der Minderung der Treibhausgasemissionen.
Die gesicherte Bereitstellung von Finanzmitteln für die Klimaziele.
Alle Staaten wurden darüber hinaus aufgefordert, bis 2020 Langfriststrategien für eine treibhausgasarme Entwicklung vorzulegen.
Der weltweite Scheitelpunkt der Treibhausgasemissionen wurde in Paris nicht mit einer Zeitmarke versehen; er sollte eben nur „so bald wie möglich“ erreicht werden, s. oben. In der zweiten Hälfte des 21. Jahrhunderts sollte nach Art. 4 die weitere Belastung der Atmosphäre durch anthropogenes CO2 erreicht werden, ebenfalls ohne nähere Zeitangabe. Als mögliche Pfade, dies zu erreichen, wurden vom IPCC die Varianten nach Abb. 5‑16 vorgestellt, die nach den Jahren der Emissionswende parametriert und an einem CO2-Gesamtbudget ab 2017 ausgerichtet sind.
Wie mit CO2 nach dem Pariser Abkommen umzugehen ist; Alternativen auf der Basis eines Rest-Gesamtausstoß ab 2017 von 600 Gt CO2. Gestrichelt: ein Beispiel mit 800 Gt CO2-Ausstoß. Quelle: Prof. Stefan Rahmstorf, IPCC
Zur Erreichung der Ziele sollten die Staaten ihre nationalen Klimaschutzbeiträge (Nationally Determined Contributions) selbst festlegen, s. oben. Das ist sicherlich ein weicher Punkt, der von RAHMSDORF/SCHELLNHUBER mit den Worten ironisiert wurde: „Wir beschließen alle gemeinsam, dass jeder selbst beschließt, welchen Beitrag er zum Vorhaben der Weitrettung beitragen möchte.“5 Die späteste Zeitmarke für Scheitelpunkt des globalen Ausstoßes, also die CO2-Wende, setzen beide Autoren mit dem Jahr 2020 an. „Ansonsten werden Reduktionsmaßnahmen nötig, die sich eigentlich nur im Rahmen einer (globalen) Kriegswirtschaft realisieren lassen.“6
Entwicklungsländer werden nach dem Protokoll bei Minderung und Anpassung von den Industrieländern durch Technologieentwicklung und -transfer, durch Kapazitätsaufbau sowie durch finanzielle Hilfe unterstützt. Der bestehende Technologiemechanismus soll internationale Kooperationen zur Minderung von Treibhausgasemissionen und zur Anpassung an den Klimawandel beschleunigen. Die im Rahmen des Technologiemechanismus eingerichteten nationalen Kontaktstellen (National Designated Entities, NDE) bilden dafür eine der Grundlagen. Der Technologiemechanismus des Pariser Abkommens soll ausgebaut werden.
Die deutsche NDE ist grundsätzlich im Bundesministerium für Wirtschaft und Energie angesiedelt. Seit dem 20. Juni 2016 werden jedoch ihre Aufgaben in enger Abstimmung mit dem BMWi durch einen Dienstleister wahrgenommen (NDE Germany Geschäftsstelle c/o HEAT GmbH).
Die 2009 im Rahmen der Weltklimakonferenz in Kopenhagen (COP 15) gegebene Zusage, ab 2020 jährlich 100 Milliarden US-Dollar für Klimafinanzierung bereitzustellen, wurde in Paris bis 2025 fortgeschrieben. Für die Zeit danach sollen ein neues Ziel festgelegt und der Geberkreis erweitert werden.
Die deutsche Bundesregierung hatte mit einem „Integrierten Energie- und Klimaprogramm“ im Jahre 2007 zum Auftakt der Welt-Klimakonferenz in Bali ein aus ihrer Sicht historisches Energie- und Klimaprogramm geschnürt.
Mit dem beschlossenen Paket verdoppelte Deutschland den bisherigen Klimaschutz: 2007 stand die Bundesrepublik bei einer Treibhausgasreduktion von etwa 18 % gegenüber 1990, mit dem Programm sollten etwa 36 % erreicht werden. Damit konnte ein Minderungsziel von 40 % bis 2020 festgeschrieben werden.
Im Energiekonzept aus dem Jahr 2010 wurde dieses Ziel durch einen „Entwicklungspfad“ ersetzt:
2020 | - 40 % |
2030 | - 55 % |
2040 | - 70% |
2050 | - 80 – 95% |
Der Anteil der erneuerbaren Energien