Hypermoral. Alexander Grau
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Moralen sind nicht pluralistisch und nicht tolerant. Das wäre widersinnig. Moralen sind autoritär. Sonst erfüllen sie nicht ihre Funktion. Deshalb unterliegen sie einer bipolaren Logik: wahr oder falsch, erlaubt oder verboten. Dazwischen gibt es wenig. Moralische Laissez-faire ist nicht der Standard, sondern Ausdruck gesellschaftlicher Krisen. Freundlicher ausgedrückt: von Veränderungen. Nur in Gesellschaften, die sich der permanenten Veränderung und dem auf Dauer gestellten Fortschritt verschrieben haben, wird moralische Toleranz selbst zur Moral. Doch dazu später.
Der Kontakt mit anderen Kulturen konfrontiert Moralsysteme mit ihrer eigenen Relativität, also mit etwas, was sie nicht akzeptieren können. Das liegt in ihrem Selbstverständnis. Eine Moral, die andere moralische Haltungen neben sich akzeptiert, nimmt sich selbst nicht ernst.
Die Konsequenz: Der Kontakt mit fremden Moralkulturen macht aus einer Ansammlung regionaler moralischer Vorlieben einen Moralkorpus mit überregionalem Anspruch. Denn das Richtige ist schlechthin richtig, und seine Richtigkeit kann nicht am nächsten Gebirgszug enden oder am anderen Seeufer.
Diese expansive Logik der Moral führt zu Spannungen. Deshalb wären Moralordnungen, eben weil rigide und autoritär, für die Organisation eines kulturübergreifenden Zusammenlebens untauglich, wenn sie der alleinige Maßstab im sozialen Umgang wären. Daher gilt: Erst kommt das Fressen, dann kommt die Moral. Anders formuliert: Die Durchsetzung eigener Moralvorstellungen besitzt nicht immer erste Priorität.
Eben weil Moralvorstellungen expansiv sind und latent intolerant, bedürfen sie eines Korrektivs. Das mächtigste Korrektiv, das einer all zu orthodoxen Moralanwendung entgegensteht, sind wirtschaftliche Interessen. Menschen möchten nicht nur ein moralisch wertvolles Leben führen, sondern auch eines ohne Entbehrungen, wirtschaftlich abgesichert, ohne Not, in bescheidenem oder besser noch weniger bescheidenem Wohlstand. Der Wunsch nach dem guten Leben macht moralisch flexibel und kompromissbereit.
Also sieht man über moralische Divergenzen mit anderen Gruppen hinweg, wenn dies Frieden, Handel und Wohlstand verspricht. Der fremde Kaufmann mag ungewohnte, abstoßende Sitten haben, aber solange er mir meine Produkte abkauft und ich damit in Wohlstand lebe, toleriere ich das.
Das ist der einfache Grund dafür, dass Ökonomie und das Streben nach Wohlstand bei Moralisten aller Art tief verpönt ist. Denn der Markt sorgt für kulturellen Austausch und neigt dazu, wirtschaftliche Interessen höher zu bewerten als moralische Vorschriften. Das macht ihn bei Moralaposteln verdächtig.
Der Gegenwurf zum freien Markt ist der enthaltsame, sittenstrenge Asket, der den Verlockungen der zivilisierten Welt widersteht und die Gesellschaft zur Umkehr aufruft.
Natürlich kehrt niemand um, denn das macht keinen Spaß. Aber immerhin ist der puritanische Moralwächter eine permanente Erinnerung daran, wie man eigentlich leben sollte. Das genügt, um ein schlechtes Gewissen zu bekommen. In Gestalt der Selbstanklage wird Moral so auch für die lebbar, die keine Heiligen sind.
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