Ich höre, was die Seelen sprechen. Vicki Monroe
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Zwei Tage lang war ich unfähig zu weinen. Wahrscheinlich war ich so viele tausend Meilen von zu Hause entfernt, dass ich keine Verbindung mehr spürte. Am zweiten Abend telefonierte ich mit meiner Mutter. Sie hatte erfahren, dass das kleine Auto von Tom und Heather nur wenige hundert Meter von ihrem Haus von einem anderen Wagen erfasst worden war. Ein Jugendlicher hatte den Unfallwagen gefahren. Er und seine drei Freunde hatten es anscheinend für cool gehalten, ohne Scheinwerfer durch ein Stoppschild zu rasen, und so war der Wagen mit der Längsseite von Heathers und Toms Auto kollidiert. Heather und Tom hatten sie noch nicht einmal kommen sehen und waren sofort tot. Der jugendliche Fahrer des anderen Wagens, der für den Unfall verantwortlich war, kam mit geringfügigen Verletzungen davon.
Der Klang der Stimme meiner Mutter brach den Damm. Endlich konnte ich weinen. Meine Tränenflut wollte gar nicht mehr aufhören.
»Wird das Leben je wieder so sein, wie es war?«, fragte ich sie schluchzend.
»Mit der Zeit wird es das«, sagte sie.
Ich glaubte ihr jedes Wort, wohl weil ich so verzweifelt daran glauben wollte. Jeder Gedanke an eine Zukunft ohne meine jüngere Schwester stach mir ins Herz, und plötzlich kamen mir tausend Fragen, auf die es keine Antwort gab. Warum ausgerechnet Heather? Warum musste sie so jung sterben? Hatten sie und Tom leiden müssen? Und wo waren sie jetzt?
Ich konnte nicht mehr aufhören zu weinen. Im Bett tröstete Bret mich, bis ich erschöpft in seinen Armen einschlief. Mitten in der Nacht wachte ich auf und hörte mich »Was?« fragen. Es war, als hätte jemand im Traum meinen Namen gerufen und meine Antwort hatte mich geweckt. Ich sah auf die Uhr; es war 2:45 Uhr morgens. Irgendwie wusste ich, dass ich aufstehen und ins Wohnzimmer gehen sollte. Zuerst versuchte ich, mich so leise wie möglich zu verhalten, um Bret nicht zu wecken. Aber ich spürte, dass er nicht aufwachen würde, egal wie laut ich wäre. Als ich ins Wohnzimmer kam, schliefen Chuck und Linda auf dem Ausziehsofa, das rechts stand. Wieder wusste ich irgendwie, dass sie nicht aufwachen würden. Ich warf einen Blick auf die Kuckucksuhr und sah, dass sie um genau 2:45 Uhr stehen geblieben war.
Es kam mir nicht wie ein Traum vor, auch wenn alles seltsam surreal wirkte. Ich spürte eine Gegenwart zu meiner Linken. Als ich den Kopf wandte, sah ich meine Schwester Heather, die in Brets Sessel saß. Ihr Mann Tom saß mit gekreuzten Beinen vor ihr auf dem Boden. Ich werde nie vergessen, was sie anhatte: eine pinkfarbene Bluse, dazu Bluejeans und pinkfarbene Stöckelschuhe. Tom trug einen weiten cremefarbenen Wollpullover, Jeans und Turnschuhe. Sie schienen auf mich gewartet zu haben.
Mein erster Gedanke war: »Gott sei Dank! Es ist nicht wahr! Ihr seid nicht gestorben.« Dann stand Heather auf und ich sah ein helles Schimmern um ihren Kopf. Beide hatten eine strahlende Schönheit, die übernatürlich war. Ich stand wie betäubt im Wohnzimmer und starrte die Vision an. Da wurde mir klar, dass sie wirklich von uns gegangen waren. Sie waren ganz offensichtlich nicht mehr auf dieser Erde.
Ohne etwas zu sagen, kam Heather auf mich zu und legte die Arme um mich. Während wir uns umarmten, konnte ich sie spüren, doch es war mehr als nur eine körperliche Berührung. Es war, als könnte ich ihr Wesen in allen Körperzellen wie eine tröstliche Energie aus Wärme, Liebe und Frieden fühlen. Während sie mich in den Armen hielt, kam mir sofort jede einzelne glückliche Erinnerung unseres ganzen gemeinsamen Lebens wieder in den Sinn. Ich spürte ihre tiefe Liebe zu mir und all die wunderbaren Gefühle, die wir geteilt hatten, in einem einzigen überwältigenden Augenblick. Ich wollte den Moment für immer festhalten. Freudentränen liefen mir über das Gesicht. Schließlich ließ Heather mich los und Tom stand langsam auf. Sie trat zurück, als er mich zur Begrüßung umarmte. Wieder spürte ich eine Welle der liebevollen Energie, auch wenn sie nicht so intensiv war wie die Energie, die von Heather ausgegangen war. Dann hörte ich seine Stimme in meinem Kopf, obwohl seine Lippen sich nicht bewegten. Er kommunizierte in Gedanken mit mir.
»Warum setzt du dich nicht, jetzt, da du weißt, dass wir hier sind? Wir müssen über ein paar Dinge reden«, sagte er ohne Umschweife. Er war sanft und zugleich ernst, so als müssten wir gleich zur Sache kommen. Ich sah Heather an. Sie nickte und beide setzten sich. Ich setzte mich auf ein Sofa, das nicht von Chuck und Linda benutzt wurde, die beide fest auf dem anderen Sofa schliefen. Ich kuschelte mich in ein paar Kissen und wischte mir die Tränen ab.
Hunderttausend Fragen schwirrten mir durch den Kopf. »Wie ist es passiert? War es Zeit für euch zu gehen? Musstet ihr leiden?«
Heather und Tom hörten meine Gedanken. »Beruhige dich«, sagte Heather. »Ja, unsere Zeit war gekommen. Als der Unfall geschah, habe ich sofort meinen Körper verlassen. Wir haben nicht gelitten. Das ist der Normalfall. Die Seele verlässt den Körper noch vor dem Zusammenprall, wenn der Tod unausweichlich folgen wird.«
«Seid ihr in ein Licht gegangen? Haben Verwandte schon auf euch gewartet? Ist euer Leben vor euren Augen wie ein Film abgelaufen? Wie ist es da, wo ihr jetzt seid?«
Tom sah mich liebevoll an und sagte: »Ja, das stimmt alles. Aber Vicki, das musst du doch nicht fragen – du kennst die Antworten längst. Kannst du dich noch an unsere Gespräche über das Leben nach dem Tod erinnern, und an den ganzen atheistischen Quatsch, den ich gesagt habe?«
Ich nickte. Ich konnte mich gut an die langen Gespräche erinnern, die ich mit Tom über Spiritualität und das Leben nach dem Tod geführt hatte.
»Du hattest so Recht«, sagte er nun. »Es tut mir Leid, dass ich dir nicht geglaubt habe. Durch deine Erfahrungen weißt du mehr, als dir bewusst ist, und das sollst du wissen. Vicki, du würdest nicht glauben, wie schön es hier ist.«
Ich weiß nicht, ob es sein Blick oder seine Worte waren, doch plötzlich wurde ich von Glückseligkeit überwältigt. Es war nicht, weil ich Recht behalten hatte und er sich über das Leben nach dem Tod geirrt hatte, sondern weil alles, an was ich bisher geglaubt hatte, nun von zwei Menschen bestätigt wurde, die ich liebte und denen ich vertrauen konnte.
Dann sagten mir Heather und Tom, dass sie gekommen waren, um mir über das Leben nach dem Tod und damit verbundene spirituelle Dinge zu berichten. Dies war der richtige Augenblick, um ihnen all meine Fragen zu stellen und von ihnen alle Antworten zu erhalten, die ich brauchte. Sie wollten mir helfen, das zu bestätigen, was ich im Grunde schon wusste, und die spirituellen Eingebungen, die ich aus meinen Erfahrungen mit Seelen, die ich gesehen hatte, auf eine neue Bewusstseinsebene zu bringen.
Schweigend saß ich auf dem Sofa und nahm alles in mich auf, als Heather das Gespräch unterbrach: »Willst du das Ganze nicht lieber aufschreiben?«
Sie zeigte auf einen Stift und einen Schreibblock neben mir. Ich weiß nicht, ob die Schreibutensilien schon dort gelegen hatten oder ob Heather und Tom sie irgendwie herbeigezaubert hatten, aber sie waren real. Ich fing an, alles aufzuschreiben, während ich ihnen in Gedanken Fragen stellte.
»Wie ist es dort, wo ihr seid?«, fragte ich.
»Kannst du dich denn nicht daran erinnern?«, erwiderte Heather.
»Nein, natürlich nicht.«
»Ja, das ist ein Teil des Problems«, sagte Heather. »Wir vergessen es. Am Anfang des Lebens erinnern wir uns als Kinder noch daran, doch wenn wir älter werden,